Dr. Norden Bestseller Staffel 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg
sah Claudia ihn an. »Es bestand doch keine Gefahr«, flüsterte sie.
»Nicht direkt, aber ihre erste Geburt war sehr viel leichter, und wenn sie so vergnügt daherkommt, meint man eben nicht, dass Komplikationen auftreten können.«
»Vielleicht hat sich Frau Norden wegen des Bettchens doch mehr aufgeregt, als sie zugeben wollte«, sagte Claudia nachdenklich.
»Wegen welchen Bettchens?«, fragte Dr. Leitner erstaunt.
»Sie hat es mir erzählt, während Sie sich draußen mit Dr. Norden unterhielten.« Nun erfuhr es Dr. Leitner auch aus ihrem Munde.
»Das musste auch noch passieren«, sagte er. »Ja, ganz gewiss hat ihr das einen Schrecken eingejagt, und ich kann mir vorstellen, wie Daniel geschimpft hat. Fee besitzt fast zu viel Selbstbeherrschung. In solchen Fällen ist es immer besser, wenn man auch mal wütend wird.«
»Sie habe ich auch noch nicht wütend gesehen«, sagte Claudia. »Und wahrhaftig hat es doch manche Anlässe gegeben, wo ein anderer aus der Haut gefahren wäre.«
Recht hatte sie, aber er gehörte halt auch zu denen, die alles hinunterschluckten.
Nun hielten sie gemeinsam Wache bei Fee, und sie konnten sich dabei unterhalten, denn der Morgenbetrieb in der Klinik hatte begonnen und Claudias Ablösung war längst zur Stelle.
Gedankenverloren erzählte Dr. Leitner von seiner langen Freundschaft mit Daniel Norden und Dieter Behnisch, wie die Jahre nach dem Studium sie auseinandergetrieben und dann wieder zueinandergeführt hatte, nachdem jeder von ihnen schon seine eigenen Erfahrungen gesammelt hatte. Und er erzählte von der Insel der Hoffnung.
»Wir möchten Martina dorthin bringen, wenn die Mandeln heraus sind«, sagte er.
»Es klingt vielversprechend«, sagte Claudia leise, »aber sie müsste sich wieder an Fremde gewöhnen. Ich weiß nicht …«
Sie unterbrach sich und ließ ihren Blick in die Ferne schweifen.
»Dr. Cornelius und seine Frau Anne sind hier, und sie würden bestimmt nichts dagegen einwenden, hier mit Martina zu sprechen, wie ich sie kenne. Es gibt noch wahre Menschenfreunde, Claudia.«
»Ich habe jetzt schon einen kennengelernt«, erwiderte sie voller Wärme und schenkte ihm einen dankbaren Blick.
»Was tue ich denn schon? Das ist doch selbstverständlich«, sagte Dr. Leitner verlegen.
»Selbstverständlich? O nein, ich habe ganz andere Erfahrungen gemacht.«
»Sie haben zu bittere Erfahrungen gemacht in sehr jungen Jahren. Sie haben Ihre Sorgen mit sich allein herumgeschleppt, das brauchen Sie nun nicht mehr. Ich hoffe, dass Sie mir auch weiterhin Ihr Vertrauen schenken, auch wenn wir bei Martina nicht zu einem raschen Erfolg kommen.«
»Ich kann doch jetzt wirklich nur hoffen«, sagte Claudia. »Darauf hoffen, dass sie sich doch einmal im Leben zurechtfinden kann. Ich bin so dankbar für die Hilfe.«
»Sie dürfen nicht immer von Dank sprechen. Ich bin auch dankbar für Ihre tüchtige Hilfe. Sie machen nun schon zwei Stunden über die Zeit Dienst. Das darf ich gar nicht zulassen.«
»Das tue ich doch freiwillig und sehr gern.« Sie warf einen langen Blick auf Fee. »Und ich glaube, der jungen Mutter geht es nun schon wieder etwas besser.«
Fee blinzelte. »Wo ist mein Baby«, murmelte sie im Halbschlummer.
Dr. Leitner trat an ihr Bett. »Du wirst es bald sehen, Fee«, sagte er weich.
»Ist es gesund? Ich habe gar nichts mehr richtig mitbekommen.«
»Pumperlgesund ist er«, sagte Dr. Leitner, »und Daniel wird auch gleich bei dir sein.«
»Wie spät ist es denn?«, fragte Fee.
