Dr. Daniel Staffel 1 – Arztroman. Marie Francoise
vornehmen. Anschließend kommen Sie wieder zu mir zur Untersuchung.«
Leandra hatte das Sprechzimmer des Arztes gerade wieder betreten, als Lena Kaufmann auch schon mit strahlendem Gesicht hereinkam.
»Positiv«, verkündete sie.
Leandra preßte vor Aufregung beide Hände vor den Mund.
»Ein Baby«, brachte sie hervor. »Ich bekomme endlich ein Baby.«
Dr. Daniel begleitete sie ins Nebenzimmer hinüber, doch auch die Untersuchung ergab keinen negativen Befund. Die Gebärmutter hatte sich bereits vergrößert.
»Sie ahnen nicht, wie sehr ich mich für Sie freue«, erklärte Dr. Daniel, bevor er sich von ihr verabschiedete. »Der Weg nach Steinhausen ist zwar ein bißchen weit, aber ich würde mich trotzdem freuen, wenn Sie zu den Vorsorgeuntersuchungen zu mir kommen würden.«
»Natürlich komme ich!« bekräftigte Leandra. »Schließlich war Ihnen für mich auch kein Weg zu weit.«
*
Leandra hielt ihr Versprechen und kam vier Wochen später zur nächsten Vorsorgeuntersuchung.
»Nun, was hat Ihr Mann zu der freudigen Nachricht gesagt?« fragte Dr. Daniel, nachdem Leandra ihm gegenüber Platz genommen hatte.
»Er weiß es noch nicht«, gestand sie. »Wissen Sie, Chris hat morgen Geburtstag, und das Baby, das ich erwarte, soll mein Geschenk für ihn sein.«
Dr. Daniel senkte für einen Augenblick den Kopf. »Ein solches Geschenk habe ich auch einmal bekommen.« Dann schüttelte er die schmerzlichen Gedanken an seine verstorbene Frau ab und lächelte Leandra an. »Das ist eine sehr gute Idee. Ich bin sicher, daß Ihr Mann sich riesig freuen wird.«
Leandra nickte. »Davon bin ich überzeugt.«
Und dann hatte Dr. Daniel eine Idee.
»Wissen Sie was, Frau Schütz, ich gebe Ihnen heute etwas mit, damit Sie Ihrem Mann das Geschenk auch einpacken können«, erklärte er mit einem spitzbübischen Lächeln.
Verständnislos starrte Leandra ihn an. »Wie bitte?«
»Wir machen eine Ultraschallaufnahme, und die können Sie mit nach Hause nehmen. Erfahrungsgemäß sieht man als Laie auf diesen Fotos nicht sehr viel, aber allein die Tatsache, daß es sich dabei um das eigene Kind handelt, macht ein solches Bild schon fast zu einem Wertgegenstand.« Er erhob sich und begleitete Leandra in das Untersuchungszimmer.
»Sie kennen das Spielchen ja schon«, meinte er.
Leandra nickte lächelnd, dann trat sie hinter den dezent gemusterten Wandschirm und machte sich frei, bevor sie auf dem Untersuchungsstuhl Platz nahm. Dr. Daniel führte zuerst die körperliche Untersuchung durch.
»Die Gebärmutter hat sich weiter vergrößert«, erklärte er, dann stutzte er. »Mir scheint, sie hat sich sogar ziemlich stark vergrößert. Seltsam.«
Leandra erschrak. »Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Doch, doch«, beruhigte der Arzt sie sofort. »Es ist nur ein bißchen ungewöhnlich. Na ja, jetzt schauen wir und das ganze auf Ultraschall an.«
Aber Leandra war nicht restlos beruhigt. Sie hatte sich nach diesem Baby so sehr gesehnt, und die Tatsache, daß sich während ihrer Schwangerschaft etwas nicht ganz normal entwickelte, machte ihr Angst.
Währenddessen hatte Dr. Daniel den Bildschirm eingeschaltet und das spezielle Gel auf Leandras Bauch verteilt. Graue Schatten huschten über den Bildschirm und verunsicherten Leandra noch mehr.
»Ist das… normal?« wagte sie zu fragen.
