Der Bergpfarrer Staffel 8 – Heimatroman. Toni Waidacher
erkennen gab, konnte sie doch gar nicht anders, als ihn zu erhö-ren!
Jetzt war er an das Fenster getreten, um vielleicht einen Blick auf Christel Ottinger zu erhaschen. Tobias erstarrte, als er sie einen Mann küssen sah.
Der Schausteller schluckte.
Vielleicht hätte er es noch für möglich gehalten, daß sie sich mit Karsten Steiner einließ. Aber der Mann, den sie so leidenschaftlich umarmte, war ihm völlig fremd.
»So ist das also«, stieß Tobias Kaiser wütend hervor. »Na wart’, Madl, wirst schon sehn, was du davon hast...«
In diesem Moment war er mit dem Plan seines Bruders durchaus einverstanden. Keinen Finger würde er rühren, wenn die Polizei die Wohnwagen des alten Ottinger und dessen Tochter durchsuchte!
*
Beim Abendessen im Pfarrhaus, war die frevelhafte Tat des Wilderers natürlich Gesprächsthema. Max berichtete von der Zusammenkunft mit dem Förster und den Jagdpächtern.
»Ich hoff’ nur, daß der Brandner und der Hofstetter jetzt net Stimmung gegen die Schausteller machen«, sagte er, während er sein Brot belegte.
Er hatte von dem Verdacht erzählt, den die beiden Bauern geäußert hatten, und davon, wie sie über die Schausteller dachten.
Sebastian Trenker blickte grübelnd vor sich hin.
»Ja, das wär’ sehr schlimm«, nickte er. »Mit solchen Urteilen sind die Leut’ schnell zur Hand.«
Er erkundigte sich, wie die Männer verblieben waren. Max erzählte, daß sie sich auf den Vorschlag des Försters geeinigt hatten, fünf markante Punkte auszuwählen, an denen sie sich postieren wollten. Sollte jemand etwas Verdächtiges beobachten, sollte er die anderen mittels seines Handys alarmieren.
Sebastian war kein großer Freund von Mobiltelefonen. Er fand es gräßlich, jederzeit und überall erreichbar zu sein. Allerdings, gab er zu, hatte diese Erfindung auch ihre Vorteile. Er selber besaß auch ein Handy, benutzte es aber nur, wenn es wirklich unumgänglich war. Die meiste Zeit steckte es, ausgeschaltet, in irgendeiner Jackentasche.
»Also, mit mir könnt’ ihr auch rechnen«, sagte der Bergpfarrer. »Erst begleit’ ich die Claudia zum Tanz, später stoß ich dann zu euch.«
»Meinst’, daß das wirklich nötig sein wird?« fragte Max. »Schließlich kann’s eine lange Nacht werden.«
Sebastian winkte ab.
»Ich werd’s schon überstehen«, antwortete er. »Außerdem will ich dabei sein, wenn der Bursche gefaßt wird. Du und Christian, ihr seid ja besonnen. Aber wer weiß, wie die beiden Bauern reagieren, wenn sich herausstellen sollte, daß es wirklich einer von den Schaustellern ist. Zu dritt können wir Schlimmeres verhüten.«
»Da hast’ natürlich recht«, nickte der Polizist.
Er sah den Geistlichen forschend an.
»Hast du vielleicht einen Verdacht?« fragte er.
Sebastian zuckte die Schultern.
»Ich hab’ lang’ darüber nachgedacht«, erwiderte er schließlich. »Keinen bestimmten, aber als ich gestern mit den beiden Streithähnen gesprochen hab’, da ist mir schon was aufgefallen.«
Claudia und Max sahen ihn gespannt an.
»Du weißt ja noch, daß es im letzten Jahr zu einer Einbruchsserie gekommen ist«, sagte der gute Hirte von St. Johann. »Und wen du dabei im Verdacht hattest.«
Max nickte stumm. Nur zu gut erinnerte er sich.
»Es ist doch merkwürdig, daß wir’s ausgerechnet jetzt, wo die Kirchweih begonnen hat, mit einem Wilderer zu tun haben. Alle Indizien deuteten damals auf die beiden Söhne vom alten Kaiser. Du konntest sie nur net überführen, weil die Eltern ihnen ein Alibi gaben.«
»Erinner’ mich bloß net daran«, stöhnte Max.
