Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman - Marie Francoise


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unsere Wege. Johanna verheiratete sich mit einem Bauunternehmer und ging mit ihm nach Stuttgart, während ich mein Theologiestudium absolvierte. Meine Schwester und Johanna blieben in brieflichem Kontakt, und vor einigen Monaten schrieb Johanna zum ersten Mal, daß ihre Schwiegertochter Luftveränderung bräuchte. Es gäbe da angeblich Schwierigkeiten, weil sie nicht schwanger werden könne. In ihrer… sagen wir mal etwas resoluten und bestimmenden Art lehnte sie einen bloßen Urlaub ab und meinte, ein Haus in Bayern wäre für ihre Schwiegertochter genau das Richtige. Zufälligerweise bot der alte Simon Huber gerade um diese Zeit sein Haus zum Verkauf an, weil er sich ins Seniorenheim zurückziehen wollte. Woher meine Schwester das wußte, entzieht sich meiner Kenntnis, aber sie hatte ihre Ohren und Augen ja schon immer überall. Der langen Rede kurzer Sinn; Johanna hat das Haus gekauft und wohnt jetzt seit gut sechs Wochen mit Sohn und Schwiegertochter hier in Steinhausen.«

      Pfarrer Wenninger machte eine kleine Pause und trank von seinem Tee. Währenddessen wartete Dr. Daniel geduldig, daß er fortfuhr, denn er ahnte, daß das noch lange nicht das Ende der Geschichte war.

      »Letzte Woche waren meine Schwester und ich bei Johanna zu Besuch«, fuhr Klaus Wenninger auch schon fort. »Und ich habe den Eindruck, daß die junge Frau sehr unter Johannas Art leidet. Verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Doktor. Johanna ist keineswegs bösartig, ganz im Gegenteil. Sie meint es immer nur gut, kann einem damit aber ganz gehörig auf die Nerven fallen. Zudem teilen sich das junge Paar und Johanna dieses Einfamilienhaus, das heißt, daß sie ständig zusammensein müssen. Keiner von ihnen hat irgendeinen Freiraum – vom Schlafzimmer mal abgesehen. Und ich kenne Johanna gut genug, um zu wissen, daß sie sich bestimmt ganz kräftig in die Ehe ihres Sohnes einmischt. Leider ist die junge Frau nicht bereit, sich mir anzuvertrauen. Und Johanna kennt mich zu lange, als daß ich ihr wirklich ins Gewissen reden könnte. Vor mir fehlt ihr der nötige Respekt.«

      »Und Sie meinen nun, daß ich das übernehmen könnte«, vermutete Dr. Daniel.

      Der Pfarrer lächelte. »So hatte ich es mir gedacht.«

      Nachdenklich fuhr sich Dr. Daniel durch das dichte blonde Haar. »Das dürfte ein kleines Problem werden. Sehen Sie, Hochwürden, ich kann nicht einfach da hingehen und mich in die Privatangelegenheit dieser Familie mischen. Wenn ich die Frau in meiner Praxis hätte…«

      »Das wird bald der Fall sein«, fiel Pfarrer Wenninger ihm ins Wort. »Johanna löchert ihre Schwiegertochter schon seit ihrer Ankunft hier, daß sie sich von Ihnen untersuchen lassen soll. Und ich kenne die liebe Johanna gut genug, um zu wissen, daß sie ihre Schwiegertochter in die Praxis begleiten wird. Und dann machen Sie sich auf etwas gefaßt.«

      Dr. Daniel schmunzelte. »Wollen Sie mir Angst machen, Hochwürden?« Er überlegte einen Augenblick. »Was ist eigentlich mit dem Sohn dieser Frau? Kann er denn nicht auf seine Mutter einwirken?«

      Der Pfarrer winkte ab. »Der ist wahrscheinlich wie sein Vater. Ich habe ihn damals, kurz vor Johannas Heirat, flüchtig kennengelernt. Der Ärmste stand vor der Ehe schon unter dem sprichwörtlichen Pantoffel. Und dieser Horst scheint genauso gutmütig zu sein. Außerdem ist es bei Johanna – wie gesagt – sehr schwierig, weil sie es wirklich nur gut meint.«

      »Und Sie glauben nicht, daß man mit diesem Horst einmal reden sollte?« hakte Dr. Daniel nach. »Ich würde mich jederzeit bereit erklären…«

      Doch Pfarrer Wenninger schüttelte voller Überzeugung den Kopf. »Bei Johannas Sohn scheint mir ein Seelendoktor fehl am Platz zu sein. Was der Junge braucht, ist vermutlich eine gehörige Abreibung. Aber die wird er bei Gelegenheit von mir bekommen.«

      Im selben Moment besann er sich, warf einen demütigen Blick nach oben und murmelte eine leise Entschuldigung.

