Der Bergpfarrer Staffel 8 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Staffel 8 – Heimatroman - Toni Waidacher


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er das Revier verließ, benachrichtigte er den Förster. Christian Ruland versprach, sofort zu kommen. Vor dem Haus wartete schon Sebastian auf den Polizisten.

      »Was ist das für ein merkwürdiges Schreiben?« fragte der Bergpfarrer.

      Sein Bruder reichte es ihm.

      »Wenzel Ottinger soll der Wilderer sein?« rief Sebastian aus. »Das glaub’ ich net!«

      »Ich weiß net, ob’s stimmt«, sagte Max. »Auf jeden Fall muß ich der Sache nachgeh’n.«

      Sie stiegen in den Streifenwagen und fuhren los. Vor dem provisorischen Revier hielten sie an. Auf dem Festplatz war noch kein Betrieb, die meisten Schausteller saßen beim Mittagessen. Max’ Kollegen trafen mit ihnen ein. In einer halben Stunde war Dienstbeginn für die erste Schicht. Der junge Polizist unterrichtete die beiden anderen Beamten.

      »Jetzt warten wir nur noch auf den Förster.«

      Der hatte sich beeilt und kam kurz darau. Bei ihm war Xaver Hofstetter.

      »Hab’ ich’s net gesagt«, schimpfte der Bauer. »Es konnt’ ja nur einer von denen sein.«

      »Reg’ dich net auf«, sagte Max Trenker. »Erstens ist’s noch gar net erwiesen, daß die Anschuldigung stimmt, und zweitens darfst’ überhaupt nur dabei sein, weil in deinem Revier gewildert worden ist. Allerdings forder’ ich dich auf, daß du dich zurückhältst.«

      Der Bauer duckte sich unter den Worten und brummte sich etwas in den Bart.

      »Also los«, bestimmte der junge Polizist. Sie überquerten den Platz und blieben vor dem Kinderkarussell stehen. Wenzel Ottinger und Karsten Steiner saßen vor ihrem Wohnwagen. Auf dem Tisch vor ihnen standen leere Teller. Der Schausteller sah die Männer fragend an.

      »Nanu, ist was passiert?«

      »Das wissen wir noch net, Herr Ottinger«, erwiderte Max Trenker und stellte sich vor. »Jemand beschuldigt Sie der Wilderei. Wir sind gekommen, um festzustellen, ob diese Anschuldigung der Wahrheit entspricht.«

      Nach dem Mittagessen hatte Christels Vater seine Pfeife gestopft und angezündet. Jetzt fiel sie ihm beinahe aus dem Mund.

      »Was sagen S’ da? Was soll ich gemacht haben?«

      »Tut mir leid, Wenzel«, wandte sich Sebastian an ihn. »Aber der Max muß das überprüfen, auch wenn er net glaubt, was in dem anonymen Brief steht. Genauso wenig wie ich.«

      Der Schausteller breitete die Arme aus.

      »Bitte schön, schauen S’ sich nur um«, sagte er. »Sie werden nix finden.«

      Max gab den Kollegen ein Zeichen, die daraufhin die Wohnwagen unter die Lupe nahmen. Sie schauten in Schränke und Verschläge und kamen mit leeren Händen wieder heraus.

      »Nichts.«

      Der Bruder des Geistlichen nickte. Er hatte auch nicht erwartet, daß die beiden Beamten etwas finden würden. Jetzt ging er zum Karussell und forderte Wenzel auf, die Zeltbahnen zu öffnen. Karsten Steiner, der bisher mit offenem Mund dagesessen hatte, sprang auf und half seinem Chef.

      Max stieg hinein und kletterte über die kleinen Autos zur Mitte. Dort war der Motor des Karussells unter einer Haube verborgen. Zwischen Motor und dem Gestell, auf dem die Wagen und Pferdchen standen, konnte man das Gras des Festplatzes sehen. Max bückte sich und griff unter das Gestell. Seine Finger fanden nichts. Langsam tastete er weiter und fühlte schließlich Plastik in seiner Hand. Der Beamte zog einen blauen Müllsack hervor und kletterte zurück.

      Wenzel hatte bisher reglos zugeschaut.

      »Was ist das?« fragte er jetzt. »Wie kommt denn das dahin?«

      Der Polizist sah ihn fragend an.

      »Das möcht’ ich von Ihnen wissen, Herr Ottinger«, antwortete er.

