Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme

Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme - Jodocus Temme


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ein Geräusch. Es war in derselben Gegend, in welcher der Domherr vorher eine Bewegung vernommen hatte. Mit raschen Schritten nahte sich von dorther jemand. Dem Domherrn klopfte doch das Herz. Er hatte den Arm der Frau genommen; er blieb mit ihr stehen, den Näherkommenden zu erwarten.

      »Halten Sie sieh stark, liebe Frau«, sagte er.

      Sie sah ihn verwundert an.

      Da trat die Gestalt des Nahenden unter den nächsten Bäumen hervor.

      Es war Bernhard, der Diener des Herrenhauses.

      Er war wieder eilig, dringlich, geheimnisvoll; aber vor der Frau Mahlberg schien er kein Geheimnis zu haben.

      »Gut, dass ich Euer Gnaden finde. Die alte Christine wies mich hierher.«

      »Du suchtest mich?«

      »Ich habe Euer Gnaden etwas zu sagen.«

      »Nicht viel Gutes, wie es scheint.«

      »Es treiben sich Gendarmen in der Nähe umher.«

      »Was gehen sie uns an?«

      »Und sie wollen nicht gesehen werden.«

      Der Domherr stutzte.

      »Erzähle.«

      »Ich ging in das Erlenwäldchen dort links. Der Forellenbach fließt hindurch. Die Mamsell hatte mir gesagt, ich solle noch ein paar Forellen für das Nachtessen besorgen. Da fiel mir auf, dass ich seitwärts einen Gendarmen in das Wäldchen schleichen sah. Er schien auf einem Umwege vom Herrenhause herzukommen. Er blickte sich um, ob er auch gesehen werde. Ich schlich ihm nach. Mitten im Wäldchen traf er mit zwei Kameraden zusammen; sie hatten auf ihn gewartet. Er berichtete ihnen etwas; sie sprachen lange und eifrig miteinander, aber leise, dass ich nichts verstehen konnte; näher zu ihnen gehen durfte ich nicht. Ich ging zu dem Bach, meine Fische zu fangen. Nachher waren sie fort.«

      »Das ist alles, was Du weißt?« fragte der Domherr.

      »Alles, Euer Gnaden.«

      »Hast Du es schon jemand mitgeteilt?«

      »Keinem Menschen, auch der Mamsell nicht. Ich dachte. sie könne sich erschrecken, und Euer Gnaden würden am besten wissen, was zu tun sei.«

      Der Domherr war nachdenklich geworden.

      »Sage auch weiter keinem Menschen etwas.«

      Der Bursche ging.

      »Die Nachricht Bernhards beunruhigt Sie«, sagte die Frau.

      »Ich leugne es nicht. Ich erhielt schon vorhin eine so sonderbare Nachricht.«

      »Die mit dieser in Verbindung steht?«

      »Liebe Frau, der Mensch ist der größte Narr in seinen Kombinationen.«

      »Sie können sich dennoch Ihrer Besorgnis nicht ganz entschlagen.«

      »Die Wahrheit zu sagen, nein, und — Sie erlauben, dass ich Sie zu Ihrem Zimmer führe; ich muss doch mit dem Gisbert sprechen.«

      »Sie denken an ihn bei der Mitteilung Bernhards?«

      »Ich muss wohl.«

      Er führte die Frau zu ihrem Zimmer.

      Dann ging er zu dem Tanzplatz.

      Das lustige Leben herrschte dort noch überall, bei dem Scheine bunter Lampen lustiger als am Tage.

      »Warum?« fragte sich der Domherr. »Warum mäßigt das edle Sonnenlicht unsere Freude, und warum macht die künstliche Helle uns ausgelassen?«

      Karoline tanzte mit dem Lieutenant Becker, dem Kellner, der Obristlieutenant Friedrichs mit der Kellnerin.

      Der junge Freiherr von Aschen stand an einem Pfosten des Zeltes und sah dem Tanze zu.

