Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman. Marie Francoise
strahlte dabei wie die Sonne.
Dr. Robert Daniel, der wußte, wie sehr sich die junge Frau nach einem Baby sehnte, schenkte ihr ein herzliches Lächeln. »Das wäre ja wirklich erfreulich.«
Patricia nickte eifrig. »Immerhin versuchen wir es seit über zwei Jahren.«
Dr. Daniel erhob sich hinter dem Schreibtisch zu seiner stattlichen Größe.
»Na, dann wollen wir doch mal sehen, ob Ihr Verdacht richtig ist«, meinte er, während er Patricia ins Labor hinüberbegleitete, dann wandte er sich an seine Sprechstundenhilfe. »Frau Kaufmann, nehmen Sie bitte einen Schwangerschaftstest vor.« Er sah Patricia wieder an. »Und nachher kommen Sie bitte zu mir zurück.«
Es dauerte nicht einmal fünf Minuten, bis die junge Frau das Sprechzimmer wieder betrat, und dann wartete sie ungeduldig auf das Ergebnis – obwohl es ja eigentlich nur positiv sein konnte. Die morgendliche Übelkeit, das Spannen der Brüste – das alles konnte doch nur eine Schwangerschaft bedeuten.
Jetzt trat Lena Kaufmann herein und strahlte über das ganze Gesicht.
»Positiv«, verkündete sie, als wäre sie selbst die werdende Mutter.
Patricia lachte glücklich auf. »Endlich! Ich dachte schon, es würde überhaupt nicht mehr klappen!«
Voller Herzlichkeit griff Dr. Daniel nach Patricias Hand und drückte sie sanft. »Ich sagte Ihnen doch, daß Sie nur Geduld haben müssen. So, Frau Gerhardt, und jetzt gehen wir mal nach nebenan. Ich muß Sie natürlich noch untersuchen.«
Während sich Patricia freimachte, berechnete Dr. Daniel schon mal den ungefähren Geburtstermin, dann trat er zum Untersuchungsstuhl. Doch als er die Gebärmutter abtastete, runzelte er besorgt die Stirn. Patricia bemerkte es und erschrak.
»Ist etwas nicht in Ordnung, Herr Doktor?« fragte sie ängstlich.
»Ich weiß nicht«, meinte Dr. Daniel langsam. »Nach meiner Berechnung müßten Sie jetzt etwa in der sechsten Schwangerschaftswoche sein, aber die Gebärmutter scheint sich noch nicht vergrößert zu haben.« Er kehrte zu seinem Schreibtisch zurück, um sich den Schwangerschaftstest noch einmal zu betrachten, doch das Ergebnis war eindeutig positiv.
»Ich werde eine transvaginale Sonographie durchführen«, beschloß Dr. Daniel schließlich, und als er Patricias verständnislosen, aber auch ängstlichen Blick bemerkte, fügte er erklärend hinzu: »Das ist ein Verfahren, bei dem man den Embryo schon ab der vierten Woche sehen kann, was bei der normalen Ultraschalltechnik nicht der Fall ist.« Er rückte mit seinem fahrbaren Stuhl näher. »So, Frau Gerhardt, entspannen Sie sich bitte. Es ist im ersten Moment ein bißchen kalt, aber es tut überhaupt nicht weh.«
Dr. Daniel schaltete den Bildschirm ein und verfolgte dort, was ihm aus Patricias Gebärmutter gesendet wurde. Und dieses Bild bestätigte seinen ersten Verdacht.
»Herr Doktor, was… was ist?« fragte Patricia zögernd, als Dr. Daniel lange schwieg.
Der Arzt antwortete nicht gleich, sondern betrachtete noch einmal sehr genau die grauen Schatten auf dem Monitor, dann stand er auf und bat Patricia, sich wieder anzukleiden.
