Butler Parker Special Edition 1 – Kriminalroman. Günter Dönges
Papiere auch wieder zurück in den Tresor«, gestand Cantner weiter. »Bisher hat kein Mensch was davon gemerkt.«
»Mister Ray Stifton hat demnach nichts mit den ›Nullen‹ zu tun? Gilt das auch für seine Mitarbeiter?«
»Für ihn und seine Mitarbeiter«, bestätigte Cantner.
»Und wer gilt als der Kopf der ›Nullen‹?«
»Artie Bellow«, erklärte Cantner hastig und schielte zu Mylady hinüber, die sich bereits mit einigen Schneidwaren aus der Schublade befaßte und sie miteinander verglich.
»Wäre noch zu klären, welche Rolle Mister Les Maliers spielt«, wollte der Butler wissen.
»Les Maliers ist der Verbindungsmann«, erwiderte Cantner. »Der reißt die Interessenten auf, die unbedingt einen Auftrag haben wollen. Die vermittelt er dann an die ›Nullen‹, eben an Bellow, ohne aber seinen Namen zu nennen.«
»Man könnte Mister Maliers als den Strohmann der ›Nullen‹ bezeichnen?«
»Er ist der Verbindungsmann«, wiederholte Cantner und senkte dann die Stimme. »Sorgen Sie dafür, daß die Lady die verdammten Messer wieder einpackt. Der trau’ ich glatt zu, daß sie drauflosschneidet.«
»Sie haben ein gutes Gefühl für das, was Sie unter Umständen erwartet, Mister Cantner«, erwiderte Josuah Parker sehr ernst. »Mylady pflegt fürchterlich zu sein, wenn man Mylady herausfordert und ärgerlich macht.«
»Aber ich habe doch gesagt, was ich weiß«, beschwor Cantner den Butler.
»Sie sollten vielleicht noch Stellung zu Ihrer sehr persönlichen Rolle innerhalb der ›Nullen‹ nehmen, Mister Cantner.«
»Na ja, meine Leute und ich springen ein, wenn’s mal irgendwo Ärger gibt.«
»Wie im Fall des Mister Landby und seiner Tochter?«
»Landby wollte den ›Nullen‹ eine Falle stellen und ein Angebot einreichen, das meilenweit unter den normalen Kosten liegt. Er wollte rausfinden, was aus seinem Angebot wird und wie man andere Leistungsverzeichnisse angleicht. Er hatte Bellow damit gedroht, und deshalb waren wir hinter ihm her. Aber ich schwöre ihnen, viel sollte ihm nicht passieren. Wir wollten ihn nur... na ja, wir wollten ihn nur ruhigstellen.«
»Noch eine letzte Frage«, meinte der Butler. »Weshalb wählten Sie diese einsam gelegene Farm für ein Treffen mit Mylady und meiner Wenigkeit? Wem gehört sie?«
»Mir«, sagte in diesem Moment eine Stimme, die Parker bekannt war.
Im Türrahmen stand ... Artie Bellow und hielt eine Maschinenpistole in den Händen.
*
»Ein drehbuchreifer Auftritt, Mister Bellow«, räumte Josuah Parker ein.
»Und wie in einem Action-Film wird es auch weitergehen, Parker«, drohte der Statiker. »Sie glauben doch wohl nicht, noch mal mit heiler Haut davonzukommen, oder?«
»Sie haben die Unterhaltung mit Mister Cantner mitverfolgt, Mister Bellow?«
»Der wußte, daß ich hier erscheinen würde«, sagte der Statiker und lächelte schadenfroh. »Deshalb auch seine Aussagen.«
»Die aber den Tatsachen entsprechen, wie anzunehmen ist.«
»Natürlich, warum sollte er sie verschweigen? Aber sicherheitshalber werde ich ihn und seinen Mann ebenfalls umlegen.«
»So etwas traue ich Ihnen ohne weiteres zu, junger Mann«, machte die ältere Dame sich grimmig bemerkbar.
»Gerade Sie, Lady, gehen mir verdammt auf die Nerven«, blaffte der Statiker wütend. »Wenn Sie mir mit einem Messer kommen, sind Sie sofort geliefert.«
»Sie haben keine Sorge, eventuell verfolgt worden zu sein?« erkundigte sich Parker in Richtung Bellow.
