Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman - Toni Waidacher


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der Geistliche. »Ich hoff’, wir stören net.«

      »Aber keineswegs, Hochwürden.« Resl Wagner schüttelte heftig den Kopf. »Kommen S’ nur herein.«

      »Das ist die Frau Brinkmann«, stellte Sebastian seine Begleiterin vor. »Wir haben ein Anliegen…«

      Die Bäuerin schüttelte Carla die Hand.

      »Um was geht’s denn?« fragte sie.

      »Das ist eine lange Geschichte, die aber schnell erzählt ist«, meinte der Bergpfarrer. »Frau Brinkmanns Großeltern hat einmal der Hof gehört.«

      »Ach, wirklich? Und jetzt woll’n S’ sich in der alten Heimat umschau’n.«

      Resl deutete auf die Bank und den Tisch, die vor dem Haus standen.

      »Nehmen S’ doch Platz«, sagte sie. »Ich hab’ gerad’ Kaffee gekocht. Möchten S’ vielleicht eine Tasse?«

      Die Besucher schlugen das Angebot nicht aus, und wenig später hatte die Bäuerin Kaffee und Tassen auf den Tisch gestellt.

      »Wir wollten uns zwar auch umschau’n«, erklärte Sebastian Trenker, »aber die Frau Brinkmann ist noch aus einem and’ren Grund hier.«

      Er erzählte Resl Carlas Geschichte, und daß die junge Frau nach St. Johann gekommen sei, um mehr über ihre Familie herauszufinden.

      »Ja, viel weiß ich net darüber«, erwiderte die Bäuerin. »Das war ja noch alles vor meiner Zeit.«

      Sie selbst stammte aus einem kleinen Ort im Bayerischen Wald und war in jungen Jahren ins Wachnertal gekommen. Als sie dann Josef Wagner heiratete, lag der Kauf des Hornbacherhofes schon Jahre zurück.

      »Schad’, daß mein Mann net da ist«, fuhr sie fort. »Der Sepp und Flori sind, kurz bevor Sie gekommen sind, wieder in den Wald hinaufgefahren. Allerdings weiß ich net, ob mein Mann Ihnen viel erzählen kann, Frau Brinkmann…«

      »Sagen S’ doch einfach Carla«, lächelte die junge Frau.

      Sie hatte wirklich nicht erwartet, hier mehr zu erfahren. Aber es war schön, sich vorzustellen, daß ihre Großeltern und die Mutter hier einmal gelebt hatten, über diesen Hof gegangen waren, vielleicht auf dieser Bank gesessen hatten.

      Resl Wagner hatte das Angebot, sie beim Vornamen zu nennen, mit einem Lächeln angenommen. Die Besucherin machte einen netten Eindruck auf sie, und das Schicksal, das sie erfahren hatte, rief das Mitleid der Bäuerin hervor.

      Sie schaute Carla von der Seite her an und erinnerte sich an Florians Frage nach dem Gemälde am Morgen.

      »Kommen S’ mal, Carla«, sagte sie. »Ich möcht’ Ihnen was zeigen.«

      Sie gingen ins Haus, und die Bäuerin deutete auf das Gemälde.

      »Schau’n S’ nur«, sagte sie. »Ist die Ähnlichkeit net verblüffend?«

      *

      »In der Tat«, nickte Sebastian Trenker und betrachtete das Gemälde genauer. »Man könnt’ meinen, der Maler hätt’ Sie abgebildet, Carla.«

      Die junge Arzthelferin war von dem Anblick ebenfalls fasziniert.

      »Wissen Sie, wen das Bild darstellt?« fragte sie die Bäuerin.

      Resl Wagner schüttelte den Kopf.

      »Wirklich net«, antwortete sie. »Aber wissen S’ was merkwürdig ist? Der Florian, unser Bub, hat mir heut’ morgen schon mal dieselbe Frage gestellt…«

      Sie blickte Carla nachdenklich an.

      »Kennen Sie ihn vielleicht?«

      »Ihren Sohn? Nein. Woher denn auch? Ich bin ja erst gestern angekommen und habe außer mit Hochwürden sonst keine Bekanntschaften gemacht.«

      Der Bergpfarrer hatte zugehört und dabei die beiden Frauen angesehen. Es war wirklich ein seltsamer Zufall, daß Florian Wagner sich am Morgen nach der Frau auf dem Bild erkundigt hatte. Aber auf das Warum hatte der Geistliche auch keine Antwort.