      Dr. Daniel räusperte sich hinter vorgehaltener Hand, um ein Lä­cheln zu unterdrücken. Dieser Klaus Wenninger erinnerte ihn immer wieder an die alten Don-Camillo-Filme mit Fernandel in der Hauptrolle.

      »Ich wollte natürlich sagen, daß ich mit dem jungen Mann einmal ein ernstes Wort sprechen werde«, verbesserte sich der Pfarrer jetzt. »Schließlich müssen Eheleute zusammenhalten – notfalls auch gegen die Mutter beziehungsweise Schwiegermutter, die es immer und überall nur gut mit ihnen meint.« Dann sah er Dr. Daniel an. »Werden Sie mir helfen?«

      »Natürlich, Hochwürden. Soweit es in meiner Macht steht – und das bedeutet, daß ich diese Frau Johanna erst mal in meiner Praxis haben muß.«

      *

      Dr. Daniel lernte Johanna Köster schneller kennen, als er es für möglich gehalten hätte. Es war ein kühler Montagmorgen, als die Sprechstundenhilfe ihm zwei Damen anmeldete – Johanna und Sandra Köster.

      »Schicken Sie sie bitte herein, Frau Kaufmann«, meinte Dr. Daniel und war schon sehr gespannt darauf, diese beiden Frauen, von denen ihm der Pfarrer Klaus Wenninger erzählt hatte, endlich kennenzulernen.

      »Guten Tag, Herr Dr. Daniel«

      Sehr resolut und aufgeschlossen reichte die ältere der beiden Frauen ihm die Hand und schüttelte sie kräftig. Dieser erste Eindruck genügte dem Arzt, um zu wissen, daß es sicher sehr schwierig sein würde, sich dieser Person gegenüber durchzusetzen.

      Dr. Daniel begrüßte sie sehr freundlich, dann wandte er sich der jungen Frau zu, und er erkannte, daß der Pfarrer vollkommen recht gehabt hatte. Sandra Köster litt ganz offensichtlich unter ihrer beherrschenden Schwiegermutter.

      Dr. Daniel bot den beiden Frauen Platz an, dann setzte auch er sich.

      »Nun, meine Damen, was führt Sie eigentlich zu mir?« wollte er wissen.

      »Mein Freundin Martha, die Schwester des hiesigen Pfarrers, hat Sie uns empfohlen«, begann Johanna Köster sofort zu sprechen. »Es geht um seine Schwiegertochter. Sie ist seit fünf Jahren verheiratet und noch immer nicht schwanger. Wir sind der Meinung, daß da irgend etwas nicht stimmen kann

      und …«

      »Mutter, bitte, ich kann doch selbst auch…«, wandte Sandra mit offensichtlicher Verlegenheit ein, doch ihre Schwiegermutter winkte resolut ab. »Aber, Sandra, ich weiß doch, daß du immer viel zu schüchtern bist, um diese Dinge beim Namen zu nennen. Laß mich nur machen. Schließlich muß der Herr Doktor doch wissen, was mit dir los ist.«

      Errötend senkte Sandra den Kopf.

      »Nun, Frau Köster, ich verstehe schon, was Sie meinen«, mischte sich Dr. Daniel rasch ein, um der jungen Frau weitere Peinlichkeiten zu ersparen. »Natürlich muß ich Ihre Schwiegertochter erst gründlich untersuchen, um feststellen zu können, ob es sich vielleicht um ein körperliches Problem handelt.« Allerdings schloß Dr. Daniel diese Möglichkeit insgeheim schon jetzt aus. Er wandte sich an Sandra. »Frau Köster, wenn Sie mir bitte nach nebenan ins Untersuchungszimmer folgen würden.«

      Auch Johanna erhob sich, doch Dr. Daniel wehrte höflich, aber bestimmt ab. »Tut mir leid, Frau Köster, das ist eine Sache, die nur Ihre Schwiegertochter betrifft.«

      »Aber ich kann sie doch in dieser Situation nicht allein lassen«, wandte Johanna besorgt ein.

      Dr. Daniel lächelte. »Seien Sie ganz beruhigt. Ihre Schwiegertochter ist bei mir in den besten Händen.«

      Er geleitete Sandra nach nebenan und schloß die Tür, dann bedeutete er der jungen Frau, Platz zu nehmen.

      »Soll ich mich freimachen?« fragte Sandra leise.

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig, Frau Köster. Ich bin sicher, daß wir körperlicher Gründe für Ihre Kinderlosigkeit ausschließen können. Außerdem nehme ich an, daß Sie sich bereits gründlich untersuchen ließen.«

      Sandra nickte. »Mehr als einmal, Herr Doktor.«

      »Das dachte ich mir.« Aufmerksam sah er die junge Frau an. »War es jedesmal so wie jetzt bei mir?«

      Sandra zögerte, dann nickte sie. »Ja, Herr Doktor. Sie ist überall dabei.«

      »Und das belastet Sie, nicht wahr?«

      Sandra nickte, schränkte aber


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