Dr. Daniel Staffel 1 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 1 – Arztroman - Marie Francoise


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sich die Lage grundlegend geändert.« Er legte seiner Tochter einen Arm um die Schultern und führte sie ins Wohnzimmer. »Komm, ich erzähle dir alles.«

      Aufmerksam hörte Karina zu, dann glitt ein Lächeln über ihr Gesicht.

      »Da hast du einen Menschen…, nein, eigentlich sogar fünf Menschen sehr glücklich gemacht«, meinte sie. »Frau Deichmann hat einen Sohn bekommen, Herr Burgner eine Mutter, die Kinder eine Oma, und Frau Burgner scheint über die Entwicklung auch sehr froh zu sein. Ihr ganzes Leben verläuft jetzt sicher leichter als zuvor.« Mit einem schwärmerischen Glanz in den Augen sah sie ihren Vater an. »Du bist wirklich ein wunderbarer Mensch, Papa.«

      *

      Leandra war mit ihrem Leben restlos zufrieden. Das Weihnachtsfest hatte sie zusammen mit Christian und ihren Adoptiveltern in der kleinen Wohnung gefeiert, die Christian und sie gleich nach der Hochzeit gemietet hatten.

      Anschließend waren alle vier nach Kreta geflogen. Ahilleas holte sie vom Flughafen ab und schloß als erstes seine Schwester in die Arme.

      »Ich hätte Weihnachten so gern mit dir gefeiert«, erklärte er. »Aber ich habe hier gewisse Verpflichtungen.« Er grinste. »Du wirst sie heute noch kennenlernen.«

      Erst jetzt begrüßte er seinen Schwager und das Ehepaar Krenn, dann begleitete er sie alle zu seinem Auto.

      »Es ist zwar nicht das größte seiner Art«, meinte er, »aber ich hoffe, daß wir alle Platz finden werden.«

      »Na ja, wenn die Fahrt nicht weit ist«, entgegnete Leandra.

      Ahilleas machte ein zerknirschtes Gesicht. »Leider schon. Aber ihr werdet von der kretischen Landschaft so begeistert sein, daß ihr die Unbequemlichkeit gar nicht merken werdet.«

      Ahilleas behielt recht. Leandra, Christian und die Krenns konnten sich gar nicht sattsehen an den immer wieder neuen Landschaftsbildern und den vielen Eindrücken, die sie während dieser ersten Fahrt im fremden Land schon aufnahmen.

      Und dann erreichten sie auf der gewundenen schmalen Straße den kleinen Ort Kastell. Strahlend weiße Häuser inmitten bunter Blumenpracht beherrschten das Ortsbild, und Leandra fühlte sich hier sofort wie zu Hause.

      Dann hielt Ahilleas den Wagen an, und wie auf Kommando liefen Inge und Karl heraus, um ihre Tochter stürmisch in die Arme zu schließen.

      »Meine Güte, Leandra, ich habe dich ja so vermißt«, stammelte Inge immer wieder.

      »Jetzt laß mich aber auch mal zu unserer Tochter«, verlangte Karl mit Nachdruck und unüberhörbarem Akzent, der in krassem Gegensatz zu seinem deutschen Namen stand.

      Das fiel auch Leandra auf. Überrascht sah sie ihren Vater an. Karl und Inge wechselten einen Blick, dann meinte Inge: »Ich glaube, wir müssen die Geschichte noch ein letztes Mal erzählen.«

      Karl nickte zustimmend, dann geleitete er seine Tochter in das fremdartig eingerichtete, aber trotzdem sehr gemütliche Haus. Und im Laufe der nächsten zwei Stunden erfuhr Lean­dra, auf welch abenteuerliche Weise das Leben ihrer Eltern verlaufen war.

      »Dann sind Ahilleas und ich eigentlich Prinz und Prinzessin«, meinte Leandra nachdenklich.

      Inge schüttelte den Kopf. »Nein, mein Kind, den Adelstitel haben wir endgültig abgelegt, und ich kann dir nur raten – sei froh, daß du niemals eine Prinzessin sein wirst.«

      »Und wenn überhaupt, dann nur meine Prinzessin«, warf Christian dazwischen.

      Alle mußten lachen, und dieses Lachen vertrieb endgültig die Schatten der Vergangenheit. Sie wollten nichts anderes mehr sein als eine ganz normale Familie.

      *

      Die Wochen auf Kreta vergingen wie im Flug. Leandra blühte förmlich auf. Sie spürte eine Kraft in sich, die sie in den Wochen ihrer Krankheit immer mehr verloren hatte. Auch ihr Haar begann jetzt endlich wieder zu wachsen. Im Augenblick waren es nur kurze Stoppeln, aber die kamen so dicht, daß man ihre spätere Haarpracht schon ahnen konnte.

