Dr. Daniel Staffel 1 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 1 – Arztroman - Marie Francoise


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schüttelte Dr. Daniel den Kopf. »Sie werden nicht sterben, Frau Schütz. Jetzt, nachdem wir Ihre Mutter und Ihren Bruder kennengelernt haben, kann eine Knochenmarktransplantation durchgeführt werden. Sie werden leben, Frau Schütz, und Sie werden dann auch ein Baby bekommen können.«

      »Herr Doktor…«, stammelte Leandra, während noch immer Tränen aus ihren Augen kullerten. Dann streckte sie beide Arme aus. »Herr Doktor…, ich…, ich möchte Sie umarmen.«

      Bereitwillig beugte sich Dr. Daniel zu ihr hinunter, und voller Innigkeit schlang Leandra beide Arme um seinen Nacken.

      »Na, na, na!« ertönte in diesem Moment die barsche Stimme Professor Thierschs. »Das scheint mir aber doch der verkehrte Mann zu sein.«

      Mit Tränen in den Augen sah Leandra ihn an. »Nein, Herr Professor, das ist schon der richtige. Er hat mir nicht nur meine Muter und meinen Bruder zurückgebracht – er hat mir auch mein Leben geschenkt.«

      Professor Thiersch bedachte Dr. Daniel mit einem kurzen, scharfen Blick, dann öffnete er die Tür ganz.

      »Ihre Mutter steht draußen«, er klärte er. »Darf ich sie hereinschicken?«

      Leandra nickte eifrig. »Natürlich!«

      »Bitte, Frau Herzog«, meinte der Professor, dann wandte er sich Dr. Daniel zu. »Und Sie kommen mit mir hinaus.«

      Kaum standen sie sich auf dem Flur gegenüber, da fragte Professor Thiersch­ in barschem Ton: »Wissen Sie, was ich mit meinen Klinikärzten mache, wenn sie Patienten gegenüber so gewagte Prognosen stellen, wie Sie es eben getan haben?«

      Dr. Daniel nickte. »Diese Ärzte bekommen Strafdienst aufgebrummt, daß ihnen die Rippen krachen.«

      Professor Thiersch nickte bekräftigend. »Genauso ist es! Sind Sie denn auch schon in den Genuß gekommen?«

      Wieder nickte Dr. Daniel. »Ja, ein einziges Mal.«

      »Und trotzdem lassen Sie sich zu einer solchen Leichtsinnigkeit hinreißen? Sie versprechen diesem armen Mädchen Heilung und dabei…« Der Professor unterbrach sich und fügte leiser hinzu: »Die Mutter ist als Spenderin nicht geeignet, und wenn wir mit ihrem Bruder nicht verdammtes Glück haben, dann wird Leandra Schütz in spätestens drei Wochen tot sein, denn dann ist ihr Lebensmut endgültig gebrochen.«

      Dr. Daniel schloß sekundenlang die Augen.

      »Es tut mir leid, Herr Professor«, brachte er mühsam hervor. »Aber ich dachte…«

      Professor Thiersch nickte. »Ich weiß schon, Daniel. Wir alle wünschen uns, daß das Mädchen wieder gesund wird. Und unter uns gesagt – nachdem es sich bei dem Jungen um einen Zwillingsbruder der Patientin handelt, stehen die Chancen wirklich nicht schlecht.«

      *

      Währenddessen hatte Inge Herzog am Bett ihrer Tochter Platz genommen. Mit brennenen Augen betrachtete sie das Mädchen, das sie zuletzt als Neugeborenes gesehen hatte – ein paar Minuten lang, dann hatte man es ihr weggenommen.

      »Leandra«, flüsterte sie und streichelte sanft über das zarte Gesicht.

      »Mutti«, erwiderte Leandra mit zitternder Stimme, dann bedeckte sie ihr Gesicht mit den Händen. »Ausgerechnet so mußt du mich sehen. Schläuche überall und dann… meine Haare…, ich hatte so schönes Haar…«

      Inge versuchte, ihre Tochter in die Arme zu nehmen, was bei den vielen Infusionsschläuchen, die aus ihrem Arm hingen, gar nicht so einfach war.

      »Mach dir darüber keine Gedanken, Liebling«, meinte sie. »Du bist doch mein Kind.« Und dann konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. »O Gott, ich hatte solche Sehnsucht nach dir. All die Jahre habe ich dich so entsetzlich vermißt.« Prüfend sah sie ihre Tochter an. »Hattest du es gut?«

      Leandra nickte voller Überzeugung. »Mama und Papa waren immer sehr lieb zu mir.«

      Inge atmete auf. »Dann ist es gut. Und wenn du erst gesund bist, dann ziehst du zu uns und…«

      »Mutti«, fiel Leandra ihr ins Wort. »Ich bin verheiratet.«

      Inge konnte ihre Überraschung nicht verbergen. »Verheiratet? Aber… du bist doch erst achtzehn! Ein halbes Kind noch!«

      Lächelnd schüttelte Leandra den Kopf. »Nein, Mutti, ein Kind bin ich nicht mehr. Und das mit der Hochzeit…« Sie wurde ernst. »Ich hatte mir auch alles anders vorgestellt, aber meine Krankheit…, ich wollte noch Mutter werden, bevor ich sterbe.« Sie tastete nach Inges Hand. »Aber jetzt bist du da. Jetzt darf ich weiterleben.«

      Inge wich ihrem Blick aus. Der Professor hatte ihr gesagt, daß sie als Spenderin nicht geeignet sei, doch das durfte sie Leandra nicht sagen, um ihren gerade neugewonnenen Lebenswillen nicht wieder zu zerstören. Und so zwang sie sich, ihre Tochter anzulächeln.

      »Ja, Liebes, jetzt wird alles gut.«

      Und dabei schickte sie ein Stoßgebet zum Himmel, daß mit Ahilleas’ Hilfe Leandras Leben doch noch gerettet werden konnte.

      *

      Am Sonntagvormittag bekam Silvia Burgner Besuch von ihrem Mann, den beiden Kindern und Anna Deichmann. Voller Herzlichkeit ergriff Silvia die Hand der Frau.

      »Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll, Frau Deichmann«, erklärte sie. »Wenn Sie nicht so selbstlos…«

      »Ach was«, wehrte Anna bescheiden ab. »Ich habe doch ohnehin nichts zu tun. Und die beiden Kleinen sind so lieb und brav – da macht die Arbeit doppelt Spaß.« Sie schwieg kurz, dann gestand sie: »Und Sie können sich gar nicht vorstellen, wie schön es ist, endlich mal wieder gebraucht zu werden.«

      Sie nahm Tanja und Stefan bei der Hand. »So, ihr zwei, wir werden die Mami und den Papi jetzt mal ein bißchen allein lassen. Hinter der Klinik soll es einen wunderschönen Park geben, da könnt ihr ein bißchen herumtoben. Vielleicht bringen wir auch einen Schneemann zustande, wenn wir alle zusammen helfen.«

      »Au fein!« jubelte Tanja, dann zog sie Anna an der Hand hinter sich her – so schnell, daß der kleine Stefan Mühe hatte, Schritt zu halten.

      Richard und Silvia sahen ihnen noch nach, dann wandte sich Richard seiner Frau zu und küßte sie zärtlich.

      »Ich weiß gar nicht, was wir ohne Frau Deichmann tun würden«, erklärte er. »Sie ist eine herzensgute Frau, und sie kann mit den Kindern so gut umgehen – erstaunlich, wenn man bedenkt, daß sie nie eigene Kinder hatte. Und kochen kann sie wirklich ausgezeichnet.«

      »Na, na, soll das vielleicht heißen, daß ich nicht kochen kann?« Silvia spielte die Beleidigte nur, und Richard kannte sie gut genug, um das zu wissen, trotzdem spielte er mit.

      »Aber, Liebes, du bist doch meine Meisterköchin!« versicherte er. »Und ich freue mich schon, wenn du endlich wieder zu Hause bist.«

      Silvia wurde ernst. »Ach, Richard, wenn ich das alles nur schon hinter mir hätte. Ich habe entsetzliche Angst vor dieser Operation. Wenn mir nun recht häßliche Narben bleiben?«

      Liebevoll nahm Richard sie in die Arme. »Keine Angst, mein Schatz, die machen so etwas sicher nicht zum ersten Mal. Und selbst wenn Narben bleiben würden – glaubst du, daß ich dich deswegen weniger lieben werde? Schließlich habe ich dich doch nicht wegen deiner Brust geheiratet.«

      Silvia lächelte ihn an. »Das hast du lieb gesagt.« Sie seufzte. »Dr. Scheibler hat mir auch schon xmal versichert, daß die Narben erfahrungsgemäß gut verheilen, aber ich habe trotzdem Angst.«

      In diesem Moment klopfte es, dann schaute Dr. Daniel zur Tür herein.

      »Darf ich stören?« fragte er lächelnd.

      Richard stand auf und kam ihm entgegen. »Natürlich, Herr Doktor.« Er reichte ihm die Hand. »Jetzt kann ich mich noch mal persönlich für Ihre Hilfe bedanken. Am Donnerstag hatte ich es ja leider sehr eilig, um ins Büro zu kommen.« Er schwieg einen Moment, dann fügte er leise hinzu: »Wenn Sie nicht auf die Idee gekommen


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