Dr. Daniel Staffel 1 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 1 – Arztroman - Marie Francoise


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Und wenn Sie einmal einen Blick in eine solche Zeitschrift werfen würden, dann würden Sie erkennen, daß es sich dabei nicht um Schund handelt. Da steht genau drin, was junge Mädchen lesen wollen – Berichte über Sänger und Schauspieler, die gerade, wie man heute so schön sagt, in sind. Und eben auch Berichte über Sexualität, und das ist in meinen Augen ein Thema, das für junge Menschen außerordentlich wichtig ist.« Dr. Daniel schwieg kurz, dann fuhr er fort: »Es geht aber nicht nur darum. Darinka ist durch Ihre Haltung auch im Begriff, bei Gleichaltrigen in eine Außenseiterposition zu gelangen.«

      »Nur weil wir nicht über so unanständige Dinge sprechen?« brauste Martha Stöber auf. »Das glauben Sie doch selbst nicht!«

      »Nein, das hat damit gar nichts zu tun«, meinte Dr. Daniel ruhig. »Es geht um Ihre Einstellung zu moderner Musik und auch zum Fernsehprogramm. Sehen Sie, Darinka ist jetzt in einem Alter, in dem sie für Kindersendungen schon zu groß ist. Da gibt es andere Filme und Serien, über die Mädchen ihres Alters sprechen wollen. Und diese jungen Leute hören eben auch andere Musik als Sie und ich beispielsweise. Das sollten Sie Darinka nicht verbieten.« Wieder lächelte er, um seinen Worten ihre allzu harte Schärfe zu nehmen. »In diesem Zusammenhang möchte ich auch Abhilfe schaffen. Ich habe draußen im Auto den Cassettenrecorder und den Fernseher meines Sohnes mitgebracht. Beides möchte ich Darinka schenken – sofern Sie damit einverstanden sind.«

      Martha und Konrad Stöber wechselten einen Blick.

      »Haben wir denn wirklich so viel falsch gemacht?« fragte Konrad Stöber leise. »Wir wollten immer nur das Beste für Darinka.«

      »Das weiß ich doch«, meinte Dr. Daniel. »Und deshalb bin ich heute auch zu Ihnen gekommen. Ich war sicher, daß Sie nicht in böser Absicht handelten.« Er zögerte, dann fragte er: »Darf ich Darinka die Sachen nach oben bringen?«

      Wieder wechselten die Eheleute einen Blick.

      »Natürlich, Herr Doktor«, stimmte Konrad Stöber zu, während er aufstand. »Ich werde Ihnen helfen.«

      Doch Dr. Daniel wehrte ab. »Das ist nicht nötig, Herr Stöber. So schwer sind die Sachen nicht.«

      Er war schon an der Tür, als Konrad Stöber ihn noch mal zurückhielt.

      »Können wir sonst noch etwas tun, Herr Doktor?« wollte er wissen. »Ich meine… wir wollen nicht, daß Darinka zu einer Außenseiterin wird. Sie soll doch glücklich sein.« Er senkte den Kopf. »Wenn Sie schon ohne Eltern aufwachsen muß.«

      »Wenn Sie meine Ratschläge befolgen, dann kommt alles in Ordnung«, meinte Dr. Daniel. »Das heißt… eines noch. Geben Sie Darinka Taschengeld. Über die Höhe bin ich nicht so gut informiert, aber das können Sie bei Eltern ihrer Klassenkameraden leicht erfragen. Darinka ist in einem Alter, in dem sie lernen muß, mit Geld umzugehen. Das kann sie aber nur, wenn sie mit ihrem eigenen Taschengeld einen Monat lang auskommen muß.«

      Konrad Stöber dachte über diese Worte nach. Die Argumente, die Dr. Daniel vorbrachte, waren plausibel.

      »Gut, ich werde mich mit Katrins Eltern in Verbindung setzen«, erklärte er, dann reichte er Dr. Daniel die Hand. »Vielen Dank, Herr Doktor. Ich bin froh, daß Sie uns auf unsere Fehler aufmerksam gemacht haben.«

      Martha Stöber sagte nichts dazu. In ihren Augen war das alles Humbug, doch sie wollte ihrem Mann nicht widersprechen, und insgeheim mußte sie sich eingestehen, daß Dr. Daniel mit seiner Einstellung vielleicht doch recht hatte.

      Währenddessen hatte Dr. Daniel Cassettenrecorder und Fernseher nach oben getragen. Darinka machte große Augen, als er mit diesen Sachen zur Tür hereinkam.

