Zeugnisse für die Stellung des Menschen in der Natur. Thomas Henry Huxley

Zeugnisse für die Stellung des Menschen in der Natur - Thomas Henry  Huxley


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anatomirt hatte, so bin ich im Stande, ein ganz unabhängiges Zeugniss dafür abzulegen, dass er ein wirklicher, wenngleich noch sehr junger Troglodytes niger[6] war. Obgleich Tyson die Aehnlichkeiten zwischen seinem Pygmie und dem Menschen völlig anerkannte, so übersah er doch keineswegs die Verschiedenheiten zwischen den beiden, und er schliesst seine Abhandlung damit, dass er zuerst die Punkte zusammenstellt, in denen »der Orang-outang oder Pygmie dem Menschen ähnlicher ist, als Affen und Meerkatzen«, und zwar in sieben und vierzig besondern Abschnitten, und dann in vier und dreissig gleicherweise kurzen Paragraphen die Beziehungen, »in denen der Orang-outang oder Pygmie vom Menschen abweicht und mehr dem Affen- und Meerkatzengeschlecht gleicht«.

      Nach einer sorgfältigen Uebersicht der zu seiner Zeit über den Gegenstand vorhandenen Literatur kömmt unser Verfasser zu dem Schlusse, dass sein »Pygmie« weder mit den Orangs des Tulpius und Bontius identisch ist, noch mit dem Quoias Morrou des Dapper (oder vielmehr des Tulpius), dem Barris des D'Arcos, noch mit dem Pongo Battell's, dass es vielmehr eine Affenart ist, die wahrscheinlich mit den Pygmäen der Alten identisch ist; und obgleich er, sagt Tyson, »einem Menschen in vielen seiner Theile so sehr ähnlich ist, mehr als irgend ein Affe oder irgend ein anderes Thier in der Welt, das ich kenne, so betrachte ich ihn doch durchaus nicht als das Product einer Kreuzung, — es ist ein Thier sui generis und eine besondere Species von Affen.«

      Der Name »Chimpanze«, unter dem einer der Afrikanischen Affen jetzt so wohl bekannt ist, scheint in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts in Gebrauch gekommen zu sein; aber die einzige wichtige Erweiterung unserer Kenntniss der menschenähnlichen Affen Afrika's aus jener Zeit ist in der Neuen Reise nach Guinea von William Smith enthalten, die das Datum 1744 trägt.

      Fig. 5. Facsimile der Figur des »Mandrill« von William Smith, 1744.

      »Ich will zunächst eine eigenthümliche Art von Thieren beschreiben, welches die Weissen hier zu Lande Mandrill[7] nennen; warum sie es so nennen, weiss ich aber nicht, noch hörte ich je den Namen zuvor; auch können die, die es so nennen, mir es nicht angeben, es müsste denn wegen der grossen Aehnlichkeit mit einem menschlichen Geschöpf sein, da es durchaus keinem Affen gleicht. Erwachsen ist sein Körper im Umfang so dick wie der eines mittelgrossen Mannes, — seine Beine viel kürzer, seine Füsse aber grösser, Arme und Hände im Verhältniss. Der Kopf ist ungeheuer gross und das Gesicht breit und platt, ohne irgend welche Haare ausser an den Augenbrauen; die Nase ist sehr klein, der Mund breit, die Lippen dünn. Das von einer weissen Haut bedeckte Gesicht ist ungeheuer hässlich, ganz über und über faltig wie bei alten Leuten; die Zähne sind breit und gelb; die Hände haben ebensowenig Haare wie das Gesicht, aber dieselbe weisse Haut, während der ganze übrige Körper mit langem schwarzem Haar, wie ein Bär, bedeckt ist. Sie gehen niemals auf allen Vieren, wie Affen; wenn sie geärgert oder geneckt werden, schreien sie ganz wie Kinder ...«

      »Als ich in Sherbro war, machte mir ein gewisser Mr. Cummerbus, den ich hernach noch zu erwähnen Veranlassung haben werde, mit einem dieser merkwürdigen Thiere ein Geschenk; die Eingebornen nennen sie Boggoe: es war ein junges, sechs Monate altes Weibchen, aber schon damals grösser als ein Pavian. Ich übergab es der Sorge eines der Sklaven, welcher wusste, wie es zu füttern und zu pflegen war, da es ein sehr zartes Thier war; sobald ich aber das Verdeck verliess, fingen die Matrosen an, es zu necken — die einen sahen seine Thränen gern und hörten es gern weinen; andere hassten seine Schmutznase; als einer, der es schlug, vom Neger, der es besorgte, angefahren wurde, sagte er dem Sklaven, er habe seine Landsmännin sehr gern und fragte ihn, ob er sie nicht gern zur Frau nehmen möchte? Darauf antwortete der Sklave sehr schlagfertig: »Nein, das ist nicht meine Frau; das ist eine weisse Frau, das ist eine passende Frau für Dich.« Ich glaube, dieser unglückliche Witz des Negers beschleunigte seinen Tod, denn am nächsten Morgen fand man es todt unter der Winde.«

      William Smith's »Mandrill« oder »Boggoe« war ohne Zweifel ein Chimpanze, wie seine Beschreibung und Abbildung bezeugen.

