Wyatt Earp Staffel 4 – Western. William Mark D.
neues Eisen aufgesetzt?« erkundigte sich Wyatt rasch.
»Nein, das machte der Sheriff selbst. Und ich muß sagen, daß er das schnell und sauber in Ordnung brachte, obwohl er das Eisen ziemlich verformen mußte. Da drüben ist ja unsere Postschmiede, da gibt’s ’ne Menge Eisen.«
Wyatt konnte die entscheidende Frage nun nicht mehr zurückhalten:
»Und der andere Mann? Wie sah er
aus?«
»Sie kennen die Männer doch! – Wie sah er aus? Nicht besonders auffällig. Ein klobiger Bursche –«
»Wie alt?«
Hoover zog die Schultern hoch. »Keine Ahnung. Dreißig vielleicht. Vielleicht auch älter.«
»Was hatte er an?«
»Er war nicht viel anders gekleidet als der Sheriff. Winterzeug.«
»Woher wissen Sie, daß er der Gefangene des Sheriffs war?«
»Er hatte die Hände gebunden.«
»Und –? Hat der Sheriff irgend etwas gesagt?«
»Eigentlich wenig. Er meinte, daß er den Mann nach Arizona bringe. Ich meine, er hätte Sunset gesagt, ich kann mich aber auch irren. Yeah, das war eigentlich alles.«
Wyatt trat nahe an den Posthalter heran. »Mister Hoover, bitte, es ist sehr wichtig für uns, versuchen Sie nachzudenken, ob Ihnen irgend etwas Besonderes an diesem anderen Mann aufgefallen ist –«
»An dem Sternträger?«
»Nein, an dem Gefangenen. Wie sah er aus? Sein Gesicht, war es breit oder schmal, länglich, dick, rund oder zusammengedrückt?«
Der Alte zog die Schultern hoch.
»Und seine Augen? Können Sie sich vielleicht an seine Augenfarbe erinnern.«
Hoover schüttelte den Kopf. »Nein, Marshal. Ganz sicher nicht. Ich bin nicht Wyatt Earp.« Er lachte breit. Und zu seiner Verwunderung bemerkte er, daß seine Gäste es plötzlich eilig hatten.
Minuten später saßen sie in den Sätteln.
Wyatt bedankte sich für die Gastfreundschaft – fragte noch: »Sonst fällt Ihnen nicht mehr über diesen Mann
ein?«
»Nein, ich habe nachgedacht. Er saß auf einem Fuchs, hatte ein Alltagsgesicht, eine ziemlich harte Type. Er sagte kein Wort. Nur einmal grinste er, als der Sheriff das glühende Eisen auf den Huf des Fuchses aufsetzte und das Eisen noch nicht paßte.«
»Und sie ritten nach Süden?«
»Yeah.« Der alte Posthalter deutete auf die Anhöhe. »Da hinüber sind sie geritten. Ich erinnere mich genau. Der Sheriff schien den Weg zu kennen. Er wollte nach Arizona. Aber das habe ich Ihnen ja schon gesagt. Ein ganz schöner Trail ist das, nicht wahr?«
Wyatt und O’Brian verabschiedeten sich, nahmen ihre Zügelleinen auf und sprengten hügelan davon.
O’Brian blickte den Missourier während des scharfen Rittes von der Seite an.
Damned, da hatte der Marshal also wieder den richtigen Gedanken gehabt. Norton hatte seinen Mörder auf der Strecke zwischen dem Bärensee und der alten Pferdewechselstation gestellt.
Leider hatten sie nicht mehr über den Verbrecher herausbringen können. Er war ein unauffälliger, grobschlächtiger Mann, hatte der Posthalter gesagt. Das war nicht gerade sehr viel.
Immerhin war der Ritt hinauf in die Sunlight Mountains nicht völlig nutzlos gewesen, und sie hatten nicht einmal die volle Strecke bis zum Bärensee hinter sich bringen müssen.
Als sie wieder im Felstal des Jacksonsees angekommen waren, machten sich bei dem Alten starke Ermüdungserscheinungen bemerkbar. Auch sein Pferd konnte die schweren Strapazen der anstrengenden Ritte nicht mehr verbergen.
An einer riesigen Bergkiefer machten sie halt. Wyatt legte dem treuen Gefährten nahe, doch nach Harwich hinüberzureiten. Er habe doch mehr als seine Pflicht getan.
