Seewölfe - Piraten der Weltmeere 35. John Curtis
Anschließend warf er sie sich über die Schulter und ging mit ihr fort. Und Maria Juanita leistete keinen Widerstand.
Er achtete auch nicht mehr auf das Schreien der anderen Mädchen, als seine Männer sich auf sie warfen. Er sah nicht, daß die zwölf Spanier vor dieser Horde entfesselter Männer die Flucht ergriffen und sich schleunigst in Sicherheit brachten. Er spürte Maria Juanita an seinem Körper, und Caligus Blut kochte bei jedem Schritt, den er tat, immer mehr.
Erst als die Sonne im Meer versunken war und die Spanier den Portugiesen längst begraben hatten, kehrte wieder Ruhe ein. Die meisten Mädchen hatten sich zurückgezogen, die Männer zündeten Feuer an. Stillschweigend ordneten sich die Spanier Caligu unter, denn sie wußten, daß er der einzige war, der sie vor seiner Horde von Piraten und Mördern schützen konnte. Caligu tat das, weil er sie brauchte, jedenfalls vorläufig noch. Es lag nicht in seiner Absicht, die Spanier schon jetzt umbringen zu lassen.
Caligu saß mit Maria Juanita allein an einem der Feuer. Wieder und wieder starrte er zu der Karavelle hinüber, die gerade noch sichtbar auf der anderen Seite der Bucht lag.
Plötzlich sah er die Frau an seiner Seite an.
„Ich will dieses Schiff haben“, sagte er in die Stille hinein. „Heute nacht noch. Und dich nehme ich mit an Bord, du bleibst bei mir.“
Caligu sagte das in einem Ton, der gar keinen Widerspruch zuließ. Dann zog er Maria Juanita plötzlich zu sich heran.
„Sobald es dunkel ist, fangen wir an. Ein Boot haben wir noch, das reicht. Dann werde ich mir von den Spaniern diejenigen aussuchen, die ich brauchen kann. Ich habe viele meiner Leute verloren. Im Kampf mit diesem schwarzhaarigen Bastard und als meine Galeone in die Luft flog. Das muß ein Fressen für die Haie gewesen sein!“ Er lachte roh, aber gleich darauf verfinsterte sich sein Gesicht, und er zog Maria Juanita noch näher zu sich heran.
„Wer ist dieser Hund? Los, rede, du kennst den Kerl doch, oder?“
Juanita wand sich in seinem Griff, sie funkelte ihn wütend an.
„Hör zu, du Ochse, du kannst jederzeit deinen Spaß mit mir haben, denn du bist ein Kerl nach meinem Geschmack. Aber faß mich nicht so an!“
Irgend etwas in ihrem Ton ließ Caligu stutzig werden. Unwillkürlich lokkerte er seinen Griff. Seine Blicke forschten in ihrem Gesicht, aber sie ließ ihm keine Zeit, etwas zu sagen.
„Man nennt den Schwarzhaarigen den Seewolf. Jedenfalls seine Männer erwähnten diesen Namen, wenn sie von ihm sprachen. Ich kann dir auch nicht viel über ihn sagen, denn dieser Satan hat meine Mädchen und mich sofort an Land gejagt. Der Hundesohn wußte genau, wie gefährlich es ist, wenn Mädchen eine Crew erstmal zum Sieden bringen. Aber da ist noch etwas anderes, was dich und mich interessieren sollte.“
Caligu starrte sie an, aber Maria Juanita legte absichtlich eine Pause ein, um ihm einzuheizen.
„Also, was sollte ich wissen?“ fragte er schließlich, und sie merkte, daß sie den Bogen besser nicht überspannen sollte.
„Du solltest wissen, daß dieser schwarze Bastard die ganze Galeone voller Gold und Juwelen hat. Schätze, wie ich sie noch niemals zuvor in meinem Leben gesehen habe. Sie haben sie hier in der Bucht auf das große Schiffe umgeladen – mit dem kleinen, das dort hinten in der Bucht liegt, ist er hergesegelt. Er verfügt nur über eine kleine Mannschaft, aber dieser Kerl versteht zu kämpfen, und er ist listig. Er hat den Spaniern die stark bewaffnete und viel größere Galeone mit einer List abgenommen, indem er einfach den Generalkapitän zu sich an Bord ließ und ihn dann gefangennahm.“
Caligu hatte zugehört, ohne Maria Juanita zu unterbrechen.
„Voller Gold und Juwelen sagst du?“ fragte er. „Wer hat das gesehen, woher willst du das wissen?“
„Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen. Ganz aus der Nähe, aber diese Tölpel haben mich nicht bemerkt.“
Wieder schwieg sie. Und auch Caligu starrte vor sich auf den Boden, nur in seinen Zügen arbeitete es. Seine Augen begannen gierig zu funkeln.