      *

      Einen Moment herrschte Schweigen. Natürlich war den anderen Schaustellern der Auftrieb vor dem Kinderkarussell nicht verborgen geblieben, und ein paar Neugierige waren herüber gekommen. Max hatte den Sack geöffnet und den Inhalt auf den Boden gekippt. Es war eindeutig das Fell eines Rehes.

      »Ich hab’s ja gleich gesagt!« rief Xaver Hofstetter triumphierend. »Nix als Ärger mit dem Pack!«

      Einige der Schausteller fühlten sich angesprochen und murrten vernehmlich. Beinahe sah es so aus, als wollten sie sich auf den Bauern stürzen. Sebastian hob beschwichtigend die Hand.

      »Ruhe, Leute, gebt nix auf dieses Gerede«, sagte er und wandte sich an Thomas’ Vater. »Und du, Xaver bist jetzt still. Noch so eine beleidigende Äußerung und du bekommst es mit mir zu tun!«

      Der Blick, mit dem der Geistliche ihn ansah, ließ Xaver Hofstetter augenblicklich verstummen.

      »Tja, Herr Ottinger, ich fürcht’, Sie werden mich erst einmal aufs Revier begleiten müssen«, sagte Max. »Ich weiß zwar noch net, was ich von der Sache halten soll, aber bis das geklärt ist, nehm’ ich Sie vorläufig als Verdächtigen fest.«

      Er beauftragte seine beiden Kollegen, die Wohnwagen und das Karussell gründlich zu durchsuchen, um die Waffen zu finden, mit dem das Tier erlegt worden war. Dann drehte er sich um und ging voraus.

      Unter manch schadenfrohem Blick folgte Wenzel Ottinger dem Beamten, mit hängendem Kopf. Er verstand die Welt net mehr.

      Genauso wenig wie Karsten Steiner, der zurückblieb.

      »Du glaubst doch net wirklich, daß er es war?« fragte Sebastian seinen Bruder.

      »Natürlich net«, erwiderte Max. »Aber was soll ich machen. Einen besseren Beweis, als das Fell unter seinem Karussell, gibt’s net.«

      »Es beweist aber noch lang’ net, daß der Wenzel es auch dort versteckt hat.«

      »Das weiß ich selbst. Aber das erklär’ ich dir nachher.«

      Sie waren gerade erst ein paar Schritte gegangen, als Christel auf sie zustürzte.

      »Vater, was ist passiert?« fragte sie entsetzt.

      Sie hatten sich mit Thomas zu einem Spaziergang getroffen. Es waren zwei ungestörte Stunden, am Nachmittag würde sie wieder im Kassenhäuschen sitzen.

      Wenzel Ottinger zuckte die Schultern.

      »Ich hab’ keine Ahnung, was die von mir wollen«, brummte er.

      Inzwischen hatte Xaver Hofstetter seinen Sohn entdeckt. So, wie der die Hand des Madls hielt, konnte es keinen Zweifel geben, daß er etwas mit der Tochter des Wilderers hatte. Der Bauer schäumte über vor grenzenloser Wut.

      »Bist’ narrisch geworden, dich mit so einer einzulassen?« brüllte er.

      Thomas hielt Christels Hand immer noch fest. Sebastian schmunzelte, als der Bauernsohn seinen Vater anschaute.

      »Red’ net so abfällig über meine Braut«, sagte er ruhig.

      »Deine Braut? Daß ich net lach’. Nie und nimmer!«

      »Das werden wir ja sehen«, erwiderte Thomas und wandte sich an den Pfarrer Trenker. »Was ist denn eigentlich los?«

      Sie hatten inzwischen das Revier auf dem Festplatz erreicht. Sebastian erklärte den beiden, was geschehen war. Max forderte den Schausteller auf, sich zu setzen. Außer Christel und Thomas ließ er nur noch seinen Bruder herein. Dann schloß er die Tür vor den ande-

      ren.

      »Vater, das kann doch alles net wahr sein«, sagte Christel kopfschüttelnd. »Oder glauben Sie, Hochwürden...?«

      »Natürlich net«, nickte Sebastian. »Aber der Max hat einen anonymen Hinweis erhalten, dem er nachgehen mußte. Leider hat er ja auch was gefunden.«

      »Allerdings bin ich überzeugt, daß die Beweismittel von dem wahren Täter unter dem Karussell versteckt wurden«, sagte Max Trenker. »Dafür spricht, daß der Brief


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