Aber davon wollte der Alte nichts wissen. »Pflicht«, knurrte er, und spie einen Tabaksfaden in den flimmernden Schnee. »Nein, Wyatt. Ich habe meine Pflicht noch nicht getan. Der Mörder läuft noch frei herum. Ich muß helfen, ihn zu jagen. Ich weiß, daß Sie nicht aufgeben werden, bis Sie ihn vor Ihrem Revolver oder Ihren Fäusten haben. Wollen Sie mich beschämen? Oder falle ich Ihnen zur Last?«
Der Marshal schüttelte den Kopf. »Wie können Sie so etwas nur denken? Sie sind ein prächtiger Kamerad, und ich freue mich, daß ich einen solch guten Freund in Ihnen gefunden habe.«
Die Augen des alten Sheriffs strahlten.
Wyatt zündete sich eine Zigarette an und blickte dem Rauch gedankenvoll nach. »Nein, Sam – Sie fallen mir nicht zur Last. Ich meinte es nur gut. Denn was jetzt noch vor uns liegt, ist ein Ritt über viele hundert Meilen. Wir müssen durch Wyoming, ganz Utah, und möglicherweise noch ein ganzes Stück Arizona durchqueren. Waren Sie schon einmal in Arizona? Nicht? Dann will ich Ihnen sagen, daß die Eisberge Montanas, Wyomings und Colorados ein Paradies gegen die Savannen und Schluchten Arizonas sind. Wir müssen durch Gebiete, in denen Menschen wohnen, die gefährlicher sind als die Cheyennes, die wir ja eigentlich gar nicht zu Gesicht bekommen haben. Unten in den heißen Gegenden hausen allenthalben weiße Banden, Buschkrieger, Grenzjäger. Ganze Horden von Wegelagerern machen die Landstriche unsicher. Sie wissen das sicher selbst am besten. Hier oben in den kalten Gegenden sind auch die Banden dünn gesät, Gott sei Dank. Im Süden sieht es da anders aus. Und ich bin sicher, daß das Gesetz sich da am mühsamsten vorkämpfen wird. – Nein, Sam, Sie fallen mir nicht zur Last, das wissen Sie selbst. Aber ich hätte Ihnen gern die Strapazen erspart, die noch vor mir liegen. Ich bin diese Ritte gewohnt, weil ich sie jahrein, jahraus mache, seit meiner Jugend. Schon mit elf zog ich mit meinem Vater durch das Land; mit vierzehn oder fünfzehn waren wir in Californien, mit einem Siedlertreck, den mein Vater führte. Von da an war ich eigentlich immer unterwegs. Die paar Monate im Jahr, die ich in der Stadt aushalten muß, kommen mich hart genug an. Und auch da bin ich fast immer unterwegs.«
O’Brian nickte. »Yeah. Ich sehe es ja, Sie sind noch frisch und munter wie am ersten Tag. Und wahrscheinlich hatten Sie, als wir uns begegneten, schon einen schönen Turn hinter sich.«
»Ja, ein paar Meilen waren es sicher. Ich kam von Utah. Vorher war ich von Dodge aus nach Texas geritten. Dann folgte ich einem Mann nach Caldwell. Als ich ihn hatte, ritt ich hinüber nach Wyoming; ich wollte hinauf nach Yancey, oben an der Grenze, wo ich einen alten Bekannten aufsuchen wollte. Er hat mich schon ein paarmal auf seine Ranch eingeladen. Aber ich glaube, ich schaffe es nie...«
*
Sam O’Brian ritt also weiter mit.
Kurz vor der Südspitze des Sees stießen die beiden am folgenden Abend auf ein Pelzjägerlager.
Wyatt wollte im Halbkreis vorbeireiten, als er mit einem Gewehrschuß vor die Hufe des Falben gestoppt wurde.
Mehrere Reiter kamen heran.
Wyatt merkte sofort, daß sie angetrunken waren.
»Nicht so eilig, Gents! Wir werden einen Drink zusammen nehmen.«
»Wir haben wenig Zeit«, erklärte der Missourier und musterte die abenteuerlichen Gestalten, die ihnen da gegenüber hielten.
»Eilig?« Ein baumlanger Rotschopf bog sich vor Lachen. »Wie kann man es eilig haben? Und wir haben es auch nicht eilig. Sechs Monate waren wir unterwegs. Jetzt sind wir hier und machen Rast. In wenigen Tagen geht’s nach Kansas hinunter. In Abilene werden wir unsere Tiermäntel in blanke Dollars umwechseln. Vorwärts, Leute, Drink!«
Wyatt sah, daß die Männer echte Rowdys waren und hielt es für unangebracht, sich mit ihnen anzulegen. Man würde also den Drink mitnehmen und weiterreiten.
Aber es wurde kein Drink.
Im Lager herrschte eine scheußliche Krakeelstimmung.
Die