      »Ein paar Worte, Gisbert«, zog ihn der Domherr zurück.

      »Ah, Onkel Florens! Gut, dass ich Dich treffe. Ich habe Dich schon gesucht.«

      »Auch Du mich?«

      »Ich habe über eine eigene Sache mit Dir zu sprechen. Mahlberg wollte doch hierher kommen. Hast Du ihn schon gesehen?«

      »Was hast Du mit ihm?«

      »Ist er hier, Onkel?«

      »Ich denke.«

      »Und wo?«

      »Irgendwo in der Nähe. Wahrscheinlich in dem Birkenwäldchen dort.«

      »Adieu, Onkel.«

      »Wohin?«

      »Mahlberg aufsuchen.«

      »Aber was hast Du so eilig mit ihm?«

      »Wenn Du mich begleitest, erzähle ich es Dir.«

      Der Domherr hatte ja auch dem Neffen Dringliches zu sagen. Er begleitete ihn.

      »Nun?«

      »Der Lieutenant Becker erzählte mir vorhin — er sucht eine Stelle als Kellner —«

      »Ah, ah«, rief der Domherr, »sind wir schon so weit? Der Undank und die Toten reiten schnell. Aber erzähle.«

      »Er sucht eine Stelle im Auslande, wo man ihn als preußischen Offizier nicht kennt —«

      »Der brave Junge!«

      »So war er gestern in Kassel, und dort ist bei einem Bekannten, der zur Polizei gehört, davon gesprochen worden, dass jetzt auf einmal viel von Demagogen und demagogischen Umtrieben die Rede sei; in Preußen seien auch schon mehrere Personen plötzlich verhaftet. Die Universitäten seien der Herd der Verschwörung, und die ehemaligen Freiwilligen und die Landwehroffiziere, deren maßlose Erwartungen und Anforderungen nicht hätten befriedigt werden können, seien die Verräter, die sich nun in geheimen Gesellschaften zum Umsturz der Staaten verbunden hätten. Aber die Studierenden seien es nicht allein. Auch ältere Männer gehörten dem Bunde an, und so werde namentlich von der preußischen Regierung ein höherer Beamter gesucht, der vor mehreren Wochen an einem geheimen Demagogenkongresse in Göttingen teilgenommen habe und jetzt zur Förderung der Zwecke der Umsturzpartei eine geheime Reise durch Deutschland mache.

      Er sei eins der gefährlichsten Häupter der Partei; in diesem Augenblicke müsse er im Hessenlande sich befinden; bis Karlshafen habe man vor einigen Tagen seine Spur verfolgt. Dies die Mitteilungen Beckers. Ich musste an Mahlberg denken. Er war vor sechs Wochen in Göttingen. Ich fand ihn vorgestern in Karlshafen, wohin ich mit ihm das Rendezvous für die gemeinschaftliche Reise zu Dir nach Hofgeismar verabredet hatte.«

      »Hm«, sagte der Domherr, »und Du willst ihn jetzt warnen?«

      »Und mit ihm das Weitere besprechen.«

      »Und gerade so wollte ich Dich warnen, Gisbert.«

      »Du mich. Onkel?«

      »Gisbertine war hier.«

      »Hier?«

      »Vor einer Stunde.«

      »Und sie ist wieder fort?«

      »Hm, Gisbert, Logik scheinst Du in Göttingen nicht gehört zu haben.«

      »Was wollte sie hier, Onkel?«

      »Kommen wir vorher auf Göttingen zurück, nicht auf die Logik. Warst Du dort in einer geheimen Verbindung?«

      »Weder in einer geheimen, noch in einer offenen.«

      »Hörtest Du auch nichts von geheimen Verbindungen oder Gesellschaften?«

      »Es wurde davon gesprochen; ich kümmerte mich nicht darum. Aber was wollte Gisbertine, Onkel Florens?«

      »Mir dasselbe sagen, was Dir Becker gesagt hat, indes um Dich zu warnen.«

      »Mich?«

      »Nebenbei


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