Zeugnisse für die Stellung des Menschen in der Natur. Thomas Henry Huxley
um das Feuer, bis es ausgegangen ist; denn sie verstehen nicht, Holz zusammenzulegen. Es gehen ihrer immer viele zusammen und tödten viele Neger, die in den Wäldern arbeiten. Oftmals fallen sie über die Elephanten her, die zum Fressen dahin kommen, wo sie sind, und schlagen sie so mit ihren geballten Fäusten und Holzstücken, dass jene brüllend ausreissen. Diese Pongos werden niemals lebendig gefangen, weil sie so stark sind, dass zehn Männer nicht einen halten können; sie fangen aber viele von ihren Jungen mit vergifteten Pfeilen.
Der junge Pongo hängt am Bauche seiner Mutter mit seinen Händen fest um sie herumgeschlagen, so dass die Eingebornen, wenn sie eins von den Weibchen tödten, das Junge fangen, welches fest an seiner Mutter hängt.
Wenn einer unter ihnen stirbt, so bedecken sie den Todten mit grossen Haufen von Zweigen und Holz, wie es gewöhnlich im Walde gefunden wird.«[4]
Es scheint nicht schwer zu sein, die Gegend genau zu bestimmen, von welcher Battell spricht. Longo ist ohne Zweifel der Name des auf unsern Karten gewöhnlich Loango geschriebenen Platzes. Mayombe liegt noch ungefähr neunzehn Lieues nördlich von Loango, der Küste entlang; und Cilongo oder Kilonga, Manikesocke und Motimbas werden noch von den Geographen verzeichnet. Das Cap Negro Battell's aber kann nicht das heutige Cap Negro in 16° südlicher Breite sein, da Loango selbst unter 4° südlicher Breite liegt. Andererseits entspricht der »grosse Fluss genannt Banna« sehr gut dem »Camma« und »Fernand Vas« der neueren Geographen, die an diesem Theile der Afrikanischen Küste ein grosses Delta bilden.
Dies »Camma«-Land nun liegt ungefähr anderthalb Grad südlich vom Aequator, während wenige Meilen nördlich von der Linie der Gaboon und einen Grad oder ungefähr so nördlich von diesem der Money River liegt — beide neueren Naturforschern sehr wohl als Oertlichkeiten bekannt, wo die grössten menschenähnlichen Affen gefunden worden sind. Uebrigens wird noch heutzutage das Wort Engeco oder N'schego von den Eingebornen dieser Gegenden zur Bezeichnung des kleineren der zwei grossen Affen, die dort leben, gebraucht. Es kann daher kaum ein vernünftiger Zweifel darüber aufkommen, dass Andreas Battell das berichtet, was er aus eigner Anschauung kannte, oder jedenfalls wenigstens was er aus unmittelbaren Berichten der Eingebornen des westlichen Afrika erfahren hatte. Der »Engeco« indess ist jenes »andere Ungeheuer«, dessen Natur Battell »zu schildern vergass«, während der Name »Pongo« — der für das Thier gebraucht wurde, dessen Charaktere und Gewohnheiten so umständlich und sorgfältig beschrieben werden — ausgestorben zu sein scheint, wenigstens in seiner ursprünglichen Form und Bedeutung. Es giebt in der That Beweise dafür, dass er nicht bloss in Battell's Zeit, sondern noch bis zu einem viel neueren Datum herab in einem Sinne gebraucht wurde, der gänzlich von dem verschieden war, in dem Battell ihn anwendet.
Es enthält z. B. das zweite Kapitel von Purchas' Werke, das ich vorhin citirt habe, »Eine Beschreibung und geschichtliche Erklärung des Goldnen Königreichs Guinea etc. etc., aus dem Holländischen übersetzt und mit dem Lateinischen verglichen,« worin es heisst (S. 986):
»Der Fluss Gaboon liegt ungefähr fünfzehn Meilen nördlich von Rio de Angra und acht Meilen nördlich vom Cap de Lope Gonsalvez (Cap Lopez) und ist gerade unter der Linie, ungefähr fünfzehn Meilen von St. Thomas, und ist ein grosses Land, gut und leicht zu kennen. An der Mündung des Flusses liegt drei oder vier Faden tief eine Sandbank, auf welcher eine starke Brandung herrscht wegen der aus dem Flusse in das Meer ausgehenden Strömung. Dieser Fluss ist an seiner Mündung wenigstens vier Meilen breit; aber in der Nähe der Pongo genannten Insel ist er nicht über zwei Meilen breit ... Auf beiden Seiten des Flusses stehen viele Bäume ... Die Pongo genannte Insel, die einen ungeheuer hohen Berg hat.«
Die französischen Flottenoffiziere, deren Briefe der ausgezeichneten Abhandlung des verstorbenen Isidore Geoffroy Saint Hilaire über den Gorilla[5] beigegeben sind, geben die Breite des Gaboon in ähnlicher Weise an, ebenso die Bäume, welche seine Ufer bis zum Wasserspiegel herab bekleiden, ebenso die starke von ihm in das Meer ausgehende Strömung. Sie beschreiben zwei Inseln in seiner Mündung, — eine niedrige, genannt Perroquet; die andere ist hoch mit drei conischen Bergen, Coniquet genannt; und einer von ihnen, M. Franquet, führt ausdrücklich an, dass früher der Häuptling von Coniquet Meni-Pongo genannt worden wäre, was so viel heisst als Herr von Pongo, und dass die N'Pongues (wie er in Uebereinstimmung mit Dr. Savage versichert, dass sich die Eingebornen nennen) die Mündung des Gaboon selbst N'Pongo nennen.