      Linné kannte aus eigner Beobachtung nichts von den menschenähnlichen Affen, weder Afrika's noch Asiens; indessen kann man annehmen, dass eine Dissertation seines Schülers Hoppius in den »Amoenitates Academicae« (VI. >Anthropomorpha<) seine Ansichten über diese Thiere enthalte.

      Fig. 6. Die Anthropomorpha Linné's.

      Die Dissertation wird durch eine Tafel erläutert, von welcher der beistehende Holzschnitt, Fig. 6, eine verkleinerte Copie ist. Die Figuren sind (von links nach rechts) bezeichnet als: 1. Troglodyta Bontii; 2. Lucifer Aldrovandi; 3. Satyrus Tulpii; 4. Pygmaeus Edwardi. Das erste ist eine schlechte Copie von Bontius' imaginärem »Orang-outang«, an dessen Existenz indess Linné vollständig geglaubt zu haben scheint; wenigstens wird er in der Originalausgabe des »Systema naturae« als eine zweite Species Homo angeführt, »H. nocturnus«. Lucifer Aldrovandi ist eine Copie einer Figur in Aldrovandi »De Quadrupedibus digitatis viviparis«, Lib. 2, p. 249 (1645) bezeichnet: »Cercopithecus formae rarae Barbilius vocatus et originem a china ducebat.« Hoppius ist der Ansicht, dass dies möglicherweise einer jener katzenschwänzigen Menschen sei, von denen Nicolaus Köping versichert, dass sie eine Bootsmannschaft, den »gubernator navis« und alle miteinander auffrässen! Im »Systema naturae« nennt ihn Linné in einer Anmerkung Homo caudatus und scheint geneigt zu sein, ihn als dritte Species Mensch zu betrachten. Der Satyrus Tulpii ist nach Temminck eine Copie der Figur eines Chimpanze, die Scotin 1738 publicirte, die ich nicht gesehen habe. Es ist der Satyrus indicus des »Systema naturae« und wird von Linné für eine möglicherweise vom Satyrus sylvestris verschiedene Art gehalten. Das letzte, der Pygmaeus Edwardi ist nach der Abbildung eines jungen »Waldmenschen« oder wirklichen Orang-Utan copirt, die in Edwards' »Gleanings of Natural History« (1758) gegeben ist.

      Buffon war glücklicher als sein grosser Nebenbuhler. Er hatte nicht bloss die seltene Gelegenheit, einen jungen Chimpanze lebendig beobachten zu können, sondern er gelangte auch in den Besitz eines erwachsenen Asiatischen menschenähnlichen Affen — des ersten und letzten erwachsenen Exemplars irgend eines dieser Thiere, die für viele Jahre nach Europa gebracht wurden. Unter der werthvollen Unterstützung Daubenton's gab Buffon eine ausgezeichnete Beschreibung dieses Geschöpfes, das er nach seinen eigentümlichen Körperverhältnissen den langarmigen Affen oder Gibbon nannte. Es ist der heutige Hylobates lar.

      Als daher Buffon im Jahre 1766 den vierzehnten Band seines grossen Werkes schrieb, kannte er aus persönlicher Anschauung das Junge von einer Art Afrikanischer menschenähnlicher Affen und das Erwachsene einer Asiatischen Art, während er den Orang-Utan und den Smith'schen Mandrill aus Beschreibungen kannte. Ausserdem hatte der Abbé Prevost einen grossen Theil von Purchas' Wanderungen in seiner »Histoire générale des Voyages« ins Französische übersetzt (1748), und hier fand Buffon eine Uebersetzung von Andreas Battell's Beschreibung des Pongo und des Engeco. Alle diese Angaben versucht Buffon in dem »Les Orang-outangs ou le Pongo et le Jocko« überschriebenen Kapitel mit einander in Uebereinstimmung zu bringen. Dieser Ueberschrift ist die folgende Anmerkung beigefügt:

      »Orang-outang, nom de cet animal aux Indes orientales: Pongo, nom de cet animal à Lowando Province de Congo.«

      »Jocko, Enjocko, nom de cet animal à Congo que nous avons adopté. En est l'article que nous avons retranché.«

      Andreas Battell's »Engeco« wurde auf diese Weise in »Jocko« verwandelt und in dieser letzteren Form über alle Welt verbreitet, in Folge der ausgedehnten Popularität von Buffon's Werken. Der Abbé Prevost und Buffon thaten aber noch mehr als Battell's nüchternen Bericht durch »Weglassen eines Artikels« zu entstellen. So gab Buffon Battell's Angabe, dass die Pongos »nicht sprechen können und nicht mehr Verstand haben als ein Thier« in der Art wieder, »qu'il ne peut parler, quoiqu'il ait plus d'entendement que les autres animaux«; ferner steht die Versicherung Purchas', »bei einer Unterredung mit ihm sagte er mir, dass einer dieser Pongos einen Negerknaben nahm, der einen Monat unter ihnen lebte,« in der französischen Uebersetzung so, »un pongo lui enleva un


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