Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme
histor. Beschreibung v. Brandenburg. Th. 5. Buch 2. Cap. 8. S. 315.
40. Das Fräulein bei Wittenberge.
Die Stadt Wittenberge in der Priegnitz hat in früheren Zeiten nicht da gestanden, wo sie jetzt steht, sondern etwas mehr seitwärts. Man zeigt noch jetzt die Stelle und gräbt dort auch noch zuweilen Mauersteine, Urnen und andere Sachen aus der Erde. Da wo die rechte Stadt selbst gestanden, ist ein ebenes beackertes Feld, gleich daneben ist aber ein hoher Hügel mit einem breiten Graben umgeben; da hat früher das Schloß der Herren von Wittenberge gestanden. Diese ganze Gegend wird noch jetzt die »alte Stadt” genannt. In dem Hügel soll noch ein tiefer Keller sein, der aber jetzt verfallen ist. Auch lassen sich um denselben herum oft Gespenster sehen und hören. Ueber die Zerstörung der alten Stadt und des Schlosses erzählt man sich, daß einst vor langen Jahren ein Fräulein dieses Ortes, deren Namen man nicht mehr weiß, sich an einen vornehmen Herrn ehelich versprochen, worauf dieser sich in den Krieg begeben müssen. Nicht lange darnach aber setzte das Fräulein sich diesen Ritter aus den Gedanken, und sagte einem andern vornehmen Herrn die Ehe zu, mit dem sie sich auch copuliren ließ. Als das nun der erste Bräutigam erfahren, hat er die Stadt und Burg mit Kriegsgewalt angegriffen und erobert, und beide zerstöret. Die Einwohner suchten sich darauf einen andern Platz zur Wiederaufbauung ihrer Stadt aus, da wo diese noch jetzt steht. Das Fräulein aber, deren Untreue auf solche Art gerächt worden, kann seitdem noch immer keine Ruhe finden.
Beckmann histor. Beschreibung v. Brandenburg. Th. 5. Buch 2. Cap. 8. S. 328, 329.
41. Der Hildebrand bei Wittenberge.
Bei dem Städtlein Wittenberge in der Priegnitz sieht man noch die Reste zweier freiherrlichen Häuser. Sie liegen auf zwei besonderen Bergen, welche die freiherrlichen Berge, oder die Freienburgen genannt werden. Bei einem dieser Häuser ist ein Gefängniß, der Hildebrand genannt, daher, weil vor vielen Jahren ein Fuhrmann Namens Hildebrand darinnen oft in Haft gesessen, auch zuletzt darin gestorben ist. Dieser Hildebrand muß noch in dem Gefängnisse umgehen, wie man denn oft des Nachts sein erschreckliches Lärmen und Rumoren darin hört.
Beckmann histor. Beschreibung v. Brandenburg. Th. 5. Buch 2. Cap. 8. S. 336.
42. Der Blutregen in Großmantel.
Auf der Mühle bei Großmantel, einem Dorfe in der Gegend von Stargard, diente schon vor mehreren hundert Jahren eine Magd, Namens Catharina Darnmann, aus Stargard gebürtig. Dieselbe ging eines Tages, gerade auf Mariä Verkündigung, in einen niedrigen Grund unweit der Mühle, um eine daselbst stehende trockne Erle abzuhauen. Wie sie damit nun fertig war, und die Erle zu Hause trug, da entsetzten sich Alle vor ihr, die sie sahen; denn nicht bloß ihr Gesicht und ihr Oberlatz, sondern auch, nachdem sie sich entkleidet hatte, ihr ganzer Leib war mit Blut bedeckt, als wenn es überall Blut hingeregnet hätte. Die Magd hatte vorher aber nichts davon bemerkt. Sie entsetzte sich mit den Uebrigen, aber weil sie sonst keinen Schaden verspürte, so ging sie am anderen Tage wieder an ihre Arbeit in denselben Grund. Doch wie sie zurückkehrte, fand man, daß sie wieder voller Blut war, wie am Tage vorher, und noch ärger, denn das Blut fiel stückweise von ihr und die Hunde leckten es sehr begierig auf. Desgleichen geschah auch mit ihr am Tage darauf. An diesem Tage hatte sie zugleich ein Gesicht von zwei Reutern, die gegen Norden hin in glänzenden Wolken ritten, und es trat zu ihr eine lange, weißgekleidete Gestalt, die ihr befahl, sie solle das Blut von ihrem Leibe nicht abwischen, sondern es den Gerichten anzeigen. Dieses hat sie gethan, so daß es von vielen glaubhaften Leuten gesehen ist. Was weiter aus der Magd geworden, weiß man nicht.
