Seewölfe - Piraten der Weltmeere 35. John Curtis

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 35 - John  Curtis


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können wir nicht, Senor“, erwiderte er ruhig. „Von meinen Männern ist keiner Seemann. Wir sind nicht imstande, dieses Schiff zu segeln. Wir brauchen wenigstens ein paar Leute von der alten Besatzung. Aber die werden wir nicht kriegen, denn die Piraten werden sich die Galeone selbst unter den Nagel reißen wollen.“

      Der Generalkapitän sah Valdez an. Er zupfte an seinen kostbaren Kleidern aus Samt und Seide.

      „Aber wenn das nicht geht, Valdez“, er schüttelte konsterniert den Kopf, „dann war die Besetzung der Karavelle doch völlig sinnlos. Was wollen Sie dann mit dem Schiff? Und wie wollen Sie ohne Besatzung je nach Spanien zurückkehren?“

      Valdez trat an das Schanzkleid. Einen Moment starrte er in die dunklen Fluten, auf denen sich das Schiff langsam hob und senkte.

      „Nein, Senor, es war nicht sinnlos, die Karavelle zu besetzen. Es gibt da eine Möglichkeit ...“

      Er konnte seinen Satz nicht zu Ende sprechen, denn in diesem Moment enterte eine der Wachen zum Achterkastell auf.

      „Senor – da drüben in der Bucht – ich glaube, die Piraten wollen jetzt unser Schiff kapern, wir ...“

      Mit ein paar Schritten war Valdez an der achteren Reling des Achterkastells. Wortlos starrte er auf die Wasserfläche der Bucht hinaus. Und richtig, auch er erkannte das große Boot, das eben mit allerlei Gerät beladen wurde. Deutlich sahen sie die Männer im Schein der Feuer hin und her eilen und Waffen und Geräte an Bord des Bootes verstauen.

      „Du hast recht, Alfredo“, sagte er nach einer Weile. „Ich glaube auch, daß sie es jetzt versuchen wollen. Ganz bestimmt rechnen sie nicht damit, daß wir bereits an Bord sind. Aber wir werden ihnen einen heißen Empfang bereiten, den sie nicht so schnell vergessen werden.“

      Der Generalkapitän trat auf Valdez zu.

      „Was haben Sie vor, Valdez? Nein, das können wir nicht riskieren, uns mit diesen Piraten anzulegen. Die hängen einen nach dem anderen von uns an die Rahnock, wenn wir unterliegen. Es ist besser, wenn ich jetzt wieder das Kommando an Bord und die volle Verantwortung für das übernehme, was geschieht.“

      Valdez trat hart an den Generalkapitän heran.

      „Aufknüpfen werden sie uns sowieso, ganz gleich, ob wir unterliegen oder kapitulieren. Nein, das alles ist kein Ausweg für uns. Deshalb trete ich Ihnen das Kommando auch nicht wieder ab. Ich fühle mich für meine Männer verantwortlich. Wir werden kämpfen, Senor.“

      Valdez versammelte sein Häuflein von Soldaten um sich und erklärte ihnen, was er vorhatte.

      Die Männer überlegten einen Augenblick, aber dann stimmten sie zu.

      „Valdez hat recht. Wir müssen den Kerlen einen heißen Empfang bereiten, nur dann, wenn wir sie jetzt zurückschlagen, haben wir eine Chance.“

      Don Rodriguez hatte aber immer noch nicht begriffen.

      „Und dann, wenn wir sie wirklich abgeschlagen haben? Sie werden einen zweiten Angriff versuchen, dann werden wir die Verlierer sein. Und überhaupt, was nutzt es uns denn, wenn wir erreichen, daß sie unser Schiff nicht entern? Wie sollen wir dann nach Spanien segeln? Sie haben doch selbst gesagt, Valdez, daß ...“

      Valdez verlor die Geduld. Er wunderte sich jetzt nicht mehr, daß die Spanier solche Schlappen gegen El Draque und den legendären Seewolf einstekken mußten, wenn solche Trottel zu Generalkapitänen ernannt wurden, die derartig begriffsstutzig waren.

      „Warten Sie es ab, Senor. Ich versichere Ihnen, daß ich genau weiß, wie ich erreichen werde, was ich erreichen will. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, wir müssen unsere Vorbereitungen treffen.“

      Valdez verließ das Achterkastell und eilte mit seinen Männern über das Deck. Wenige Augenblicke später herrschte an Bord der ehemaligen „Isabella IV. – ex Cartagena“ geschäftiges Treiben. Aber die Männer vermieden jedes laute Kommando, kein offenes Licht wurde an Deck gezeigt.

      Für Caligu und seine Piraten erweckte die Karavelle den Anschein, als ob sie nach wie vor völlig verlassen daläge.