»Bitte, setzen Sie sich, Frau Gerhardt«, erklärte er, nachdem die junge Frau hinter dem dezent gemusterten Wandschirm hervorgekommen war. »Ich habe leider sehr schlechte Nachrichten.«
Patricia nickte. »Das dachte ich mir schon. Ist es… eine Scheinschwangerschaft?« Sie zuckte die Schultern. »Davon habe ich einmal gehört. Ich glaube, so etwas tritt häufig bei Frauen auf, die sich ganz besonders nach einem Baby sehnen.«
Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Nein, Frau Gerhardt, so einfach ist es leider nicht. Ich fürchte, bei Ihnen liegt eine Eileiterschwangerschaft vor. Das bedeutet, daß sich der Embryo im Eileiter anstatt in der Gebärmutter eingenistet hat. Da Sie bereits in der sechsten Schwangerschaftswoche sind, wird es allmählich gefährlich. Der Embryo kann den Eileiter sprengen.«
Nur mit Mühe konnte Patricia das Zittern ihre Hände unterdrücken. »Was… heißt das?«
Dr. Daniel atmete tief durch. »Das heißt, daß ich Sie sofort in eine Klinik überweisen muß. Sie müssen operiert werden, Frau Gerhardt.«
Patricia erschrak sichtlich. »Aber… kann man den Embryo denn nicht in die Gebärmutter holen? Ich meine… das Baby ist doch da! Sie können es nicht einfach abtreiben!«
Wieder schüttelte Dr. Daniel den Kopf. »Das ist keine Abtreibung, Frau Gerhardt, sondern eine lebenswichtige Operation. Wenn der Embryo den Eileiter sprengt, könnten Sie daran sterben. Und was Ihre vorherige Frage betrifft – leider kann man den Embryo nicht in die Gebärmutter holen. Bei allen Fortschritten, die die Medizin in den vergangenen Jahren gemacht hat… so weit sind wir noch nicht.« Tröstend griff er nach Patricias Händen. »Es tut mir so leid, Frau Gerhardt. Ich weiß ja, wie sehr sie sich nach einem Baby sehnen, aber ich fürchte, wir müssen schnell handeln.«
Tapfer schluckte Patricia die Tränen hinunter. »Und… in welche Klinik überwiesen Sie mich? Ins Kreiskrankenhaus?«
»Nein, natürlich nicht«, wehrte Dr. Daniel sofort ab. »Für solche Operationen halte ich das Kreiskrankenhaus nicht für geeignet. Ich möchte Sie nach München schicken, in die Klinik von Dr. Sommer.« Er stand auf. »Wenn Sie einen Augenblick hier warten, Frau Gerhardt. Ich muß nur kurz mit Dr. Sommer sprechen.« Er zögerte. »Soll ich Frau Kaufmann bitten, solange bei Ihnen zu bleiben?«
Patricia schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig, Herr Doktor. Ich schaffe das schon allein.«
Dr. Daniel empfand ehrliches Mitleid mit der jungen Frau, obwohl sie ihn in den letzten beiden Jahren manchmal den sprichwörtlichen letzten Nerv gekostet hatte. Sie bemühte sich nämlich schon fast fanatisch um eine Schwangerschaft, und so konnte sich Dr. Daniel unschwer vorstellen, wie es in ihrem Innern aussehen mußte – vor allem, weil sie sich ihrem großen Ziel nun schon so nah geglaubt hatte. Er zögerte einen Moment, dann bat er seine Sprechstundenhilfe doch, sich ein wenig um Patricia zu kümmern. Erst jetzt trat er zum Telefon und wählte die Nummer der Klinik, in der sein bester Freund Chefarzt war.
»Verbinden Sie mich bitte mit Dr. Sommer«, verlangte Dr. Daniel, als sich die Dame von der Krankenhausvermittlung gemeldet hatte.
»Tut mir leid, aber der Herr Chefarzt ist diese Woche auf einem Ärztekongreß in Freiburg«, entgegnete die Dame. »Soll ich Sie mit dem Oberarzt verbinden?«
Dr. Daniel überlegte kurz und lehnte dann ab. Er wußte zwar, daß Dr. Sommer ein ausgezeichnetes Team besaß, dennoch hätte er Patricia Gerhardt gerade in diesem speziellen Fall lieber bei ihm persönlich gewußt.
Nachdenklich rieb sich Dr. Daniel das Kinn. Die Operation mußte innerhalb der nächsten Tage durchgeführt werden. Alles andere wäre ein Risiko, das man keinesfalls eingehen durfte.
Entschlossen griff Dr. Daniel erneut nach dem Telefonhörer und wählte die Nummer der Thiersch-Klinik in München. Er selbst hatte vor vielen Jahren dort als Assistenzarzt gearbeitet und wußte daher, daß der dortige Chefarzt ein As auf seinem Gebiet war. Doch auch hier hatte Dr. Daniel kein Glück. Professor
Thiersch war im Augenblick nicht in der Klinik.
Dr. Daniel überlegte kurz und ließ sich dann mit dem Oberarzt verbinden.
»Heller!« meldete der sich mit tiefer Stimme.
»Guten Tag, Herr Kollege«, grüßte Dr. Daniel. »Hier Daniel aus Steinhausen.« Und dann kam er gleich zur Sache. »Bei mir in der Praxis sitzt eine junge Frau, bei der höchstwahrscheinlich eine Eileiterschwangerschaft vorliegt. Ich denke, es müßte innerhalb der nächsten Tage operiert werden… vielleicht sogar heute noch. Kann ich die Patientin zu Ihnen schicken?«
»Selbstverständlich«, antwortete Dr. Heller sofort. »Der Chefarzt ist im Augenblick zwar nicht im Haus, aber ich erwarte ihn praktisch jeden Moment.«
Obwohl Dr. Daniel wußte, welch ein erstklassiger Arzt Dr. Rolf Heller war, beruhigte es ihn doch, daß der Professor in der Klinik wenigstens erwartet