Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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Ich scherzen! Wär's, o wär's doch nur ein Scherz!

       Doch jedes Wort von Dir, gleich einem Pfeile

       Durchbohrt es diese tiefgequälte Brust,

       Der keine Ruhe je das Schicksal gönnt.

      Aurelia.

       Ihr Götter! Sprich! Was meinst Du?

      Catilina. So sieh her!

       Hier ist Dein Landgut, hier Dein Glück der Zukunft!

       (Er zieht einen Beutel mit Gold hervor und wirft ihn auf den Tisch.)

      Aurelia.

       Du hast verkauft, o –?

      Catilina. Alles, ja, verkauft.

       Und das zu welchem Zweck? Um zu bestechen –

      Aurelia.

       Nicht mehr, nicht weiter! Laß uns nicht begrübeln,

       Was nicht zu ändern mehr; es schafft nur Leid.

      Catilina.

       Mich martert zehnmal mehr Dein stilles Dulden,

       Als selbst ein Schmerzensschrei von Deinen Lippen.

       (Ein alter Soldat tritt auf und nähert sich Catilina.)

      Der Soldat.

       Vergib, o Herr, mir, daß ich noch so spät

       In Deine Wohnung trat, unangemeldet.

       Sei mir nicht gram –

      Catilina. Was führt Dich in mein Haus?

      Der Soldat.

       Ein demütig Gesuch. Nicht wahr, o Herr,

       Du hörst es an? Ich bin ein armer Mann,

       Der seine Kraft der Ehre Roms geopfert.

       Nun bin ich schwach und kann nicht länger dienen

       Und rostig hängt zuhause mein Gewaffen.

       Die Hoffnung meines Alters war mein Sohn;

       Er nährte mich mit seiner Hände Arbeit.

       Ach, Schulden halber sitzt er nun gefangen.

       Und keine Rettung –. Hilf mir, hilf mir, Herr!

       (Kniend.) Ein kleines Scherflein nur! Von Haus zu Haus Bin ich geirrt; doch jede Tür war zu. Ich weiß kein Mittel mehr –

      Catilina. So sind sie, ja!

       Da hast ein Bild Du von des Volkes Not.

       So lohnt man es den tapfern alten Kriegern.

       Man weiß nichts mehr von Dankbarkeit in Rom!

       Es war einmal, da hätt', gerechten Zorns,

       Ich sie gestraft mit Schwert und roter Lohe;

       Doch sanfte Red' hat jüngst mein Ohr vernommen;

       Mein Sinn ist kinderfromm; ich will nicht strafen;

       Wer Sorgen lindert, ist ja auch ein Täter.

       Da, Alter; – zahle Deine Schuld mit Dem!

       (Er reicht ihm den Beutel mit den Goldmünzen.)

      Der Soldat (erhebt sich.) O, guter Herr; Ihr scherzt nicht bloß mit mir?

      Catilina.

       Nein, Alter; löse Deinen Sohn nur aus!

       (Der Soldat schnell ab.)

      Catilina.

       Ein besserer Gebrauch, nicht wahr, mein Weib,

       Als zu Bestechungen und Stimmenkauf!

       Wohl ist es schön, des Bösen Macht zu brechen;

       Doch still erwies'ner Trost belohnt sich auch.

      Aurelia (wirft sich in seine Arme.) O, reich ist Deine Seele noch und edel! Jetzt kenn' ich meinen Catilina wieder!

       (Ein unterirdisches Grabgewölbe mir einer frisch zugemauerten Öffnung hoch oben an der Rückwand. Eine Lampe brennt mit mattem Schein.)

       (Furia, in langem, schwarzem Gewande, steht in lauschender Stellung in dem Grabgewölbe.)

      Furia.

       Es hallt und dröhnt. Es donnert wohl da droben.

       Es schallt zu mir bis in mein Grab hinab.

       Doch dieses Grab selbst ist so still – so still!

       So ist mein Los denn ewig stumpfe Ruh'?

       Darf ich auch hier nicht auf verschlungnen Wegen

       Mich weiter suchen, wie's mich stets gelock?

       (Nach einer Pause.) Ein seltsam Leben war's; ein seltsam Schicksal. Ein Meteor, kam alles und verschwand. Er sah mich. Eine dunkle Zaubermacht, Ein innrer Einklang zog uns zueinander. Die Rachegöttin zog's zu ihrem Opfer; Doch jähe Strafe traf die Rächerin. (Wiederum Pause.) Nun ist es droben hell. Entfern' ich mich Unmerklich von den Wohnungen des Lichts? O, wohl mir, wär' dem so, wär' dies Verweilen Im Schoß des Grabs im Grund nur eine Flucht Auf Blitzesfittichen hinab zum Hades, Wär' ich schon nahe bald dem breiten Styx! Dort schlägt die Welle bleischwer ans Gestade; Dort rudert Charon lautlos seinen Kahn. Bald bin ich dort. Dann will ich still mich setzen Ans Fergenhaus und fragen jeden Geist Und flüchtigen Schatten, der vom Reich des Lebens Leichtschreitend sich dem Totenflusse naht, Und fragen jeden Geist, wie Catilina Es treibt im Chor der Lebenden dort oben, Und fragen jeden Geist: hielt er den Eid? Und leuchten jedem Toten mit der Fackel, Der schwefelblauen, ins gebrochne Aug', Und forschen, ob's nicht etwa Catilina. Und kommt er endlich, geb' ich ihm 's Geleit, Und beide fahren wir zusammen über, Betreten beide Plutos stillen Saal. Selbst noch als Schatten folg' ich seinem Schatten; Wo Catilina ist, muß Furia sein! (Nach einer Pause, matter.) O, wie die Luft so schwül und dumpfig wird, Und schwer und schwerer jeder Atemzug. So näher' ich mich denn den schwarzen Sümpfen, Wo träg der Strom der Unterwelt sich wälzt – (Sie lauscht; man hört einen dumpfen Lärm.) Ein leiser Schall? Wie Ruderschlag, so klingt es. Das ist der Toten Ferge, der herankommt, Mich abzuholen. Nun – ich harre seiner.

       (Die Steine in der frisch vermauerten Öffnung brechen auseinander. Curius wird hinter ihnen sichtbar; er winkt ihr.)

      Furia.

       Gegrüßt sei, Charon! Bist Du schon bereit,

       Ins Haus des Todes mich als Gast zu führen?

       Ich harre Deiner!

      Curius (flüsternd:) Schweig; – ich rette Dich!

      Zweiter Akt

       Inhaltsverzeichnis

       (Ein Saal in Catilinas Haus, mit offenem Säulengang im Hintergrund. Eine Lampe erleuchtet den Saal.)

       (Catilina geht auf und ab. Lentulus und Cethegus sind bei ihm.)

      Catilina.

       Nein, Freunde, nein! Ihr wißt nicht, was Ihr sagt.

       Ihr überfordert mich; Ihr wollt, ich soll

       Den Staat verraten, Bürgerkrieg beginnen,

       Mit Römerblut die Hände mir besudeln?

       Das tu' ich nicht! Und ob die ganze Stadt

       Mich drum verdammt –

      Lentulus. Du willst nicht, Catilina?

      Catilina.

       Ich will nicht.

      Cethegus. Hast Du keine Unbill hier

       Zu rächen, keinen, den Du treffen möchtest?

      Catilina.

       Üb' Rache, wer da will; ich tu' es nicht.

      


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