      »Ein kleines Geschenk von Stefan«, erklärte Dr. Daniel lächelnd. »Damit du auf dem laufenden bist, was die neueste Musik und die aktuellen Serien und Filme betrifft.« Dann legte er einen Arm um Darinkas Schultern. »Und mit deinen Großeltern habe ich gesprochen. In Zukunft wird sich für dich einiges ändern, aber diese Änderungen werden durchweg angenehm sein. Und wenn du irgendwelche Probleme hast, dann scheue dich nicht, zu mir zu kommen – jederzeit.«

      Mit glücklich strahlenden Augen blickte Darinka zu ihm auf. »Danke, Herr Doktor. Sie sind der beste Mensch, den es gibt.«

      *

      Als Marion ihre jüngere Schwester besuchte, bemerkte sie sofort die Veränderung, die mit Susanne vor sich gegangen war.

      »Du siehst so… glücklich aus«, bemerkte Marion, nachdem Susanne sie freudestrahlend begrüßt hatte.

      »Das bin ich auch«, bekräftigte ihre Schwester. »Stefanie ist ein ganz süßes Baby. Komm, ich zeige sie dir.«

      Damit wollte Susanne aus dem Bett steigen, doch Marion hielt sie zurück.

      »Darfst du denn schon aufstehen?« fragte sie besorgt und warf dabei einen fast ängstlichen Blick auf den Ständer mit der Infusionslösung. Sie selbst hatte zweimal normal entbunden und war daher ein wenig unsicher, was Susannes Operation betraf. »Immerhin hast du einen Kaiserschnitt bekommen.«

      »Ich soll sogar aufstehen«, erklärte Susanne. »Außerdem stört mich die Infusion überhaupt nicht.« Sie dämpfte ihre Stimme ein wenig. »Wesentlich unangenehmer ist dieser blöde Katheter, aber den werde ich morgen auch endlich los. Zumindest hat Dr. Kastner mir das versprochen.«

      Sie schob den Infusionsständer vor sich her, während sie an Marions Seite zur Intensivstation hinüberging. Und dann standen sie beide vor dem Inkubator und betrachteten das winzige Baby.

      »Ist sie nicht reizend?« flüsterte Susanne und blickte liebevoll auf ihr Kind hinunter. »Dr. Kastner ist auch ganz begeistert von ihr.«

      Marion wurde aufmerksam. Das war nun schon das zweite Mal innerhalb weniger Minuten, daß Susanne den Namen dieses Arztes erwähnte. Und Marion konnte sich des Gefühls nicht erwehren, daß die Stimme ihrer Schwester dabei jedesmal einen fast schwärmerischen Klang bekam.

      »Dieser Dr. Kastner«, begann sie langsam, als sie sich nach einiger Zeit wieder auf den Rückweg zu Susannes Zimmer machten. »Ist das der Stationsarzt hier?«

      Lebhaft schüttelte Susanne den Kopf. »Nein, er hat den Kaiserschnitt gemacht und ist seitdem rührend besorgt um mich. Ein sehr sympathischer Arzt.« Und dann ging in ihrem Gesicht die Sonne auf. »Ach, da kommt er ja gerade.«

      Mit einem mehr als nur freundschaftlichen Lächeln kam Dr. Bernd Kastner auf die beiden Frauen zugeeilt, wobei sein Blick hauptsächlich Susanne gilt, wie Marion unschwer feststellen konnte. Aufmerksam betrachtete sie den gutaussehenden Arzt, der eine entfernte Ähnlichkeit mit dem Schauspieler Richard Gere aufwies. Das leicht graumelierte Haar und die markanten Gesichtszüge, dazu seine Ausstrahlung, die von so viel Güte und Herzenswärme zeugte – Marion konnte sich schon vorstellen, daß es leicht war, sich in diesen Mann zu verlieben.

      Währenddessen hatte Dr. Kastner ein wenig mit Susanne geplaudert und wandte sich jetzt Marion zu.

      »Sie müssen Frau Hartwigs Schwester sein«, meinte er und reichte ihr die Hand. »Ich habe schon viel von Ihnen gehört.«

      Marion errötete ein wenig. »Hoffentlich nichts Schlechtes.«

      Dr. Kastner schüttelte den Kopf. »Nur das Allerbeste.« Dann warf er einen bedauernden Blick auf die Uhr. »Sie entschuldigen mich bitte, aber ich muß weiter.«

      »Ein netter Mensch«, stellte Marion fest, nachdem Dr. Kastner gegangen war. Dabei beobachtete sie ihre Schwester ganz genau.

      »Ja, er ist unheimlich nett«, stimmte Susanne zu und blickte noch immer in die Richtung, wo Dr. Kastner verschwunden war.

      »Schwesterherz, könnte es sein, daß du deinem Entschluß, ledig zu bleiben, untreu wirst?« fragte Marion lächelnd.

      Da senkte Susanne den Kopf. »Was sollte ein Mann wie Dr. Kastner mit einer Frau, die ein uneheliches Kind hat? Außerdem ist einer wie er mit Sicherheit längst vergeben.«

      »Ich weiß nicht recht«, entgegnete Marion. »So, wie er dich angeschaut hat…«

      Susanne


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