Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme
Tage lang lag sie hier, so wie in ihrer Wohnung zu Help. Am fünften hat sie auf einmal angefangen, durch eine Bewegung ihres Mundes Anzeigung ihres Hungers von sich zu geben. Es wurde ihr darauf eine Weinsuppe gebracht, die sie mit einem Löffel gegessen. Von derselbigen Zeit an war sie genesen. Sie erzählte nun auch die wunderbare Weise, in der sie vier Jahre zugebracht. Es waren nämlich kleine Männlein und Jungfräulein alle Tage unter ihrem Bette hervorgekommen, die außer ihr kein Anderer hatte sehen können. Die waren schön geschmückt gewesen, und hatten ihr die besten Speisen gebracht, von allem, was anderswo gekocht oder gebraten gewesen. Sie hatten sie auch anfangs aus ihrem Bette hinwegtragen und ein anderes Bild an ihre Stelle legen wollen; aber Einer unter ihnen, in einem gelben Kleide, hatte das widerrathen. Darauf hatten sie aber dermaßen auf sie gedrückt, daß sie davon auf einer Seite ganz lahm geworden. Auch hatten sie ihr immer die Augen zugedrückt, daß sie nicht hatte sehen sollen, wovon sie Zeit ihres Lebens braune Flecken an den Augen behielt. Als sie zuletzt gehört hatten, daß sie in die Stadt gebracht werden solle, hatten sie unter einander davon geredet, daß sie ihr über Land keine Speise bringen könnten, und sie hatten sie nun wieder wegtragen wollen. Auf Vorbitten Eines war das aber auch dieses Mal unterblieben. – Von ihrer Krankheit behielt sie nichts zurück, als daß sie nur wenig aß, selten redete, daß sie mit einem Fuße hinkte, und daß sie niemals allein im Hause bleiben wollte.
(Unter der Sonne nichts Neues!)
Andreas Angelus Annales March. Brand. pag. 372. 377, 378.
IV. Sagen aus dem Magdeburgischen.
1. Die Wiedererbauung Magdeburgs
2. Das Kaiserbildniß im Dome zu Magdeburg
3. Der Schäfer am Dome zu Magdeburg
5. Die gefesselten Männer am Dome zu Magdeburg
6. Die frommen Hunde in Magdeburg
8. Der gefangene Jude zu Magdeburg
9. Die heiligen Leichnams-Capelle zu Magdeburg
10. Das Gespenst auf dem Tye in Magdeburg
13. Der Erzbischof Ernestus zu Magdeburg
14. Der Warner vor der Schlacht, und die Magdeburger Taufe
17. Der Todtengräber in Magdeburg
19. Der heilige See bei Neuhoff
1. Die Wiedererbauung Magdeburgs.
Die schöne Stadt Magdeburg, die schon 47 vor Christi Geburt von dem Römischen Cäsar Julius erbauet sein soll, war nach Karls des Großen Zeiten von den Wenden und Ungarn ganz verwüstet, daß nur ein wenig armes Völklein von Fischern daselbst geblieben, die ihre Hütten, so gut sie gekonnt, wieder aufgebauet hatten. Ein solcher wüster Flecken ist Magdeburg geblieben bis zur Zeit des Kaisers Otto. Dieser schenkte den Flecken und die dabei gelegene Burg seiner ersten Gemahlin, der Kaiserin Editha, zur Morgengabe, dahero sie auch besonderen gnädigen Gefallen dazu getragen, und den Kaiser, ihren Gemahl, gebeten, darein zu willigen, daß aus dem schlechten Flecken eine große schöne Stadt gebauet werde. Das erlaubte ihr der Kaiser, gestattend, daß sie Burg und Flecken nach ihrem Gefallen erweitern und befestigen möge. Wie nun der Kaiserin also ihre Bitte gewähret, ist sie in einen Wagen gestiegen und hat sich herumfahren lassen, und hat selbst die Länge und Weite der neuen Stadt besehen und ausgesetzet, worauf denn nun alsbald im folgenden Jahre, 940 nach der Geburt des Herrn, Magdeburg zu einer vornehmen Stadt zu erweitern und zu bauen angefangen ist. Die alte Stadtmauer ging aber in folgender Weise: nämlich am Ul richs-Thor, am Marstall und am Barfüßerkloster, zu Ende des neuen Scharrens, wenn man vom breiten Wege hinein gehet, in der neuen Petristraße hinter den Häusern und Gärten, wo vor diesem der Diaconus gewohnt hat; auch ging die alte Stadtmauer über den St. Johannis-Kirchhof, da wo ehemals die St. Stephans-Kirche gewesen, welches nachher der Elenden Kirchhof hieß; eben so war ein Stadtthor an der Stelle des Schwibbogens des Hauses der Seiden-Krämer-Gilde.
Gottfried Gengenbacher: Stadt Magdeburg, das ist Kurtze Beschreibung der Stadt Magdeburg etc. (Magdeb. 1678.) S. 8, 9.
2. Das Kaiserbildniß im Dome zu Magdeburg.
An dem Pfeiler der Kanzel im Dome zu Magdeburg befindet sich eine runde, aus Steinen mit kleinen Thürmchen gezierte Capelle. Auf dem Altare in derselben stehen der Kaiser Otto nebst dessen erstem Ehegemahl, der Kaiserin Editha, abgebildet. Die Kaiserin hält in der linken Hand einen zirkelrunden Reif, der aus neunzehn runden vergoldeten Kügelchen besteht. Diese Kügelchen zeigen an, daß diese fromme Kaiserin eben so viele Tonnen Goldes zur Erhaltung des Erzstifts Magdeburg hergegeben hat.
Gengenbach, Stadt Magdeburg. S. 12.
3. Der Schäfer am Dome zu Magdeburg.
Außerhalb am Dome zu Magdeburg, nach Westen hin, über dem sogenannten Paradies, steht in Stein ausgehauen das Bild eines Schäfers mit seinem Knechte, seinen Schafen und seinen Hunden. Der Schäfer sieht nach einem Sterne hin, den man von dieser Seite an dem Thurme des Domes erblickt. Man sagt, so hoch der Stern steht, so hoch hat dieser Schäfer den Dom sammt dessen beiden Thürmen auf seine Kosten aufführen lassen; zu dessen Andenken sind das Bild und der Stern ausgehauen.
Gengenbach, Stadt Magdeburg. S. 16.
4. Der schwörende