DER ZAR. Ted Bell

DER ZAR - Ted  Bell


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Zwölf oder in ihrer Muttersprache: Silowiki, die Allmächtigen.«

      »Welche Funktion nehmen sie ein?«

      »Wir gehen davon aus, dass sie alle Fäden in der Hand halten, dass die Graue Eminenz ihnen untersteht und nach ihrer Pfeife tanzt.«

      »Also bleibt Rostow hinter unseren Erwartungen zurück, nicht wahr? Wir setzten einmal große Hoffnungen in ihn.«

      »Aus Moskau hört man höchst Unerfreuliches, Alex. Die jungen Staaten Osteuropas zu schützen, ist unser höchstes Gebot. Der Kreml hat schon versucht, den Zusammenbruch der demokratisch gewählten Regierungen Estlands und Georgiens zu erzwingen sowie andere unabhängige Nachbarländer durch unterlassene Energielieferung sanktioniert.«

      »Aus welchem Grund? Diese Staaten sind jetzt alle souverän.«

      »Wir vermuten, dieses Verhalten ist nur ein Vorspiel. Russland wird mit hoher Wahrscheinlichkeit versuchen, jede dieser Nationen erneut zu unterwerfen und die früheren Grenzen der Sowjetunion wieder zu errichten. Sobald es sich seine östlichen Nachbarn einverleibt hat, wird es einen kritischen Blick auf den Rest Europas werfen. Die Grenzstaaten im Westen sind seiner Gnade unterworfen, bereits jetzt. Der Kreml kann unseren Verbündeten auf dem Kontinent jederzeit den Energiehahn zudrehen, wenn es ihm beliebt.«

      »Oh Gott.«

      »Das können Sie laut sagen. Daher die dringende Notwendigkeit, wieder stärker geheimdienstlich gegen die Russen vorzugehen. Wir müssen es schnellstmöglich tun.«

      »Und von wo aus soll unsere neue Anti-Tschekisten-Abteilung operieren?«

      »Ihr Hauptstützpunkt wird gleich hier sein, in Bermuda. Morgen früh, nach Ihrem Termin in Samara mit Nigel Prestwick, treffen wir uns am Hafen. Wir besorgen ein Büro für Sie.«

      »Für mich?«

      »Sie sind der Leiter dieser neuen Sonderdivision, Alex. Ich habe lange gründlich darüber nachgedacht und bin überzeugt davon, dass Sie der ideale Kandidat dafür sind. Im Laufe der letzten Jahre haben Sie durchaus beeindruckende Leistungen erzielt, wissen Sie?«

      »Ich fühle mich geehrt. Danke sehr, Sir. Selbstverständlich werde ich …«

      »Alex, ich gebe Ihnen etwas Zeit, lassen Sie es sich durch den Kopf gehen. Die Uhr tickt jedoch, also verlange ich, dass Sie ehrlich sind. Haben Sie irgendwelche Bedenken? Vorbehalte?«

      »Zunächst einmal kann ich kein Wort Russisch sprechen.«

      »Ihr Waffenbruder, Chief Inspector Congreve, dafür fließend, und der MI6 wird Ihnen weiteres Personal auf muttersprachlichem Niveau zur Seite stellen.«

      »Ambrose weiß folglich Bescheid – von Rotes Banner?«

      »Er gehört zu Ihrem Team. Hat sich schon verpflichtet. Auch zwei junge Kerle vom russischen Ressort des Nachrichtendienstes sind angereist, Benjamin Griswold und Fife Symington: erstklassige Typen, die beiden.«

      »Verstehe. Also …«

      »Passen Sie auf, Alex. Ich weiß, das alles kommt recht plötzlich. Sie brauchen sich keineswegs schon heute Abend festzulegen, nicht einmal morgen. Sollten Sie sich aber bereit erklären, wird es umso besser sein, je früher ich davon erfahre, damit ich mich um das nächste Mitglied bemühen kann. Wir befinden uns noch in der Frühphase eines Duells mit diesen Tschekisten des 21. Jahrhunderts, doch jetzt gilt es.«

      »Entscheidung im Morgengrauen?«

      »Nicht ganz, aber wir müssen zügig handeln. Wie ich schon sagte: Es gibt Arbeit – eine Menge –, und mit einem Friedensangebot dürfen wir wohl eher nicht rechnen. Vor einem Jahr hätte ich die Zahl der Russen in verdeckter Mission auf britischem Boden auf unter Hundert eingeschätzt. Nun habe ich allein letzten Monat Mutmaßungen gelesen, die weit in den vierstelligen Bereich reichen.«

      »Erstaunlich. Entspricht das in irgendeiner Weise den Beobachtungen unserer amerikanischen Kollegen?«