      Als das Boot vom Strand abstieß, saß Caligu wieder am Ruder. Neben ihm Maria Juanita, die wie versessen darauf gewesen war, mit von der Partie zu sein. Auch sie hielt ein langes Entermesser in der Hand.

      Das Boot stieß ab, die Piraten tauchten die Riemen ein. Caligu hatte seine besten Männer ausgewählt – und er konnte eigentlich gar nicht sagen, warum. Er rechnete mit keinem Widerstand, dennoch warnte ihn sein Instinkt immer wieder. Irgend etwas mit dem Schiff da draußen auf der anderen Seite der Bucht stimmte nicht.

      Juanita sah, wie er in die Dunkelheit lauschte, während die Piraten die umwickelten Riemen nahezu geräuschlos ins Wasser tauchten – eine Maßnahme, über die sie gemurrt und gelästert hatten, aber Caligu war unerbittlich geblieben.

      „Du siehst Gespenster, Caligu“, sagte Juanita, „Auf diesem Kahn hockt nur der feiste Generalkapitän, und der ist nun wirklich nicht zum Fürchten.“ Sie stieß ein gurrendes Lachen aus. „Also, wenn ich mir wieder vorstelle, wie er mich oder eine von uns ...“ Sie schüttelte sich vor Lachen.

      Aber dann wurde sie plötzlich wieder ernst. „Dennoch, ein Gutes hat dieser lächerliche Popanz doch, Caligu“, sagte sie zu dem riesigen Piraten.

      Aber der schien ihr gar nicht zuzuhören, und Juanita packte die Wut. Wenn sie alles vertragen konnte – das nicht. Sie hieb ihm ihren Ellenbogen in die Seite, daß Caligu wie der Blitz herumfuhr. Wütend funkelte er sie an, aber wieder schnitt sie ihm sofort das Wort ab.

      „Hör mir zu, du Büffel, wenn ich mit dir rede. Denn was ich zu sagen habe, ist wichtig, kapiert?“

      Caligu starrte sie wütend an. Dann packte er sie und zog sie dicht an sich heran.

      „Du nimmst dir reichlich viel heraus“, sagte er, und seine Stimme hatte dabei einen Klang, der ihr einen Schauer über den Rücken jagte. „Jede andere hätte ich längst den Haien zum Fraß vorgeworfen, hüte deine Zunge, Weib!“

      Juanita wußte, daß sie hoch spielte, aber sie dachte gar nicht daran, aufzugeben.

      „Wenn ich dir sage, daß es wichtig ist, was ich mit dir besprechen will, dann ist es das auch, und dann kannst du mir gefälligst zuhören. Oder glaubst du, daß wir uns Fehler leisten können, die uns einen Haufen Geld kosten?“

      Caligu blickte sie verständnislos an. „Geld? Wieso das?“

      Juanita nickte. „Ich weiß, du hättest diesen Generalkapitän einfach erschlagen und über Bord geworfen. Das wäre falsch, Caligu, denn dieser Kerl bringt uns von den Spaniern ein dickes Lösegeld ein. Er mag eine so lächerliche Figur sein, wie er will, aber er ist aufgrund seiner Informationen für die spanische Krone wichtig. So bescheuert sind die Dons auch nicht, daß sie ihn für nichts und wieder nichts in eine solche Stellung aufrücken lassen!“

      Caligu hatte sie längst losgelassen. In seinem Kopf arbeitete es. Er war nicht dumm, aber er hatte auch nicht die Intelligenz, über die Maria Juanita verfügte. Caligu war gerissen, ein Mann, der nie um einen Trick verlegen war. Er verließ sich auf seine Stärke, auf seine Schnelligkeit, auf seinen Mut.

      „Verdammt, Juanita“, sagte er schließlich. „Du hast recht, und ich Idiot wollte diesen Goldfisch über die Klinge springen lassen.“

      Er gab seinen Männern durch Zeichen zu verstehen, daß sie sofort mit Pullen aufhören sollten.

      „Hört mir alle gut zu“, sagte er leise zu den Männern im Boot. „Auf dem Schiff dort drüben befindet sich ein Generalkapitän der Spanier. Diesem Kerl wird kein Haar gekrümmt. Aber wer ihn entwischen läßt, ist ein toter Mann. Der Bursche wird uns ein kräftiges Lösegeld einbringen, außerdem kann er uns vielleicht noch als Geisel nützlich werden, für den Fall, daß die Dons uns doch noch mal mit ein paar ihrer schweren Schiffe stellen. Immerhin stehen wir auf ihrer Wunschliste ganz oben!“ Caligu lachte leise vor sich hin, und seine Männer fielen ein.

      Er gab das Zeichen


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