Historische Romane von Henryk Sienkiewicz. Henryk Sienkiewicz

Historische Romane von Henryk Sienkiewicz - Henryk Sienkiewicz


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sie noch fallen oder herabhüpfen konnte, sprang Zbyszko vor wie eine Wildkatze und fing sie in seinen Armen auf.

      Die Fürstin, welche zuerst vor Schrecken laut geschrien hatte, lachte sogleich wieder und rief: »Das ist Dein Ritter, Danusia! Sei uns gegrüßt, o Ritter, und gieb uns die liebliche Sängerin zurück.«

      »Allzu keck war die Art, wie er sie auffing!« ließen sich nun die Stimmen einiger Hofleute vernehmen.

      Danusia immer noch in seinen Armen haltend, ging Zbyszko indessen auf die Fürstin zu. Das junge Mädchen hatte die eine Hand um seinen Hals geschlungen, während sie mit der andern die Laute emporhob, aus Furcht, das Instrument zu zerbrechen. Obwohl sie etwas erschreckt aussah, spielte dennoch ein Lächeln um ihre Lippen.

      Als der Jüngling die Fürstin erreicht hatte, stellte er Danusia vor sich hin, er selbst aber kniete nieder, richtete stolz das Haupt auf und sagte mit einer für sein Alter erstaunlichen Kühnheit:

      »Euern Worten gemäß soll es sein, edle Herrin! Es ist an der Zeit für dieses liebliche Jungfräulein, ihren Ritter zu wählen, an der Zeit auch für mich, eine Herrin zu wählen, deren Schönheit und Tugend ich verehren kann. Mit Eurer Erlaubnis werde ich das Gelöbnis ablegen, ihr unter allen Wechselfällen des Lebens Treue zu bewahren bis zum Tode.«

      Auf dem Gesichte der Fürstin malte sich eine gewisse Verwunderung, aber weniger über Zbyszkos Worte, als darüber, daß alles so plötzlich kam. Es war zwar keine polnische Sitte, sich dem Dienste einer Herrin zu weihen, aber an der deutschen Grenze, in Masovien, wo häufig Ritter aus fernen Ländern zusammenströmten, kannte man sie besser als in andern Gegenden und ahmte sie sogar häufig nach. Die Fürstin hatte schon früher am Hofe ihres großen Vaters davon gehört, wo alle Sitten des Westens als Gesetz und nachahmungswürdiges Beispiel betrachtet wurden, deshalb erschien ihr das Vorhaben Zbyszkos nicht derart, daß sie oder Danusia dadurch hätte verletzt werden können. Im Gegenteil, sie freute sich, daß Herz und Augen eines Ritters sich dem lieblichen Hoffräulein zuwendeten. Daher sagte sie in heiterem Tone zu dem jungen Mädchen: »Danuska! Danuska! Willst Du ihn zu Deinem Ritter haben?«

      Und die Kleine mit den herabwallenden Haaren hüpfte in ihren roten Schühchen zuerst dreimal in die Höhe, schlang dann den Arm um den Hals der Fürstin und rief mit dem Entzücken eines Kindes, dem man ein Spielzeug versprochen hat, woran sich sonst nur ältere Leute ergötzen dürfen: »Ja, ja, ich will ihn zum Ritter haben.«

      Die Fürstin lachte, bis ihr die Thränen in die Augen traten, und mit ihr lachte der ganze Hof. Sich Danusias Armen entwindend sagte sie schließlich zu Zbyszko: »Nun gelobe Dich Deiner Herrin an. Was aber wirst Du ihr geloben?«

      Und trotz des Gelächters unerschütterlichen Ernst bewahrend, erklärte Zbyszko, ohne sich von den Knien zu erheben: »Ich gelobe ihr, daß ich, in Krakau angelangt, meinen Schild in der Herberge aufhängen und ein Blatt daran befestigen werde, worauf von der Hand eines schriftkundigen Klerikers geschrieben steht, daß Jungfrau Danuta, Jurands Tochter, die schönste und tugendhafteste aller Frauen ist. Und wer dem widerstreitet, mit dem werde ich so lange streiten, bis eines von uns zu Grunde geht – es sei denn, daß ich noch zuvor in Gefangenschaft gerate.«

      »Gut! Man sieht, Du kennst die ritterlichen Sitten. Und was soll weiter geschehen?«

      »Da Herr Mikolaj aus Dlugolas zugestanden hat, daß die Mutter dieses Jungfräuleins durch Schuld eines Deutschen mit einem Pfauenbusch auf dem Helme, den letzten Seufzer aushauchte, gelobe ich hiermit, mich auf bloßem Leibe mit einem Hanfstricke zu gürten und ihn, wenn er mich auch tief in die Knochen schneidet, so lange zu tragen, bis ich drei solcher Pfauenbüsche von deutschen Rittern erbeutet und zu den Füßen meiner Herrin niedergelegt habe.«

      Nun nahm die Fürstin einen feierlichen Ton an und fragte:

      »Gelobst Du dies zum Scherze?«

      »Nein, so mir Gott helfe und das heilige Kreuz! Und meine Gelübde will ich in der Kirche vor den Priestern wiederholen.«

      »Rühmlich ist es, mit den grausamen Feinden unseres Stammes zu kämpfen, doch beklage ich Dich, weil Du so jung bist und gar leicht zu Grunde gehen kannst.«

      In diesem Augenblick trat Macko aus Bogdaniec, welcher bisher wie ein Mensch, der einer vergangenen Zeit angehört, nur stillschweigend die Achseln gezuckt hatte, näher heran, denn er fühlte sich nun gedrungen, seine Ansicht auszusprechen.