      »Ja, falls es dort nicht sogar schlimmer aussieht. Ihr Freund Brick Kelly vom CIA ist genauso besorgt wie wir. Der Kreml deckt weitverzweigte kriminelle Unternehmungen, wobei er auf praktisch unbegrenzte Reichtümer und bislang ungenutzte Rohstoffe zurückgreifen kann. Russlands Wirtschaft boomt, obwohl der Ölpreis in die Höhe schießt. Ich wiederhole mich, aber das Land könnte Europa in weniger als einer Stunde in die Knie zwingen, indem es einfach die Öl- und Gashähne zudreht. Das wird nicht geschehen – vorausgesetzt natürlich, es fühlt sich durch niemanden dazu provoziert. Der Kapitalfluss bedeutet ihm nämlich zu viel. Was zum Teufel ist also in den Russischen Bären gefahren? Das herauszufinden, Alex, darin besteht die Aufgabe von Rotes Banner.«

      »Das ist mir jetzt klar. Eine Frage noch, falls Sie erlauben, Sir: Warum sollen wir unsere Zelte ausgerechnet in Bermuda aufschlagen?«

      C lächelte abermals. »Erstens liegen die Inseln so ziemlich genau auf halbem Weg zwischen London und Washington, aber es kommt vor allem auf Geheimhaltung an. Ich kann diese Sache nicht von Vauxhall Cross 85 aus vorantreiben. Begreifen Sie, Alex, dass die Russen London unterwandert haben – nicht nur die unerhört reichen Oligarchen, die Mayfair-Paläste aufkaufen, sondern auch der wiedererstarkte KGB. Wohin man schaut, wimmelt es vor elenden russischen Spitzeln und Magnaten. Das sind verkommene, unmoralische Menschen, die kein Tabu kennen.«

      »Es heißt, die russische Mafia kaufe Kasinos und steche alle Londoner Prostitutionsringe aus: Mädchenhandel, der von Osteuropa und den Golfstaaten ausgeht. Londonistan nennt man die Stadt dieser Tage angeblich.«

      »Das stimmt leider, Alex. In den Neunzigern kämpften wir gegen die Herrschaft der Plünderer – eine Regierung unter chaotischen Zuständen, die von konkurrierenden Dieben angeführt wurde. Diese Banditen haben Milliarden angehäuft und Russland gehörig ausgenommen. Innerhalb kürzester Zeit – während weniger Jahre – wirtschafteten sie ein ganzes Land herab, sodass man wohl vom größten Raub in der Geschichte der Menschheit sprechen darf. Jetzt befindet sich die Nation in der Gewalt der Geheimpolizei. Putin war der Erste, der Ex-Schergen des KGB zu Macht in allen erdenklichen Positionen verhalf. Das Neue Russland ist der erste wahre Polizeistaat der Welt, von Grund auf. Nachdem sie sich über alle Maßen an emporschießenden Öleinnahmen bereichert haben, suchen Sie nach weiteren Gebieten, die sich schröpfen lassen.«

      »Ich bin mir nach wie vor nicht ganz sicher, Sir, ob das erklärt, weshalb Sie Bermuda für Rotes Banner gewählt haben.«

      »Zum zweiten Mal: seiner geografischen Lage wegen. Gibt es anderswo auf Erden britisches Gebiet, das so abgeschieden und unberührt ist wie dieser kleine Archipel hier in türkisblauem Meer? Jeder Russe, der einen Fuß auf diese Inseln setzt, wird auffallen wie ein bunter Hund.«

      Hawke wollte den verboten hübschen bunten Hund erwähnen, den er am Nachmittag in seiner Bucht kennengelernt hatte, doch in diesem Moment steckte Lady Diana Mars ihren hübschen Kopf durch die Tür der Bibliothek und sagte: »Gentlemen, das Abendessen steht auf dem Tisch.«

      »Nach Ihnen, Kamerad«, sprach C mit neuerlichem Lächeln zu Hawke.

      Dieser erwiderte: »Spasiba.« Mit dieser Danksagung hatte er sein russisches Vokabular bereits erschöpft.

      Er musste dringend eine Handvoll richtig gesalzener Schimpfwörter in dieser Sprache lernen, um Ambrose Saures zu geben, weil er ihn praktisch am Gängelband in Truloves Falle geführt hatte, die so geschickt für ihn aufgestellt worden war.

      Kapitel 11

      New York City

      Jingle Bells, Jingle Bells, dem alten Paddy, dem gefällt's. Weihnachten in New York war immer noch unschlagbar. Etwas liege in der Luft, sagten die Leute und hatten recht damit. Jawohl, magisch – so konnte man es nennen. Er lehnte an einer Absperrung in der 53. Straße und schaute dem Treiben auf der Eislaufbahn am Rockefeller Center zu.

      Es schneite ein wenig, Flöckchen so glitzernd wie in Filmen, und es wurde schnell dunkel, sodass der riesige Tannenbaum umso heller strahlte und funkelte. Da Paddy seine Augen halb schloss wie damals


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