„Wir holen uns das Schiff“, sagte er dann. „Dieser Seewolf hat bei mir noch was gut, den bringe ich eigenhändig um. Aber er wird nicht gleich tot sein, du sollst sehen, was Caligu mit seinen Feinden tut.“
Er griff plötzlich nach ihr. Seine Finger glitten über ihre Brüste, schoben sich an ihrem Leib hinab bis zu den Schenkeln.
Juanita wollte ihn abwehren.
„Ich denke, du willst die Karavelle, du ...“
„Nachher, jetzt will ich erst dich. Ich habe viel nachzuholen!“ Er lachte sein dröhnendes Lachen und wischte die Hände, die ihn abwehren wollten, einfach zur Seite. Und Juanita ergab sich in ihr Schicksal. Mit einem Seufzer ließ sie ihn gewähren und spürte gleichzeitig, wie Caligu auch ihre Sinne entflammte.
2.
Die Vorgänge in der Bucht unten waren nicht unbeobachtet geblieben. Die Spanier, die sich von Anfang an in das Innere der Insel zurückgezogen und es abgelehnt hatten, sich an dem Angriff auf den Seewolf zu beteiligen, waren Zeugen von der wilden Orgie der Piraten und dem vorausgegangenen Zweikampf zwischen Caligu und dem Portugiesen geworden.
Stillschweigend hatten sie Valdez als ihren Führer akzeptiert, denn er hatte von ihnen allen die größte Erfahrung und Umsicht. Valdez war einer jener ewigen Landsknechte, die nie den Ehrgeiz besessen hatten, Unterführer oder gar mehr zu werden, die aber dessen ungeachtet über, einen ganz beträchtlichen Schatz an Erfahrungen und auch Weitblick verfügten.
Er gab sich in bezug auf Caligu und seine Bande keinerlei Illusionen hin. Für ihn waren die Piraten eine Bande von Mördern und Halsabschneidern, die ohnehin an die erstbeste Rah gehörten, und zwar mit einer soliden Schlinge um den Hals. Er hatte aber ebenso klar erkannt, daß sie selbst bei zahlenmäßiger Übermacht Caligu und seinen Männern hoffnungslos unterliegen würden, wenn sie sich auf einen offenen Kampf mit seiner Bande einließen.
Aber irgend etwas mußte geschehen, darüber war Valdez sich im klaren, und darüber hatte er den ganzen Tag schon nachgegrübelt. Sie mußten auf jeden Fall von dieser Insel wieder fort. Es konnte Jahre dauern, bis sich mal wieder ein Schiff hierher verirrte. Angenommen, die Piraten besetzten die Karavelle. Im offenen Kampf, das war ihm ebenfalls klar, konnte er das vor Anker liegende Schiff, auf dem im Moment immer noch einsam und verlassen der Generalkapitän Don Francisco Rodriguez hauste, nicht erobern. Er und seine Männer brauchten das Schiff jedoch, wenn sie überhaupt eine Chance haben wollten, Spanien jemals wiederzusehen.
Außerdem gab es da noch einen weiteren Punkt, der Valdez erhebliche Kopfschmerzen bereitete. Früher oder später würden ihn die anderen – unter der Führung der Piraten – jagen und auch stellen, schon damit für alles, was noch geschehen würde, keine Zeugen mehr existierten. Ganz besonders diese Maria Juanita fürchtete er.
So hatte Valdez das einzige getan, was er unter diesen Umständen tun konnte: Er hatte seine Chance wahrgenommen.
Während die Piraten mit Juanita und ihren Mädchen eine geradezu schamlose Orgie feierten, bei der es Vergewaltigungen vor aller Augen am laufenden Band gab, schlich er mit seinem Trupp von Männern an den Piraten vorbei zum Strand, vor dem die Karavelle lag. Ein Boot hatte er nicht, so mußten sie das letzte Stück eben schwimmen. Valdez und die Seinen hatten Glück, die Haie ließen sich in dieser Nacht nicht blikken.
Der Generalkapitän empfing Valdez und seine Männer mit Freuden. So wenig er sich früher jemals um den alten Haudegen gekümmert hatte, in der gegenwärtigen Situation war ihm ein solcher Mann hochwillkommen. Aus diesem Grund hatte er auch keinerlei Einwände, daß Valdez an Bord das Kommando übernahm – natürlich, ohne den Generalkapitän selbst mit irgendeiner Weisung zu behelligen.
Zu dem Zeitpunkt, als Juanita und Caligu miteinander berieten, wie sie die Karavelle noch im Laufe der Nacht in ihre Hand kriegen konnten, ohne daß es den anderen Spaniern auf der Insel auffallen würde, stand Valdez zusammen mit dem Generalkapitän