»Bald neun Uhr, und dein Sohn ist fast drei Stunden alt.«
»Neun Uhr?«, fragte sie ungläubig.
»Und es ist ein Sonntagskind«, sagte Schorsch lächelnd und küsste ihr die Hand. »Nochmals alles Glück für euch, Fee.«
Ob er sie liebt, fragte sich Claudia. Niemals hatte sie seine Stimme so weich und zärtlich gehört, und sie hatte sich manches Mal den Kopf zerbrochen, ob Dr. Leitner, Hans-Georg Leitner, wie er mit vollem Namen hieß, an einer unglücklichen Liebe litt.
Wenn diese Fee Norden gehörte, musste man ihn bewundern wegen seiner Selbstlosigkeit, zu der gewiss wenig Männer fähig waren.
»Sie schlafen jetzt eine Runde«, sagte Dr. Leitner zu ihr, »damit Sie nachher frisch sind, wenn Sie Martina besuchen. Irgendwie wird es sich arrangieren lassen, dass Sie Dr. Cornelius und seine Frau kennenlernen. Ich kann Sie ja sicher in der Behnisch-Klinik erreichen?«
»Ja, gewiss, aber es ist mir peinlich, wenn ich an einem solchen Tag glückliche Großeltern mit meinen Problemen belästigen soll.«
»Das empfinden bestimmt beide nicht als Belästigung. Den ganzen Nachmittag können sie auch nicht bei Fee sitzen, und zur Behnisch-Klinik ist es nur ein kleiner Spaziergang. Verlassen Sie sich darauf, Claudia, für Dr. Cornelius steht das Helfenwollen an erster Stelle.«
»Heute soll es aber der kleine Felix sein«, sagte sie.
*
Zu dieser Stunde beanspruchte allerdings Danny seine Großeltern. Er hatte in dem neuen stabilen Bett wirklich allen Schlaf nachgeholt, den er in der vorigen Nacht versäumt hatte und sich dann, sehr skeptisch geworden, nicht zugetraut, aus dem neuen Bett herauszuklettern, wie er es sonst tat, um sich bemerkbar zu machen.
Er rief lautstark nach seiner Mami, dann nach seinem Papi. Statt ihrer erschienen Omi und Opi, die er zwar freudig begrüßte, aber dann doch gleich fragte: »Hu ist Mami?« Wo konnte er noch nicht zustande bringen.
»Hu is Papi?«, schloss sich gleich an, als Anne ihn auf den Arm nahm und zärtlich die rosigen Bäckchen küsste.
»Du hast ein Brüderlein bekommen, Danny«, sagte Anne, noch immer tief gerührt, und da sie auch nur zwei Stunden geschlafen hatte, auch ein bisschen unsicher.
»Is es denn?«, fragte Danny.
»In der Klinik bei Onkel Schorsch«, erklärte Johannes Cornelius. »Und da sind Mami und Papi auch.«
»Warum?«, fragte Danny.
Wie sollte ein knapp Zweijähriger auch begreifen, wie eine Geburt vor sich ging! Anne erzählte ihm eine Geschichte, und er lauschte zwar aufmerksam, verlangte dann aber doch seine Mami und seinen Papi zu sehen. Und von dem Baby konnte er sich gar keine Vorstellung machen, obgleich Fee sich die erdenklichste Mühe gegeben hatte, ihn damit schon vertraut zu machen.
Aber Danny war dann doch zu beruhigen, denn schließlich hing er sehr an den Großeltern, und von diesen wurde er auch weidlich verwöhnt.
Lenni dankte indessen ein nach dem anderen Mal dem lieben Herrgott, dass alles gut gegangen war. Vom Schicksal leidgeprüft, war sie halt immer aufgeregt, wenn sich etwas Ungewöhnliches in dieser Familie tat, der sie sich mit Leib und Seele verschrieben hatte wie ihre Vorgängerin, das gute alte Lenchen, das nach einem langen, arbeitsreichen Leben den ewigen Frieden gefunden hatte. Unvergessen bleib sie in der Erinnerung der Nordens, aber Lenni, so hatte Danny sie getauft, als Lenchen nicht mehr kam und sie ihre Stelle einnahm, gab sich die erdenklichste Mühe es ihr in Liebe und Fürsorge für jene gleichzutun, die ihr aus schwerem Leid den Weg in ein neues Leben gewiesen hatten.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию