DAS GOLD DER INKA (Drake Ramsey). Russell Blake

DAS GOLD DER INKA (Drake Ramsey) - Russell Blake


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du dich weiter um den Haushalt, ich erkläre hier gerade die Regeln des Hauses!«

      Der erleuchtete Durchgang zur Küche verdunkelte sich, als Allies schlanke Silhouette im Türrahmen erschien. Das warme Licht hinter ihr verlieh ihren Haaren einen regelrechten Heiligenschein, als sie das Gesicht verzog. »Ja, das habe ich gehört. Keine Vergewaltigungen. Gute Regel. Vielleicht sollte ich das auf die Kissen sticken: Süße Träume, aber keine Vergewaltigungen, alles klar?«

      »Ich glaube, ich sollte wirklich …«, setzte Drake an, aber Allie unterbrach ihn. »Ich bestehe darauf. Und verrammle lieber deine Tür! Schließ' zweimal ab, damit dir niemand auf die Pelle rückt. Denn diese texanischen Frauen sind geradezu liebestoll, die fressen dich auf wie Schwarze Witwen. Stimmt’s, Dad?«

      Jack sah Drake mit müdem Gesichtsausdruck an und zuckte mit den Schultern. »Vielleicht wirst du das Messer doch noch brauchen.«

      »Das ist kein Problem, ich kann Karate!«, grinste Drake.

      Kapitel 11

      Die Nacht verging für Drake im absoluten Schleichtempo, denn er wälzte sich unentwegt hin und her, während seine Gedanken endlos um die Dinge kreisten, die ihm Jack über seinen Vater gesagt hatte. Gegen zwei Uhr morgens driftete er dann endlich in einen leichten Schlaf, und kein zartes Klopfen an die Tür oder andere Einladungen zu romantischer Zweisamkeit unterbrachen ihn.

      Geweckt wurde er stattdessen von klappernden Pfannen aus der Küche sowie dem Geruch von Kaffee und Schinkenstreifen. Das ließ ihm regelrecht das Wasser im Mund zusammenlaufen. Nach der eiligen Dusche in einer antik anmutenden Wanne kämmte er sich die nassen Haare, zog sich Jeans und ein Shirt an und durchquerte das Haus, um Allie in der Küche zu treffen. Jack beobachtete ihre haushälterischen Bemühungen vom Esstisch aus, eine dampfende Tasse Kaffee vor sich.

      »Da ist er ja. Wie hast du geschlafen?«

      »Super, wie ein Baby«, log Drake, wobei er heimlich Allie beäugte, die gerade drei Eier in eine Pfanne schlug und diese mit einer Gabel verrührte.

      »Ich hoffe, Rühreier sind okay. Das ist die einzige Art, die ich kann«, sagte sie.

      »Ich liebe Rühreier, vor allem mit Bacon!«

      »Dann ist heute dein Glückstag. Geht gleich los!«

      Das Frühstück war köstlich. Als Jack fertig war, ging er mit seiner zweiten Tasse Kaffee ins Wohnzimmer und machte es sich in seinem Sessel gemütlich. Drake gesellte sich zu ihm, nachdem Allie ihn aus der Küche gescheucht hatte; diesmal durfte er nicht beim Abspülen helfen. Stattdessen setzte er sich aufs Sofa und ging noch einmal das Fotoalbum durch, wobei er diesmal ein halbes Dutzend Bilder vorsichtig herauslöste.

      »Ich lasse mir die kopieren und bringe sie dann zurück. Es wird ja hier bestimmt irgendwo einen Laden mit ’nem Scanner geben«, sagte er.

      »Das ist nicht nötig, die gehören jetzt dir, und das gönne ich dir von ganzem Herzen. Dein alter Herr hätte es genau so gewollt.«

      »Nein, ernsthaft. Die gehören mindestens genauso gut dir wie mir. Das ist doch schließlich ein Teil deiner Vergangenheit!« Drake machte eine Pause, hatte er doch die ganze Nacht hin und her überlegt, ob er dem Freund seines Vaters die Wahrheit sagen sollte. »Jack, ich war nicht ganz ehrlich zu dir. Also, als ich dir gesagt habe, dass Patricia mir nur ein paar Informationen hinterlassen hat. Es war viel mehr als das … sie hat mir das komplette Notizbuch meines Vaters hinterlassen.«

      Jack starrte ihn an und lehnte sich nach vorne, dann raunte er: »Das Notizbuch? Du hast es?«

      »Ja. Patricia hat es mir vererbt. Ich habe aber nicht die ganze Tragweite begriffen, bis ich mit dir darüber sprach. Ich wusste nicht, dass es mehr ist, als die Aufzeichnungen eines Mannes, der vergeblich hinter einem Traum herjagte.«

      Als Jack seine Kaffeetasse erneut zum Mund führte, konnte Drake sehen, dass seine Hand zitterte … nur ein ganz kleines Bisschen.

      »Und, hast du es gelesen?«

      Drake nickte. »Habe ich. Für sich genommen ist es schon ein beeindruckendes Dokument. Mit den Informationen, die du noch beigesteuert hast, ergibt das Ganze allerdings noch mal ein umfassenderes Bild.« Drake zögerte. »Allerdings geht es bei der Geschichte anscheinend sogar noch um mehr, als nur Paititi. Was vielleicht auch erklärt, warum Ex-KGB-Leute aufgetaucht sind.« Drake erzählte ihm von den Regierungsbeamten, die seinen Vater kontaktiert hatten, und Jack sah daraufhin aus, als hätte ihm jemand in die Magengrube getreten.

      Er stellte seine Tasse ab. »Ich hatte ja keine Ahnung, dass dein Vater irgendwelche Absprachen mit der Regierung hatte. Das kann ich fast gar nicht glauben! Was wollten sie denn bloß, und warum hat er nie was gesagt …« Jack kniff die Augen zusammen und starrte Drake misstrauisch an. »Warum erzählst du mir das?«

      »Das war der letzte Eintrag in seinem Notizbuch.« Drake überlegte, wie er fortfahren sollte. »Und ich erzähle es dir, weil ich deine Meinung dazu hören will … und weil ich denke, dass das Notizbuch vielleicht eine einzigartige Möglichkeit bietet.«

      »Eine Möglichkeit?«, echote Jack in unguter Vorahnung. »Was für eine Möglichkeit?«

      »Ich weiß, das klingt vielleicht irre, aber ich sehe da eine Chance, die Vision meines Vaters wahr werden zu lassen. Erfolg zu haben, wo er gescheitert ist.«

      Jacks Mundwinkel verzogen sich nach unten und er schüttelte den Kopf. »Nein. Auf gar keinen Fall. Dein Vater hat auf der Jagd nach diesem Phantom sein Leben verloren. Ich würde sagen, damit sind genug Ramseys auf dem Altar der Inka geopfert worden.«

      »Da gebe ich dir recht. Und deswegen bin ich auch nicht sicher, was ich tun soll. Aber wenn ich mir jetzt so mein bisheriges Leben anschaue, steht da eine dicke fette Null. Ich lebe in einer Gegend, die ich nicht mag, mache einen Job, den ich hasse, und ich habe kein … kein Ziel, auf das ich hinarbeite. Ich dachte immer, ich wäre gerne ein Enthüllungsreporter, aber vielleicht geht es mir in Wahrheit genau um das, was mein Vater gemacht hat. Er hat recherchiert, wo der größte Schatz aller Zeiten versteckt sein soll, und mir schwebt eine Karriere vor, in der ich genau solche großen Geschichten recherchiere. Damit will ich sagen, es hat alles mit Recherche zu tun. Aber erst jetzt, wo ich seine Notizen gelesen und mit dir gesprochen habe, weiß ich, warum ich das so anziehend finde. Es muss Vererbung sein. Irgendwas Genetisches im Blut der Ramseys. Keine Ahnung.«

      »Mein Junge, eines muss ich dir ganz klar sagen: Paititi hat schon mehr Menschen das Leben gekostet, als der Everest. Das ist keine Herausforderung, die man mal eben angeht, weil einem langweilig ist. Dieser Dschungel nimmt keine Gefangenen, da findest du jede Variante aller hochgiftigen Gefahren, die unser Planet zu bieten hat, und noch einiges mehr. Meterlange Schlangen, Spinnen, die so groß sind wie meine Faust, Alligatoren und Jaguare, außerdem Indianer, die dir ohne mit der Wimper zu zucken die Kehle durchschneiden, Schmuggler, Diebe … kurz gesagt, es ist der gefährlichste Ort der Welt. Niemand von klarem Verstand würde freiwillig dorthin gehen, niemand!«

      »Vielleicht bin ich ja nicht bei klarem Verstand. Mein Vater war es jedenfalls demnach auch nicht. Aber wenigstens hat er sich lebendig gefühlt. Ich fühle nichts. Es kommt mir vor, als würde ich durch das eine Leben, dass ich habe, einfach nur Schlafwandeln – als würde ich eine Rolle in einem Stück spielen, wo man sich bei der Besetzung vertan hat. Bisher konnte ich nicht mit dem Finger darauf zeigen, aber jetzt nimmt es langsam Gestalt an.«

      »Dein Vater ist tot wegen dieses verfluchten Schatzes, Junge!«

      »Nein, er ist tot, weil er von Russen ermordet wurde. Das hast du selbst gesagt. Und ich glaube, genau da liegt dein Fehler. Du machst sein Ziel für etwas verantwortlich, das auf dem Weg dorthin passiert ist.«

      Jack schnaubte verächtlich. »Warum erzählst du mir das alles?«

      »Wenn ich mich entscheide, nach Paititi zu gehen, brauche ich Hilfe!«

      Jack sprang auf. »Du wirst mehr als Hilfe brauchen! Du brauchst einen Psychiater, weil du eindeutig ’ne Schraube locker hast! Ich wusste


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