DER ZAR. Ted Bell

DER ZAR - Ted  Bell


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heiß dampfenden grünen Tee. Vor Paddys Füßen lag ein wasserdichter Seesack, den er mit auf das Rettungsboot genommen hatte. Er war gelb und enthielt neben Werkzeugen auch seine persönlichen Sachen. Sein Gefährte hatte ebenfalls eine Tasche, bloß eine etwas größere.

      Jetzt nach einer heißen Dusche klapperte Paddy nicht mehr mit den Zähnen und fühlte sich wieder halbwegs wie ein Mensch. Die japanischen Seefahrer hatten ihnen Mannschaftskleidung gegeben, Jeans und T-Shirts sowie Wollpullover. Der Kapitän, der relativ gutes Englisch sprach, saß an seinem Schreibtisch. Vor ihm lagen irgendwelche Papiere, die er ausfüllte, wobei er viele Fragen stellte. Da seine Aussage sowieso nie von Bewandtnis sein würde, führte Paddy ihn an der Nase herum und spann sich etwas zurecht, das ihm gerade in den Sinn kam.

      »Sie sind also Russe?«, wollte der Skipper wissen.

      »Ist er«, antwortete Paddy, indem er auf Kapitsa zeigte, und nippte an seiner heißen Tasse. »Ich bin russischstämmiger Amerikaner in der dritten Generation.«

      »Ihr Name lautet?«

      »Mein Vorname? Beef. B wie Bruno, dann E-E-F«, diktierte Paddy mit vollem Ernst, indem er die einzelnen Buchstaben deutlich aussprach.

      »Aus welcher Stadt in den USA kommen Sie, Mr. Beef?«, fuhr der Kerl fort, nachdem er den Namen notiert hatte, und hielt seinen Stift zum Weiterschreiben bereit.

      »Ich? Aus Orlando«, gab Paddy an. Es war der erste Ort, der ihm einfiel. »Kennen Sie bestimmt – Micky Maus, Goofy und so.«

      Der Kapitän lächelte und nickte, während er alles vermerkte.

      »Wissen Sie auch, wieso Micky so angepisst von Minnie war?«

      »Minnie hat Micky angepisst?«

      »Nein, so war das nicht gemeint. Umgekehrt, es … ach, vergessen Sie's.«

      »Gut«, erwiderte der Skipper und kehrte sich Leo zu. »Was ist mit ihm?«

      »Der? Den dürfen Sie abschreiben. Er stammt aus Sibirien. Schreiben Sie's einfach so auf, das reicht. Jeder russische Postbote weiß, wo das liegt.«

      »Ihre Nachnamen?«

      »Stalin und Lenin.«

      »Sie machen Scherz?«

      »Nein, nein. Das sind zwei weitverbreitete Namen in Russland.«

      »Was ist passiert mit Ihrem Schiff? Wir haben nicht gehört Hilfesignal.«

      »Nun ja, ist alles ziemlich schnell gegangen.«

      »Sie nur zu zweit an Bord?«

      »Nein, wir waren noch ein paar mehr. Die anderen sind nicht rechtzeitig runtergekommen. Tragische Sache.«

      »Also keine weiteren Überlebenden?«

      »Njet. Nur wir zwei.«

      »Wie hieß Ihr Schiff?«

      »Lady Marmalade.«

      »Wie buchstabieren?« Er schrieb sich den ganzen Unsinn tatsächlich auf. Der Typ blickte echt gar nichts.

      »L-A-D-Y M-A-R-M-A-L-A-D-E.«

      »Wie lang?«

      »Ungefähr 100 Fuß – oder 200. Schwer zu sagen. Ich bin kein Schiffsexperte, und Orlando ist nicht gerade die Hochburg der Jacht-Szene, wissen Sie? Liegt ja mitten in Florida, und da gibt's nur ein paar stinkende Seen in den Orangenwäldern.«

      »Was ist mit Jacht passiert? Feuer? Explosion?«

      »Ich kapier's immer noch nicht. Wenn mich nicht alles täuscht, hat uns 'ne fette Welle zum Kentern gebracht. Das Schiff ist umgekippt und nicht mehr hochgekommen.«

      »Sie viel Glück, heil davonzukommen.«

      »Finden Sie? Schließlich mussten Sie nicht in dem elenden Zeltboot hocken, Captain.«

      »Also gut, Sie sollten jetzt ein wenig schlafen, Mr. Beef. Ich melde meiner Firma über Funk, dass wir Sie in Sicherheit bringen.«

      »Ist nicht nötig«, stellte Paddy klar, indem er den kurzen Revolver unter seiner Decke herauszog. »Wir wollen noch nicht in Sicherheit gebracht werden.«

      »Was … was wollen Sie dann?«, fragte der Kapitän mit weit aufgerissenen Augen.

