Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Du redest im Fieber!

      Margit (bricht in Lachen aus.) Hahahaha! Lachen! Lachen! Das löst!

      Gudmund. Ja, ja,

       Du bist noch immer so maßlos wie je!

      Margit (plötzlich ernsthaft.) Du darfst mich nicht so durch Schelten strafen – So bin ich nur nachts, wenn die Menschen schlafen; Am Tage bin ich so scheu wie ein Reh. Und was ist denn weiter? Erinnre Dich, wie Die Weiber in fremden Landen sind, – sie, Die schöne Prinzessin – ja, sie war wild; Dagegen bin ich wie ein Lamm so mild. Sie schmachtete nicht nur, sie hatte auch Mut; Sie sann auf Tat; und sieh, das

      Gudmund. Wie gut!

       Du mahnst mich daran! Den wertlosen alten

       Scherben – wozu ihn noch länger behalten!

       (Zieht das Fläschchen hervor.)

      Margit. Das Fläschchen! Du meinst –?

      Gudmund. Ich hob es noch auf,

       Weil ich dachte, ich hätte dann leichteren Kauf,

       Wenn des Königs Haufe nach mir begehrt.

       Doch all das verlor heut für mich seinen Wert.

       Nun stütz' ich mich fröhlich auf mich und mein Schwert;

       Und kommt es zum Schlimmsten, so stehn mir im Streite

       Gesippen und Freunde zur Seite.

       (Will das Fläschchen gegen einen Felsen werfen.)

      Margit (faßt ihn beim Arm.) Nein, halt!

      Gudmund. Was hast Du –?

      Margit. Ein besseres Ziel.

       Der Neck dort soll es empfangen.

       Er hielt mich so oft durch sein munteres Spiel

       Und sein seltsames Singen gefangen.

       Gib her!

       (Nimmt ihm das Fläschchen aus der Hand.) Da hast Du's! (Tut, als ob sie es in den Bach würfe.)

      Gudmund (geht nach rechts und blickt in die Tiefe hinab.) Warfst Du's hinein?

      Margit (indem sie das Fläschchen versteckt.) Du sahst doch – (Geht flüsternd dem Hause zu.) Nun mag mir Gott gnädig sein! Nun heißt es nichts oder alles wagen! (Lauter.) Hör', Gudmund –

      Gudmund (nähert sich.) Ja?

      Margit. Ich möchte Dich fragen, –

       Es geht eine Sage hier unter den Leuten –

       Von der Kirche da drunten; die sollst Du mir deuten.

       Es war eine Frau und ein Edelknab',

       Die hielten einander so wert;

       Und als sie vorausging ins frühe Grab,

       Da sprang er ins eigene Schwert.

       Sie trug man zur südlichen Kirchenwand,

       Ihn grub man im Norden ein; –

       Nie wollten früher Blumen am Rand

       Der geweihten Mauern gedeihn;

       Im nächsten Lenz aber sproßte ein Flor

       Aus ihrer Herzen Flammen

       Und rankte sich über das Kirchdach empor

       Und spann sich blühend zusammen. –

       Nun deute mir das!

      Gudmund (blickt sie forschend an.) Mir ist nicht klar –

      Margit. Man kann's verschieden deuten, wohl wahr!

       Doch glaub' ich, die Deutung ist recht und schlicht:

       Was sich liebt, das trennt auch die Kirche nicht.

      Gudmund (leise.) Alle Heiligen, wenn –! Nun gilt es zu eilen Und alles ihr mitzuteilen. (Laut.) Sag', Margit, – willst Du mir helfen, wenn –?

      Margit (freudig bewegt.) Ob ich will!

      Gudmund. Ja, ich meine –

      Margit. Was hast Du?

      Gudmund. Nun denn!

       Du könntest mich heut noch so glücklich schaun –

      Margit (ausbrechend.) Gudmund!

      Gudmund. Hör' mich, ich will Dir vertraun –

       (Er hält plötzlich inne. Vom Ufer des Baches her schallen Stimmen und Gelächter.)

       (Signe und einige junge Mädchen kommen von rechts. Knut, Erik und mehrere jüngere Männer folgen ihnen.)

      Knut (noch in einiger Entfernung.) Gudmund Alfsön! Halt! – ich möchte ein Wort mit Dir sprechen. (Er bleibt im Gespräch mit Erik stehen. Die übrigen Gäste gehen inzwischen ins Haus zurück.)

      Margit (zu sich selbst.) Ich könnte ihn heut noch so glücklich schauen –! Was kann er anders meinen, als –! (Halblaut.) Signe, – liebe, liebe Schwester! (Sie faßt Signe um die Hüfte und geht mit ihr im Gespräch nach dem Hintergrund, die Anhöhe hinauf.)

      Gudmund (leise, indem er ihnen mit den Augen folgt.) Ja, so ist es am ratsamsten. Signe und ich müssen von Solhaug fort. Knut Gaesling hat sich mir ja als Freund gezeigt; er wird mir gewiß helfen.

      Knut (leise zu Erik.) Ja, sag' ich, ja. Gudmund ist ihr Vetter; er kann meine Sache am besten führen.

      Erik. Na, wie Du willst.

       (Geht ins Haus.)

      Knut (kommt näher.) Hör' mal, Gudmund –

      Gudmund (lächelnd.) Kommst Du mir zu sagen, daß Du mich nicht länger frei herumgehn lassen darfst?

      Knut. Darfst? Sei deshalb unbesorgt; Knut Gaesling darf alles, was er will. Nein, es handelt sich um was andres. – Du weißt wohl, ich gelte hier in unsrer Gegend für einen wilden, unbändigen Kerl –

      Gudmund. Ja, und wenn das Gerücht nicht lügt, so –

      Knut. O nein, dies und das mag ja wohl wahr sein –. Aber nun sollst Du hören –

       (Sie gehen im Gespräch die Anhöhe im Hintergrunde hinauf.)

      Signe (zu Margit, während sie den Steig beim Hause herabkommen.) Ich versteh' Dich nicht. Du sprichst, als ob Dir ein unerwartetes Glück zu teil geworden ist. Was meinst Du denn damit?

      Margit. Signe, – Du bist noch ein Kind. Du weißt nicht, was es heißt, in ewiger Furcht zu schweben, daß – (Plötzlich abbrechend.) Denk Dir, Signe, – hinwelken, sterben zu sollen, ohne gelebt zu haben!

      Signe (blickt sie verwundert und kopfschüttelnd an.) Nein, aber Margit?

      Margit. Ja, ja, Du begreifst das nicht. Gleichviel –

       (Sie gehen im Gespräch wieder die Anhöhe hinauf. Gudmund und Knut kommen auf der anderen Seite herab.)

      Gudmund. Nun, wenn es so steht, – wenn Dir dies tolle Leben nicht länger behagt, so will ich Dir den besten Rat geben, den Dir ein Freund geben kann: nimm Dir eine ehrbare Maid zur Frau.

      Knut. Schau', schau'! Und wenn ich Dir nun sage, daß ich just an dasselbe gedacht habe?

      Gudmund. Nun dann viel Glück und Heil, Knut Gaesling! Aber nun wisse, daß auch ich –

      Knut. Du? Gehst Du auch mit solchen Gedanken um?

      Gudmund. Ja, das tu' ich! – Aber des Königs Ungnade –, ich bin ja ein friedloser Mann –

      Knut. Ei, das soll Dich wenig kümmern. Außer Frau Margit weiß hier ja noch niemand darum; und solange ich Dein Freund bin, hast Du einen Menschen, auf den Du Dich vollständig verlassen kannst. Nun hör' aber –

      


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