Im Verkehr mit Wilden ist es so leicht, ihre Anwendungen von Worten auf Dinge misszuverstehen, dass man zunächst zu vermuthen geneigt ist, Battell habe den Namen der Gegend, wo sein »grösseres Ungeheuer« noch reichlich vorkömmt, mit dem Namen des Thieres selbst verwechselt. In Bezug auf andere Gegenstände (mit Einschluss des Namens für das »kleinere Ungeheuer«) hat er aber so völlig Recht, dass man den alten Reisenden nur ungern im Irrthum vermuthet; und auf der andern Seite werden wir sehen, dass hundert Jahre später ein anderer Reisender den Namen »Boggoe« erwähnt als von den Einwohnern eines ganz andern Theils von Afrika — Sierra Leone — auf einen grossen Affen bezogen.
Ich muss indessen diese Frage den Philologen und Reisenden zur Entscheidung überlassen; auch würde ich mich kaum so lange dabei aufgehalten haben, wäre es nicht wegen der merkwürdigen Rolle, welche dies Wort »Pongo« in der spätern Geschichte der menschenähnlichen Affen gespielt hat.
Fig. 2. Der Orang des Tulpius, 1641.
Die nächste Generation nach Battell sah den ersten menschenähnlichen Affen, der je nach Europa gebracht wurde, oder wenigstens, dessen Besuch einen Geschichtschreiber fand. Im dritten Buch der »Observationes medicae« des Tulpius, 1641 erschienen, ist das 56. Kapitel (oder der 56. Abschnitt) dem von ihm sogenannten Satyrus indicus gewidmet, »von den Indiern Orang-outang genannt, von den Afrikanern Quoias Morrou«. Er giebt, augenscheinlich nach dem Leben, eine sehr gute Abbildung des Exemplars dieses Thieres, nostra memoria ex Angola delatum, ein Geschenk für den Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien. Tulpius sagt, es sei so gross wie ein Kind von drei Jahren, und so dick wie ein sechsjähriges; und dass sein Rücken mit schwarzem Haar bedeckt war. Es ist offenbar ein junger Chimpanze.
Unterdessen wurde die Existenz anderer Asiatischer menschenähnlicher Affen bekannt, anfangs jedoch in sehr mythischer Weise. So giebt Bontius (1658) eine durchaus fabelhafte und lächerliche Beschreibung und Abbildung eines Thieres, das er »Orang-outang« nennt; und obgleich er sagt »vidi Ego cujus effigiem hic exhibeo«, so ist doch die erwähnte Abbildung (vergleiche Fig. 6 nach Hoppius' Copie) nichts als eine sehr behaarte Frau von im Allgemeinen anständigem Ansehen, in ihren Proportionen und Füssen völlig menschlich. Der besonnene englische Anatom Tyson war berechtigt, von dieser Beschreibung des Bontius zu sagen: »Ich gestehe, ich traue der ganzen Darstellung nicht.«
Dem letztgenannten Schriftsteller und seinem Mitarbeiter Cowper verdanken wir den ersten Bericht über einen menschenähnlichen Affen, der irgend welche Ansprüche auf wissenschaftliche Genauigkeit und Vollständigkeit machen kann. Die Abhandlung mit dem Titel »Orang-outang sive Homo sylvestris; or the Anatomy of a Pygmie compared with that of a Monkey, an Ape and a Man«, von der Royal Society im Jahre 1699 herausgegeben, ist in der That ein Werk von merkwürdigem Verdienst und hat in gewissen Beziehungen spätern Untersuchern als Vorbild gedient. Tyson erzählt uns: »Dieser Pygmie wurde von Angola in Afrika gebracht, war aber erst ein grosses Stück weiter hinauf im Lande gefangen worden«; sein Haar »war kohlschwarz von Farbe und schlicht«, und »wenn er wie ein Vierfüssler auf allen Vieren ging, so war es ungeschickt; er setzte nicht die Handfläche platt auf den Boden, sondern ging auf den Knöcheln, wie ich es ihn habe thun sehen, wenn er schwach und nicht kräftig genug war, den Körper zu tragen«. — »Von der Höhe des Kopfes bis zur Ferse des Fusses maass er in einer geraden Linie sechs und zwanzig Zoll.«
Fig. 3. und Fig. 4. Der »Pygmie« nach Tyson's Figuren 1 und 2 verkleinert, 1699.
Diese Charaktere würden selbst ohne Tyson's gute Figuren (Fig. 3 und 4) zu dem Beweise genügt haben, dass sein