      Und dann, wenige Tage vor der Abreise nach Deutschland, fühlte Lean­dra zum ersten Mal dieses eigenartige Ziehen in der Brust. Auch ihre Tage waren überfällig, doch das hatte sie zunächst der Klimaveränderung zugeschrieben. Jetzt sah sie dieses Ausbleiben plötzlich in einem völlig anderen Licht. Sollte es bedeuten, daß sich ihr größter Wunsch endlich erfüllen würde?

      Sie wagte es nicht, Christian von ihrem Verdacht etwas zu sagen. Erst mußte sie sicher sein.

      Dann war es soweit. Die Abreise nach Deutschland stand unmittelbar bevor, und der Abschied von ihren Eltern und ihrem Bruder fiel Leandra sehr schwer, doch sie versprachen sich gegenseitig immer wieder, sich nie mehr aus den Augen zu verlieren. Inge, Karl und Ahilleas hatten insgeheim gehofft, Leandra würde Kreta ebenfalls zu ihrer Heimat machen, doch sie fühlte sich in Deutschland doch mehr zu Hause. Außerdem hatte Christian dort seine Arbeitsstelle, und als Hoch- und Tiefbauingenieur hätte er es auf Kreta vermutlich nicht leicht gehabt, eine Stellung zu finden.

      »Bereust du deinen Entschluß nicht?« wollte Christian wissen, als das Flugzeug von der Startbahn abhob. »Immerhin läßt du deine Eltern und deinen Bruder hier zurück.«

      Leandra blickte aus dem Fenster, dann wandte sie sich ihrem Mann zu und lächelte. »Nein, Chris, ich bereue es nicht. Ahilleas kam als Dreizehnjähriger nach Kreta. Er verbindet mit diesem Land einen Teil seiner Kindheit. Ich aber bin in Deutschland aufgewachsen, und jetzt bin ich dort mit dir verheiratet.« Zärtlich drückte sie seine Hand. »Ich freue mich auf zu Hause.«

      Am späten Freitagnachmittag kamen sie in ihre kleine Wohnung, und am Montag – Christian war gerade zur Arbeit gefahren – machte sich Lean­dra auf den Weg nach Steinhausen. Natürlich hätte sie genausogut zu jedem anderen Frauenarzt in München gehen können, doch sie wollte unbedingt zu Dr. Daniel. Immerhin verdankte sie ihm ihr Leben. Hätte er nicht nach ihrer Mutter und ihrem Bruder gesucht, dann wäre sie jetzt wahrscheinlich schon längst tot.

      *

      Der Montagvormittag verlief ausgesprochen ruhig – eine Seltenheit in Dr. Daniels Praxis. Jetzt trat Lena Kaufmann ein und legte eine neue Karteikarte auf seinen Schreibtisch.

      »Die Patientin ist nicht angemeldet«, erklärte sie lächelnd. »Aber ich glaube, Sie werden sich trotzdem freuen, sie zu sehen.«

      Erstaunt sah Dr. Daniel seine Sprechstundenhilfe an, dann warf er einen Blick auf die Karte. Leandra Schütz. Rasch stand er auf.

      »Bringen Sie sie herein«, bat er, konnte es aber nicht mehr erwarten, die junge Frau zu sehen, und trat deshalb gleich auf den Flur.

      Was er dann sah, ließ ihm den Atem stocken. Leandra Schütz hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mehr mit dem blassen jungen Mädchen, das einst in seine Praxis gekommen war.

      »Meine Güte, haben Sie sich aber verändert«, entfuhr es ihm.

      Leandra lachte. »Hoffentlich zu meinem Vorteil.«

      »Sie verstehen es ausgezeichnet zu kokettieren«, meinte Dr. Daniel, dann wies er auf die beiden Sessel, die vor seinem Schreibtisch standen. »Bitte, Frau Schütz, nehmen Sie Platz.«

      Leandra kam seiner Aufforderung nach, dann zog sie ihre Langhaarperücke herunter. »Schauen Sie mal, bald kann ich auch ohne gehen.« Sie fuhr mit einer Hand über ihre dunklen Stoppeln. »Und ich glaube, sie werden noch dichter, als sie früher waren.«

      Mit einem erleichterten Seufzer lehnte sich Dr. Daniel auf seinem Ledersessel zurück. »Es ist eine Wohltat, Sie so zu sehen, Frau Schütz. Und ich finde es unheimlich nett, daß Sie mich besuchen, um mir zu zeigen, wie gut es Ihnen geht.« Er wurde ernst. »Ich habe seit Ihrem ersten Besuch hier mit Ihnen gelitten.«

      »Ich weiß, Herr Doktor«, entgegnete Leandra. Auch sie war jetzt ernst geworden. »Und ich verdanke Ihnen mein Leben.« Dann lächelte sie wieder. »Aber ich bin nicht nur gekommen, um Ihnen zu zeigen, daß ich wirklich geheilt bin, sondern…« Sie machte eine geheimnisvolle Pause. »Ich glaube, ich bin schwanger.«

      Dr.


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