»Doch gerade!« beharrte Sebastian. »Mir ist nämlich folgendes merkwürdig vorgekommen...«
Er berichtete von dem Gespräch mit Wenzel Ottinger und Anton Kaiser, in dessen Verlauf er auch den Fall von Wilderei erwähnt hatte.
»Den Wenzel schien diese Neuigkeit net zu interessieren, aber der Anton wurde doch sichtlich nervös.«
»Ich weiß net«, schüttelte der Polizeibeamte den Kopf. »Ich hab’ die ganze Zeit schon das Gefühl, die beiden Burschen könnten damit was zu tun haben. Ich hab’s bloß noch net gesagt, weil ich solchen Vorurteilen, wie sie der Brandner und der Hofstetter haben, net Vorschub leisten wollt’. Jetzt, wo ich dich hör’, verstärkt sich der Verdacht nur noch mehr.«
Er seufzte tief auf.
»Leider reicht das allein’ net aus, um einen Durchsuchungsbefehl zu bekommen.«
»Also müssen wir uns darauf verlassen, daß der Wolfgang und sein Bruder in der kommenden Nacht wieder losziehen – vorausgesetzt, sie sind’s wirklich«, meinte Sebastian Trenker.
Max stimmte ihm zu.
Das Gespräch drehte sich noch eine Weile um dieses Thema, dann verabschiedete sich der Polizeibeamte. Er wollte noch ein paar Stunden schlafen, bevor er sich mit dem Förster und den anderen Männern traf.
Claudia Bachinger war schon für den festlichen Abend umgezogen. Natürlich bedauerte sie es, daß Max sie nicht begleiten konnte. Aber die Aussicht, mit Sebastian tanzen zu können, tröstete sie ein wenig darüber hinweg.
*
Christel hatte die Haare frisiert und ein hübsches Kleid angezogen.
»Himmel, wie schaust’ aus, Madl?« hatte ihr Vater verblüfft ausgerufen, als er sie nach dem Abendessen sah.
Dann nickte er anerkennend.
»Ich wußte doch, daß meine Tochter das hübscheste Madl ist, das es gibt«, sagte er stolz und sah Karsten Steiner an. »Oder bist’ vielleicht anderer Meinung?«
Der Schaustellergehilfe schüttelte stumm den Kopf und stieg in den Wohnwagen.
»Was hat er denn?« fragte Wenzel.
Christel Ottinger zuckte die Schultern.
»Keine Ahnung«, erwiderte sie, obwohl sie genau wußte, was dem Schaustellergehilfen die Laune verdorben hatte. »Ich geh’ dann jetzt.«
»Ist recht, Christel, amüsier dich gut«, rief ihr der Vater hinterher. »Ich komm’ später nach.«
Christel wartete ein paar Meter entfernt. Sie wollte nicht, daß ihr Vater sah, daß sie mit einem Mann zum tanzen ging, den er nicht kannte. Hier, im Gedränge, würde sie ungestört warten können, bis Thomas kam.
Dazu brauchte es nicht lange. Der Bauernsohn war gleich nach dem Abendessen aufgebrochen, obgleich sein Vater ihn lieber mitgenommen hätte, um dem Wilderer das Handwerk zu legen.
»Trägst das Geld noch hin, zum windigen Lumpenpack!« schimpfte er.
Thomas indes ließ sich nicht verbieten, zum Tanzen zu gehen.
»Es ist doch gar net erwiesen, daß es einer von denen war’«, meinte er. »Und selbst wenn, dann kannst’ net alle über einen Kamm scheren.«
Dann ging er schnell hinaus und stieg in seinen Wagen. Hätte sein Vater gewußt, daß er sich mit einem Madl aus einer Schaustellerfamilie traf, würde er ihn ganz bestimmt nicht fahren lassen.
Jetzt stand er vor ihr und zog sie in seine Arme.
»Wunderschön schaust’ aus«, sagte er und küßte Christel liebevoll.
Hand in Hand gingen sie los, und Thomas zog sie in Richtung der Schießbude.
»Komm, ich schieße eine Rose für dich«, sagte er fröhlich.
Christel wehrte ab. Das wollte sie auf keinen Fall.
»Laß