      »Ich könnt’ mir vorstellen, daß das Bild Ihre Großmutter zeigt«, meinte er. »Wenn net gar Ihre Urgroßmutter. Leider hat der Künstler sich weder mit seinem Namen verewigt noch ein Datum hinterlassen, wann er es gemalt hat. Das wäre jedenfalls ein schöner Anhaltspunkt gewesen.«

      Die Bäuerin hob die Arme.

      »Es tut mir wirklich leid, daß ich Ihnen da net weiterhelfen kann«, bedauerte sie. »Aber wenn Sie mögen, Frau Brinkmann, dann kommen S’ doch gerne noch mal wieder her, wenn mein Mann zu Hause ist. Vielleicht kann er Ihnen ja mehr darüber erzählen, wie das damals mit dem Verkauf des Hofes war. Vielleicht am Samstag zum Kaffee?«

      »Das ist wirklich sehr nett«, freute sich Carla über die Einladung. »Ich komme gerne.«

      Sebastian schlug vor, noch einen kurzen Spaziergang über den Hof zu machen und sich alles anzuschauen und dann nach St. Johann zurückzufahren. Er wollte gern noch am späten Nachmittag nach Engelsbach fahren, um sich dort mit seinem Amtsbruder zu unterhalten.

      Wahrscheinlich würde dieses Gespräch nicht einfach werden, dachte der Geistliche auf der Heimfahrt. Seit Blasius Eggensteiner der Hirte der Nachbargemeinde geworden war, hatte der Bergpfarrer es nicht mehr leicht. Bruder Blasius, den er vom Priesterseminar her kannte, versuchte auf jede erdenkliche Art, ihm Steine in den Weg zu legen. Schon damals, während des Studiums hatte er sich als intrigant und böse erwiesen. Über zwanzig Jahre hatte Sebastian nichts mehr von ihm gehört und gesehen, doch dann überraschte ihn Bischof Meerbauer an dessen siebzigsten Geburtstag mit der Nachricht, daß die jahrelang verwaiste Pfarrstelle in Engelsbach in Kürze endlich wieder einen Geistlichen haben würde. Ein engagierter Pfarrer solle es sein, der erfolgreich in Südamerika missioniert habe und nun in die Heimat zurückkehre.

      Als der gute Hirte von St. Johann dann den Namen des Amtsbruders hörte, schwante ihm schon Böses. Und kaum hatte Blasius Eggensteiner sein Amt angetreten, ging der Ärger auch schon sofort los.

      Sebastian versuchte, den Kontakt mit dem streitbaren Geistlichen, so gut es ging, zu vermeiden. Aber leider ging es nicht immer gut, so wie in diesem Fall. Wenn er etwas über Tobias Starnmoser herausfinden wollte, mußte er wohl oder übel mit dem Seelsorger von St. Anna reden.

      Doch erst einmal setzte er Carla vor der Pension ab.

      »Kommen S’ doch heut’ zum Abendessen ins Pfarrhaus«, sagte er beim Abschied. »Vielleicht weiß ich bis dahin ja schon etwas über Ihren Vater.«

      »Vielen Dank, Hochwürden«, erwiderte die Arzthelferin. »Auch für Ihre Bemühungen.«

      »Das ist schon in Ordnung«, entgegnete der Bergpfarrer und wendete seinen Wagen.

      Carla schaute ihm hinterher, bis er um die Ecke verschwunden war, dann ging sie die Stufen zur Tür hinauf.

      Nein, sie hatte wirklich nicht erwartet, auf dem Hof, der einmal ihren Großeltern gehört hatte, auf etwas zu stoßen, das ihr weiterhelfen würde. Aber es war schön gewesen, auf den Spuren der Vergangenheit zu wandeln und sich vorzustellen, daß dies der Ort war, wo ihre Eltern gelebt, geliebt und gelitten hatten.

      Ria Stubler erwartete sie schon.

      »Da war ein Anruf für Sie, Frau Brinkmann«, sagte die Pensionswirtin. »Ein Herr Heinrich Brinkmann wollt’ Sie sprechen. Ihr Vater?«

      »Mein Onkel«, schüttelte sie den Kopf. »Vielen Dank. Ich rufe ihn gleich an.«

      Sie ging auf ihr Zimmer.

      Onkel Heinrich – wahrscheinlich machte er sich Sorgen, weil sie sich noch nicht gemeldet hatte. Die Postkarte, die sie gestern geschrieben und eingeworfen hatte, würde er frühestens morgen erhalten.

      Sie setzte sich ans Fenster und nahm das Telefon. Am besten rief sie ihn sofort an, dann konnte sie ihn beruhigen und erzählen, wie weit sie mit ihren Nachforschungen gekommen war.

      *

      Daß


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