Beckmann histor. Beschr. v. Brandenburg. Th. 3. S. 529.
43. Historie von der Magd zu Frankfurt an der Oder, so Geld gegessen.
Im Sommer des Jahres 1536 diente zu Lebus eine Magd, Marx Fischers Tochter, mit Namen Gertraud. Zu der kam einst der leidige Satan in Gestalt eines Kriegsmannes, und redete ihr zu, sie solle seinen Willen thun und ihn lieben, so wolle er ihr auch so viel Geld verschaffen, als sie nur zu haben wünschte. Sie, als eine einfältige Magd, läßt sich leichtlich bereden, und sagt ihm zu, was er begehret. Das dauert so eine gute Weile, da lässet der Teufel sich ihr sehen in seiner eigentlichen Gestalt, und von Stund’ an besaß er sie leibhaftig, so daß alle Leute merkten, sie sei besessen. Damit ihr nun desto besser von den Geistlichen mit Beten könne geholfen werden, wurde sie gen Frankfurt an der Oder gebracht, und der Rath daselbst verordnete ihr gute Wartung und starke Wache, damit sie sich selber kein Leid zufügte. Nun war es aber ganz wunderbar, dergleichen nie gehöret oder erfahren worden, auch in keiner Historie oder Chronik beschrieben, daß, wenn sie an irgend ein Ding faßte, mochte es sein eine Mauer, Wand, Tisch, Bank, Rock, Barett oder dergleichen, so bekam sie flugs die Hand voll Geldes mancherlei Münze, die aber doch im Lande gäng und gebe waren, als Märkische, Pommersche, Meißnische, Polnische, Preußische und Böhmische Groschen und Pfennige. Mit dem Gelde fuhr sie nun alsbald in den Mund und zerkauete es, daß man es zwischen den Zähnen konnte knirschen hören, und zuletzt schluckte sie es ein. Das trieb sie etliche Wochen, und es geschah nicht scheinweise, wie die Gaukler thun, die Flachs fressen und Feuer speien: denn die Leute, so um sie waren, griffen ihr oft die Hände, brachen ihr die mit Gewalt auf, ehe sie damit zum Munde kommen konnte, und nahmen ihr das Geld fort. Die Katholischen, welche damals noch das Kirchenregiment inne hatten, ließen endlich einen Teufelsbanner kommen, der es sich auch mit seinem Beschwören und Bannen recht sauer werden ließ, auch die Magd oft in Weihwasser badete, der aber doch den Teufel nicht austreiben konnte. Zu derselben Zeit war jedoch in Frankfurt ein evangelisch-lutherischer Prediger, Namens Andreas Ebert von Grüneberg aus Schlesien. Dieser Herr Andreas, da die Papistischen mit ihrem Beschwören nichts ausrichten konnten, wandte sich an Dr. Luther selbst, den er zu Wittenberg gehört, und auf dessen Rath ließ er sie in seine Predigten führen und that dort in der Gemeinde Fürbitten für sie. Und das half. Denn obwohl der Teufel nun selbst in der Kirche erschien, und unter der Predigt viel Ungemach trieb, ein großes Geschrei und Geplärr erhob, den Prediger oft Lügen strafte, sonderlich wenn des Herrn Christi gedacht wurde, so ward gleichwohl durch Verleihung göttlicher Gnade die Magd geheilet, und diente hernach noch viele Jahre zu Frankfurt an der Oder.
Andreas Angelus Annales March. Brand. pag. 324.
Zach. Garcaeus Res gesta Marchiae. II. pag. 258.
44. Die Magd und die Männlein zu Help.
In dem Dorfe Help, eine halbe Meile von Arnswalde in der Neumark, war im Jahre 1574 eine Magd, siebenzehn Jahre alt, auf den Palmsonntag zum Sacrament des Altars gegangen. Anstatt nun darauf den Tag mit frommen Werken zuzubringen, war sie des Abends auf die Gasse gegangen, und hatte den anderen Mägdlein zugesehen, die allda herumliefen und allerlei weltliche Spiele trieben. Auf einmal hat sie ein kalter Wind angeblasen, davon sie ganz schwach im Haupte geworden. Sie ging zu Hause und legte sich mit allen ihren Kleidern zu Bette, aus welchem sie von der Stunde an in vollen vier Jahren nicht wieder herausgekommen. Sie wurde dabei lahm und blind, und aß und trank in aller der Zeit nichts; sie verrichtete auch kein Bedürfniß und sprach kein einziges Wort. Nachdem sie also ins fünfte Jahr bis zum 2. August 1578 gelegen hatte, da wurde sie an diesem