Dr. Daniel konzentrierte sich auf den Bildschirm, dann nickte er. »Ja, Frau Schütz, das ist völlig normal.« Er lächelte sie an. »Wie viele Kinder haben Sie in Ihrer Ehe eingeplant?«
Leandra begriff nicht. »Was soll das heißen?«
Wieder betrachtete Dr. Daniel den Bildschirm, bevor er sich Leandra erneut zuwandte. »Ein Zweifel ist aus geschlossen, Frau Schütz – Sie erwarten Zwillinge.«
Leandra schnappte hörbar nach Luft. »Zwillinge?«
Dr. Daniel nickte. »Deshalb hat sich Ihre Gebärmutter auch so stark vergrößert.« Er hielt das Bild auf dem Monitor fest und schaltete den Drucker ein, während sich Leandra wieder ankleidete.
Als sie hinter dem Wandschirm hervortrat, reichte er ihr das Blatt Papier. »Hier ist das erste Foto Ihrer Kinder.«
Leandra starrte die grauen Schatten an, und plötzlich begannen sie vor ihren Augen Formen anzunehmen. Zwar konnte sie noch immer kein Kind erkennen, aber allein die Gewißheit, daß auf diesem Bild das Leben festgehalten war, das in ihr wuchs, zauberte ein glückliches Leuchten auf ihr Gesicht.
»Danke, Herr Doktor«, erklärte sie voller Innigkeit. »Ich danke Ihnen von ganzem Herzen.«
*
Es war ein strahlend schöner Märztag – wie geschaffen für eine romantische Geburtstagsfeier. Leandra hatte den kleinen Tisch auf den windgeschützten Balkon getragen und sehr liebevoll den Kaffeetisch gedeckt, denn Christian hatte versprochen, heuter früher aus dem Büro zu kommen.
Gerade stellte sie noch einen kleinen Blumenstrauß in die Mitte, da hörte sie schon, wie sich der Schlüssel im Schloß drehte. Zu gern wäre sie Christian gleich entgegengelaufen, doch sie zwang sich zu warten, bis er auf den Balkon trat.
»Hallo, Liebes«, grüßte er und nahm Leandra zärtlich in die Arme.
Sie küßte ihn liebevoll. »Alles Gute zum Geburtstag.« Dann trat sie einen Schritt zurück. »Ich habe natürlich auch ein Geschenk für dich. Leider kann ich es dir heute noch nicht überreichen, aber das werde ich in ein paar Monaten nachholen. Einstweilen mußt du mit dem hier vorliebnehmen.« Damit überreichte sie ihm eine kleinen Papierrolle, die mit einer zarten Schleife verziert war.
Christian öffnete das Band, dann blickte er völlig konsterniert auf das Blatt mit den grauen Schatten.
»Was soll das denn sein?« fragte er verständnislos.
Da strahlte ihn Leandra an. »Du hast dir doch immer eine ganz große Familie gewünscht. Nun, mein lieber Chris, wir sind im Begriff, eine Familie zu werden. Und das ist das erste Foto von unserem Nachwuchs.«
Und da begriff er endlich. »Du bekommst ein Kind!«
Mit einem glücklichen Jauchzen nahm er sie in die Arme, dann wirbelte er sie übermütig herum.
»Ich werde Vater!« rief er dabei freudestrahlend aus.
»Ja, und zwar zweifacher Vater.«
Abrupt blieb Christian stehen und stellte Leandra vorsichtig auf den Boden.
»Zweifacher Vater?« wiederholte er gedehnt. »Heißt das.«
Leandra nickte glücklich. »Ja, Chris, ich erwarte Zwillinge. Dr. Daniel hat es mir gestern gesagt.«
Da schloß Christian seine Frau zärtlich in die Arme und drückte sie an sich.
»Zwillinge«, flüsterte er. »Meine Güte, du ahnst nicht, wie glücklich du mich damit machst.«
»Ich mache auch mich selbst glücklich damit«, entgegnete Leandra leise, dann rückte sie ein Stück von Christian ab. »Erinnerst du dich noch? Vor ein paar Monaten wünschte ich mir ein Kind, damit du nicht allein gewesen wärest, wenn ich hätte sterben müssen.«
»Wie könnte ich das jemals vergessen?«
Wieder zog er Leandra in seine Arme, als hätte er Angst, sie jetzt noch zu verlieren.
Glücklich schmiegte sie sich an ihn. »Jetzt bekomme ich zwei Kinder, mit denen ich leben darf.«
*
Leandra ahnte nicht, daß Dr. Daniel in diesem Augenblick ähnliche Gedanken beschäftigten. Er lehnte am Geländer seines Balkons