Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman. Marie Francoise
nickte eifrig. »Ja, Herr Doktor, das wäre eine große Beruhigung für mich. Seit der Operation habe ich ohnehin das Gefühl, als hätte ich gar keinen Eisprung mehr. Und dann kann ich ja auch nicht schwanger werden.«
Dr. Daniel nickte. »Gut, dann werde ich gleich heute die Spritzenkur einleiten. Damit ist diese große Belastung von Ihnen genommen, und Sie können sich vielleicht mehr auf Ihr Gefühl konzentrieren. Das ist bei dieser Behandlungsmethode nämlich ebenfalls außerordentlich wichtig. Das Medikament kann seine volle Wirkung nur dann entfalten, wenn Sie völlig gelöst und spannungsfrei sind. Am besten wäre es, wenn Sie eine Art autogenes Training versuchen würden. Gönnen Sie sich jeden Tag mindestens eine Stunde, und besinnen Sie sich dabei auf die Anfangszeit Ihrer Ehe. Denken Sie an das Glück, das Sie empfunden haben, wenn Sie mit Ihrem Mann zusammen waren. Und wie gesagt, um Ihren Eisprung müssen Sie sich keine Sorgen mehr machen. Der kommt ganz von allein, wenn Sie sich entspannen und sich zweimal wöchentlich von mir Ihre Spritze geben lassen.« Er schwieg kurz. »Das Einspritzen des Medikaments tut zwar ein bißchen weh, aber ich bin sicher, daß Sie das gern in Kauf nehmen.«
Wieder nickte Patricia. »Natürlich, wenn ich nur ein Kind bekommen kann.«
»Das kriegen wir schon hin«, meinte Dr. Daniel. »Aber wie gesagt, ein spannungsfreies Leben ist dafür außerordentlich wichtig. Es hat keinen Sinn, wenn Sie jetzt weiter verstärkt auf ein Kind hinarbeiten. Das Medikament kann nur dann optimal wirken, wenn Sie sich von jeglichem Zwang befreien.«
»Das kann ich, wenn ich keine Angst mehr haben muß, daß mein Eisprung ausbleibt«, meinte Patricia.
»Also gut, dann kommen Sie bitte mit nach nebenan, und legen Sie sich auf die Untersuchungsliege – auf die Seite oder auf den Bauch, wie es für Sie angenehmer ist.«
Währenddessen holte Dr. Daniel aus dem Kühlschrank ein niedrig dosiertes Vitaminpräparat, wärmte die Ampulle in der Hand kurz an und zog dann die Spritze auf.
»So, Frau Gerhardt, jetzt piekst es ein bißchen, und dann wird es leider ein wenig schmerzhaft«, warnte Dr. Daniel seine Patientin, bevor er den Kolben langsam nach unten drückte.
»War’s sehr schlimm?« fragte er, als er Patricia beim Aufstehen half.
Tapfer schüttelte sie den Kopf. »Nicht schlimmer als die Vitaminspritzen, die ich vor ein paar Jahren mal bekommen habe.«
Dr. Daniel hatte Mühe, ein Schmunzeln zu unterdrücken.
»Sie werden jetzt nach Hause gehen und sich ein bißchen ausruhen«, riet er. »Und vergessen Sie nicht, was ich Ihnen gesagt habe – entspannen Sie sich, und versuchen Sie, Ihre Gefühle auszuleben. Und am Donnerstag sehen wir uns wieder, ja?«
Patricia strahlte ihn an. »Ja, Herr Doktor, und vielen Dank. Ich bin so froh, daß Sie mir helfen.«
»Dazu bin ich ja da.«
Dr. Daniel begleitete seine Patientin noch hinaus, dann kehrte er in sein Sprechzimmer zurück. Er war sehr gespannt, ob seine gerade neuerfundene Behandlungsmethode wirklich Erfolg bringen könnte.
*
Dr. Wolfgang Metzler war ein wenig erstaunt, als Dr. Daniel ihm telefonisch mitteilte, er solle sich am Mittwochnachmittag freinehmen. Zu ausschweifenden Erklärungen fehlte Dr. Daniel einfach die Zeit, doch Dr. Metzler hatte keine Geduld, um bis Mittwoch zu warten. Und so tauchte er bereits am selben Abend noch bei seinem Freund auf.