»Und ob ich verfolgt wurde!« Bellow lachte. »Diese Pflastertreter haben sich zwar alle Mühe gegeben, doch ich habe sie bereits innerhalb der Stadt abgeschüttelt. Ich erkenne Bullen sofort.«
Parker war mit dieser Auskunft ungemein zufrieden, zeigte es jedoch nicht. Er hatte mit Chief-Superintendent McWarden nicht ohne Grund ein Arrangement getroffen.
»Ist es Mister Maliers inzwischen gelungen, Mister Landby und Tochter aufzuspüren?« fragte Parker weiter, um Bellow zu beschäftigen.
»Den erwischen wir noch«, sagte der Statiker. »Kein Problem, Parker. An Ihrer Stelle würde ich mir andere Sorgen machen.«
»Wie zu erfahren war, lassen Sie Mister Stiftons Tresor nach Belieben öffnen und schließen.«
»Dieser Trottel hat doch keine Ahnung, was wirklich geschieht«, redete der Statiker genüßlich weiter. »Sobald ich kassiert habe, lasse ich ihn auffliegen. Dann kann er sich in ’nem Zuchthaus die Zeit vertreiben. Und erst dann wird er wohl kapieren, wem er das alles zu verdanken hat.«
»Sie wollen Ihre Tätigkeit als Null beenden, Mister Bellow?«
»Noch ein paar Bauvorhaben, dann bin ich saniert«, fügte der Statiker munter hinzu und fühlte sich als Herr der Situation. »Arbeitslos werde ich deshalb aber bestimmt nicht.«
»Es gilt ja, Mafia-Geld anzulegen, nicht wahr?«
»Jede Menge«, sagte Bellow. »Ich brauche dann diesen Kleckerkram nicht mehr.«
»Werden Sie auch Mister MacLean abhalftern?« erkundigte sich der Butler.
»Man soll immer möglichst wenig Spuren hinterlassen«, gab der Statiker zurück. »Das gilt auch für Maliers, nach dem Sie sicher gleich fragen werden, oder?«
»Sie verfügen über erstaunlich viel kriminelle Intelligenz, Mister Bellow.«
»Man muß sehen, wo man bleibt, Parker. Und Sie und die komische Lady sind verdammt hartnäckig und auch nicht gerade ungeschickt, das will ich durchaus zugeben.«
Er hatte behauptet, Lady Simpson wäre komisch und begab sich damit in akute Gefahr.
Die ältere Dame stand immer noch am Küchenschrank und hielt einige Schneidwaren in den Händen. Da sie gereizt worden war, reagierte sie umgehend und ... warf ein Tranchiermesser.
Bevor Bellow die Waffe herumreißen und abfeuern konnte, landete die Klinge erstaunlicherweise in seinem Unterschenkel.
Der Mann brüllte und wurde anschließend sehr still. Josuah Parker hatte mit dem Bambusgriff seines Schirmes nachgeholfen und beendete damit erst mal das Gespräch.
Bellow landete auf dem Küchentisch und gab keinen Laut mehr von sich.
»Haben... haben Sie das gesehen, Mister Parker?« fragte Lady Agatha und schüttelte unwillkürlich den Kopf. »Ich brauche noch nicht mal zu zielen und treffe dennoch. Das muß mir erst mal einer nachmachen.«
»Dem möchte meine Wenigkeit nichts hinzufügen«, antwortete der Butler und lüftete den Bowler. »Darf man Mylady zu diesem Wurf gratulieren und tiefsten Respekt zollen?«
*
»Wir kommen doch hoffentlich nicht zu spät?« fragte ein gewisser Horace Pickett einige Minuten später. Der große, schlanke Mann mit dem Aussehen eines pensionierten Offiziers erschien mit einem Begleiter in der Farmhausküche.
Horace Pickett, ein ehemaliger Taschendieb und längst auf der Seite des Gesetzes, blickte konsterniert auf Bellow und dann auf Mylady, die gerade einen Kreislaufbeschleuniger zu sich nahm.
»Mylady verkürzten das Verfahren, Mister Pickett«, beruhigte Parker den ehemaligen Eigentumsumverteiler. »Ihr Erscheinen wäre in jedem Fall recht wirkungsvoll und beruhigend gewesen.«
»Bellow schüttelte die Polizei ab«, berichtete Pickett. »Wir hatten keine Schwierigkeiten, uns an ihn zu hängen. Nur hier draußen im Gelände mußten wir sehr vorsichtig sein.«
»Sie sind mir stets willkommen, mein lieber Pickett«, ließ die ältere Dame sich freundlich vernehmen. »Bei