      »Spart Euer Mitleid, Herrin!« begann er. »Auch in der Schlacht kann jeden der Tod treffen, und für einen Edelmann, mag er nun alt oder jung sein, ist das ein ruhmreicher Tod. Zudem ist mein Bruderssohn in der Kriegskunst wohl erfahren, denn trotz seiner Jugend bestand er schon manches Treffen zu Pferde und zu Fuß, mit der Lanze und dem Beile, mit langem und mit kurzem Schwerte, mit und ohne Schild. Zwar ist es eine neue Sitte, daß ein Ritter sich dem Mägdlein, das er gerne sieht, angelobt, aber daß Zbyszko seiner Herrin drei Pfauenbüsche versprach, daraus mache ich ihm keinen Vorwurf. Er hat die Deutschen schon einmal gelaust, mag er sie noch weiter lausen, und wenn dabei ein paar Schädel bersten, wird sein Ruhm dadurch nur vergrößert werden.«

      »Wie ich sehe, habe ich es nicht mit dem ersten besten zu thun,« sagte die Fürstin. Sich zu Danusia wendend, fügte sie dann hinzu: »Nimm meinen Platz ein, denn Du bist die wichtigste Person am heutigen Tage. Nur lache nicht, das schickt sich nicht.«

      Danusia setzte sich an den Platz ihrer Beschützerin, dabei wollte sie sich ein ernsthaftes Ansehen geben, doch ihre blauen Augen schauten lachend auf den knieenden Zbyszko nieder, und sie konnte sich nicht enthalten, vor Freude mit den Füßchen zu baumeln.

      »Gieb ihm Deinen Handschuh!« gebot die Fürstin.

      Danusia zog den Handschuh aus und reichte ihn Zbyszko, der ihn mit großer Ehrfurcht ergriff. Während er ihn an die Lippen drückte, erklärte er: »An meinem Helme soll er prangen, aber wehe dem, der darnach greift.«

      Dann küßte er Danusias Hände und Füße und erhob sich. Sein bisheriger Ernst war dahin. Voll Freude darüber, daß ihn von nun an dieser ganze Hof als reifen Mann betrachten werde, schwang er Danusias Handschuh, indem er halb scherzhaft, halb im Ernste ausrief: »Nun ist’s vorbei mit Dir, Du mit dem Pfauenbusch! Nun ist’s vorbei mit Dir!«

      In Begleitung von zwei älteren Mönchen trat in diesem Augenblick der Ordensbruder in die Herberge, der schon zuvor dagewesen war. Den Drei folgten Klosterbedienstete mit Lastkörben voll von Krügen mit Wein und den verschiedensten, in der Eile zusammengebrachten Leckerbissen. Die Mönche begrüßten die Fürstin, fragten sie aber dann vorwurfsvoll, weshalb sie nicht in der Abtei eingekehrt sei. Doch die Fürstin erklärte immer wieder, da sie des Tages über der Ruhe gepflegt habe, um in der Kühle der Nacht die Reise fortzusetzen, bedürfe sie eines Obdaches nicht. Nichts liege ihr daher ferner, als den hochwerten Abt und die ehrwürdigen Ordensbrüder stören zu wollen, sie gedenke nur eine kurze Rast in der Herberge zu halten.

      Nach Austausch vieler höflicher Redensarten einigte man sich dahin, daß sich die Fürstin nicht nur zur Frühmesse, sondern auch zum Morgenimbiß und zur Rast in dem Kloster einfinden solle. Die leutseligen Ordensbrüder luden außer den Masuren auch die Krakauer, sowie Macko aus Bogdaniec ein. Letzterer hegte indessen ohnedies die Absicht, sich in die Abtei zu begeben, um die im Kriege erbeutete Habe oder vielmehr die von dem freigebigen Witold erhaltenen Gaben zum Auslösen von Bogdaniec, das er dem Abte verpfändet hatte, in das Kloster zu bringen. Der junge Zbyszko hörte indessen die Einladung gar nicht. Von dem Wunsche beseelt, sich umzukleiden, um in schöner Gewandung vor der Fürstin und Danusia erscheinen zu können, war er zu den Wagen geeilt, die dem Oheim und ihm gehörten und sich unter der Obhut der Dienerschaft befanden. Aus einem der Gefährte verschiedene Gewandstücke entnehmend, ließ er alles in die Gesindestube bringen. Dort wollte er sich umkleiden. Nachdem er seine Haare eilig geglättet hatte, zog er eine netzförmige Haube darüber, die von einer Bernsteinkette zusammengehalten wurde, nach vorn jedoch mit echten Perlen geschmückt war. Dann legte er eine weißseidene, mit goldenen Greifen bestickte und mit einem zierlichen Saume geschmückte Jacke an. Dies Oberkleid umschloß ein breiter, goldener Gürtel, an dem ein silbernes, mit Elfenbein eingelegtes Dolchmesser hing. All dies war nicht mit Blut beschmutzt, sondern neu und blitzend, wenngleich es einem jungen,


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