»Du neugieriger Tropf«, erklärte Dr. Daniel lächelnd, während er ihn ins Wohnzimmer begleitete. »Normalerweise sollte ich dich jetzt schmoren lassen.«
»Du bist gemein, Robert«, hielt Dr. Metzler ihm vor. »Komm schon, worum geht’s?«
Dr. Daniel lächelte. »Um einen Chirurgen für die Waldsee-Klinik.«
Dr. Metzler zuckte die Schultern. »Ich bin auch Chirurg.«
»Ja, aber du wirst darüber hinaus auch noch Chefarzt sein«, entgegnete Dr. Daniel. »Außerdem kannst du nicht alles allein machen. Die Klinik ist zwar klein, aber nicht so klein, daß auf Dauer ein Arzt ausreichen würde. Und es kommt noch etwas dazu: Dieser neue Arzt ist zugleich für die Chirurgie und für die Gynäkologie einsetzbar. Er hat bei Professor Thiersch gelernt und bis vor kurzem auch bei ihm gearbeitet.«
Dr. Metzler wurde hellhörig. »Er hat die Thiersch-Klinik freiwillig verlassen? Das glaubst du doch selbst nicht, Robert!«
»Ich habe die Thiersch-Klinik auch freiwillig verlassen«, hielt Dr. Daniel dagegen.
»Ja, weil du deine eigene Praxis hattest«, meinte Dr. Metzler. »Aber ein Arzt, der wieder an einer Klinik arbeiten will, geht vonThiersch nicht so einfach weg – es sei denn, er könnte sich dadurch verbessern. Die Waldsee-Klinik ist aber keine Verbesserung. Also, Robert, raus mit der Sprache, was hat es mit diesem Arzt auf sich?«
»Du bist ja ganz schön mißtrauisch«, erklärte Dr. Daniel. »Also schön, Dr. Scheibler hat…«
»Scheibler?« fiel Dr. Metzler ihm ins Wort, dann schüttelte er unwillig den Kopf. »Keine Chance, Robert, dieser Quertreiber wird keinen Fuß in die Waldsee-Klinik setzen.«
Überrascht sah Dr. Daniel ihn an. »Wie kommt es, daß du so ausgezeichnet informiert bist?«
Dr. Metzler grinste. »Deine Tochter hält mich über alles auf dem laufenden, was in München so passiert. Und dein Dr. Scheibler scheint dort eine Weile Tagesgespräch gewesen zu sein.«
Dr. Daniel nickte. »Das kommt mir auch so vor.« Doch für den Augenblick war ihm das Thema Dr. Scheibler gar nicht mehr so wichtig. Wolfgang hatte Karina erwähnt, und Dr. Daniel wußte ja, wie sehr seine Tochter in den jungen Arzt verliebt war. Bahnte sich da tatsächlich zwischen den beiden etwas an?
»Du und Karina… ihr seht euch ziemlich oft, oder?« fragte Dr. Daniel vorsichtig.
»Es geht«, antwortete Dr. Metzler. »Sie zeigt sehr großes Interesse für die Waldsee-Klinik, und da sie demnächst ihr Medizinstudium beginnen will…« In diesem Moment dämmerte ihm der tiefere Sinn von Dr. Daniels Frage. »Augenblick mal, du denkst doch wohl nicht, daß zwischen Karina und mir…«
»Doch, Wolfgang, genau daran denke ich«, fiel Dr. Daniel ihm ins Wort.
»Du bist ja wohl verrückt!« hielt Dr. Metzler ihm vor. »Karina ist siebzehn Jahre jünger als ich! In ihren Augen bin ich vermutlich so etwas wie ein altersschwacher Großvater.«
»Täusch dich da nicht«, entgegnete Dr. Daniel. »Junge Mädchen sind ziemlich romantisch, und du…«
»Und ich bin der Traum ihrer schlaflosen Nächte«, vollendete Dr. Metzler mit einer Spur Sarkasmus, dann tippte er sich mit einem Finger an die Stirn. »Entschuldige, wenn ich das sage, aber ich glaube, deine Phantasie geht langsam mit dir durch.«
»Danke für die Blumen«, knurrte Dr. Daniel.
»Bitte, gern geschehen«, erklärte Dr. Metzler. »Aber ich glaube, wir sind ein wenig vom Thema abgekommen. Ursprünglich ging es doch um diesen Dr. Scheibler, den du der Waldsee-Klinik aufhalsen willst.«
»Hör mal, Wolfgang, der Junge hat einmal einen Fehler gemacht. Soll er dafür ein Leben lang büßen?«
»Fehler ist gut«, erwiderte Dr. Metzler ernst. »Er hat versucht, den Oberarzt aus seiner Position zu verdrängen, und das mit Mitteln…«
»Du bist ja wirklich glänzend informiert«, fiel Dr. Daniel ihm ins Wort. »Weißt du dann auch, warum er es getan hat?«
»Um selbst Oberarzt zu werden.«
»Richtig, aber auch, weil ihm die Patientin, um die es ging, leid getan hat.« Dr. Daniel sah seinen Freund an. »Ich möchte, daß Dr. Scheibler eine zweite Chance bekommt.«
»Warum gibt Professor Thiersch sie ihm nicht?« wollte Dr. Metzler wissen.
»Was soll die Frage, Wolfgang? Du kennst den Professor und weißt, daß er einen solchen Fehltritt niemals verzeiht.«