      Auf Paddys Nicken hin stand Leo Kapitsa von seinem Stuhl auf, ging zur Tür der Kajüte und verriegelte sie. Dann stellte er sich hinter den Stuhl des Japaners. Er legte beide Hände so an seinen Kopf, dass sie die Schläfen bedeckten. Langsam übte er Druck darauf aus, zuerst wenig und zusehends ein wenig mehr, bis der Schmerz schlimm wurde, praktisch unerträglich.

      Paddy griff die Frage auf: »Was wir wollen? Unsere Arbeit erledigen und dann nach Hause zurückkehren, das wollen wir. Zuerst hängen wir uns aber an die Strippe und lassen ein Rettungsboot fahrbereit machen.«

      »Ein Rettungsboot?«

      »Die Sache gestaltet sich folgendermaßen, Skipper: Dein Boss Tommy Kurasawa hat sich auf den Kurilen mit den falschen Russen angelegt. Würdest du kurz für mich aufstehen? Hilf ihm dabei, Leo. Sachte, sachte.«

      Kapitsa riss den Kapitän unwirsch am Kopf von seinem Stuhl hoch. Der Mann machte ein Gesicht wie eine Hochschwangere, deren Wehen eingesetzten.

      »Wir haben dir was Kleines mitgebracht«, fuhr Paddy fort. »Schau her.«

      Er hatte seinen Seesack bereits aufgezogen und eine große Metallscheibe herausgenommen, die ungefähr vier Zoll dick und im Durchmesser zwölf Zoll breit war, mattgrau und mit einer Digitalanzeige versehen, die rot blinkte. Er stand auf, ging hinüber und legte die Scheibe auf die Sitzfläche des Schreibtischstuhls.

      Das Ding war schwerer, als es aussah. Es wog bestimmt 25 Pfund, wovon die explosive, himmelblaue Knetmasse fünf vereinnahmte.

      »Setz ihn wieder hin«, verlangte Paddy, woraufhin Leo den Kopf des Skippers losließ, sodass er auf die Scheibe sackte. Paddy hielt ihm die Pistole vor die Nase und sprach leise weiter: »Greif dir jetzt das Telefon zur Brücke und ordne an, ein Rettungsboot startklar zu machen, Captain. Wir hauen jetzt ab.«

      »Sie verlassen das Schiff auf einem Rettungsboot?«

      »So ist es«, bestätigte Paddy, während er dem Japaner zwischen die Beine langte, um eine Zahlenkombination an der Scheibe einzutippen, die den Zündmechanismus aktivierte. »Zur Erläuterung: Der Teller, auf dem du sitzt, ist jetzt, nachdem ich ihn scharfgemacht habe, extrem druckempfindlich. Aus dem Grund liegt Mr. Lenins Hand auf deinem Kopf. Solltest du deinen Arsch von der Druckplatte hochheben, knallt's. In dem Ding steckt genug Sprengstoff, um dieses Schiff in Stücke zu reißen, also bist du gut beraten, äußerst vorsichtig zu sein, okay?«

      »Bombe?«

      »Bombe. Sie ist so eingestellt, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft in die Luft fliegt. Das passiert aber umso schneller, wenn du deinen Allerwertesten bewegst. Verstanden? Gut. Jetzt nimm den Hörer. Ruf auf der Brücke an und organisiere uns das Rettungsboot. Mr. Lenin-san hier ist ein erfahrener Seefahrer, also braucht ihr euch keine Sorgen darüber zu machen, dass wir vielleicht nicht sicher von hier wegkommen ja?«

      »Ich darf nicht aufstehen?«, fragte Noboru. »Stuhl nicht verlassen?«

      »Davon würde ich abraten, ja. Tu's auf keinen Fall.«

      »Was wird aus mir?«

      »Falls du brav bleibst und dich nicht rührst, bis wir weit genug von eurem Schiff weg sind, schalte ich die Bombe mit dieser Fernbedienung hier ab. Dann darfst du aufstehen. Falls du nicht artig bist … tja, dann kann ich dir keine körperliche Unversehrtheit garantieren.«

      Die Gesichtsfarbe des Kapitäns, der von Natur aus einen gelben bis grauen Teint hatte, tendierte nun deutlich zu letzterem.

      »Nimm das Telefon und verständige die Brücke«, drängte Paddy erneut. »Versuch bloß keine Dummheiten dabei. Ich spreche fließend Japanisch.« Er gab dem Skipper eine schnelle Kostprobe, indem er ihn in seiner Muttersprache


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