Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman - Toni Waidacher


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bis ein guter Käse fertig war.

      Von der Begegnung mit Ulli Vogler erwähnte sie nichts, obgleich ihr der Bursche nicht mehr aus dem Kopf zu gehen schien. Selbst beim Abendessen mußte sie an ihn denken, sah sie die sanften, dunklen Augen und das beinahe spitzbübische Lächeln vor sich.

      Wie es ihm wohl gehen mochte. War er gut im Tal angekommen? Hatte die Salbe des Senners wirklich Wunder gewirkt, wie er behauptete?

      Eva merkte, daß sie sich eine Menge Sorgen um ihn machte, und am liebsten hätte sie zum Telefon gegriffen und im Hotel angerufen.

      Aber das ging natürlich nicht.

      Was sollte er denn von ihr denken?

      Außerdem… außerdem hatte Eva sich vorgenommen, sich nicht so schnell wieder zu verlieben. Schließlich hatte sie gerade erst eine gescheiterte Beziehung hinter sich. Auch wenn sie seit über sechs Wochen nichts mehr von Markus gehört hatte, so tat der Gedanken an ihn immer noch weh.

      »Am Samstag ist Tanzabend im Löwen«, bemerkte Ria und riß sie damit aus ihrem Nachdenken über unglückliche Liebesbeziehungen. »Da werden S’ doch sicher hingeh’n, net wahr?«

      Eva lächelte und zuckte die Schultern.

      Wahrscheinlich wäre es eine Möglichkeit, Ulli dort wiederzusehen. Aber eigentlich wollte sie es ja gar nicht…

      Oder etwa doch?

      Sie ertappte sich bei dem Gedanken, wie sie mit ihm auf der Tanzfläche stehen würde, in seinen Armen…

      Menschenskind, schoß es ihr durch den Kopf, denk’ an Markus. Dann hast du die Antwort. Nein, sie würde nicht hingehen, und Ulli mit seinem verletzten Fuß sowieso nicht.

      »Mal seh’n«, gab sie ausweichend Antwort und merkte gleichzeitig, daß sie ihren eben gefaßten Entschluß damit schon wieder ins Wanken gebracht hatte.

      »Also, das hört sich aber net begeistert an«, schüttelte die Pensionswirtin den Kopf. »Für ein junges Madl gibt’s doch nix Schön’res, als mit einem feschen Burschen zu tanzen.«

      Eva lächelte. Natürlich hatte Ria recht. Aber dennoch.

      »Ich habe es ja nicht ganz ausgeschlossen«, meinte sie und hoffte, daß die Wirtin sich damit zufriedengeben würde.

      Schon bald nach dem Abendessen verabschiedete sie sich. Der Tag war anstrengend gewesen, und sie spürte, wie müde sie wurde. Doch als sie in ihrem Bett lag, dauerte es noch eine ganze Weile, bis sie einschlafen konnte.

      Und schuld daran war ein bestimmter junger Mann, der ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen wollte.

      *

      Alois Krammler, der Knecht vom Wendelhof, hatte Ulli direkt bis vor das Hotel gefahren. Beim Absteigen war er dem jungen Burschen behilflich.

      »Pfüat di’ und gute Besserung«, verabschiedete sich Alois und fuhr zum Hotel weiter.

      Ulli winkte ihm hinterher und humpelte ins Hotel hinein. Eigentlich tat der Fuß gar nicht mehr weh, aber es war die natürliche Angst, Schmerz zu spüren, die ihn so vorsichtig auftreten ließ.

      Sepp Reisinger stand an der Rezeption, als sein Gast hereinkam. Der Wirt sah ihn bestürzt an.

      »Herr Vogler, hatten S’ etwa einen Unfall?«

      »Halb so schlimm«, winkte Ulli ab. »Der Senner oben auf der Hütte hat mich gut versorgt. Der Fuß ist ein wenig verdreht, aber sonst bin ich in Ordnung, und der Herr Thurecker hat mir noch etwas von der Salbe mitgegeben.«

      Sepp reichte ihm den Zimmerschlüssel.

      »Da war ein Anruf heut’ mittag für Sie«, erzählte er. »Ich hab’ der jungen Dame gesagt, daß Sie auf Wanderung sind. Frau Werenhofen bittet Sie, zurückzurufen.«

      »Mach’ ich«, nickte Ulli und ging nach oben.

      Dabei merkte er, daß er den ganzen Tag kaum an Constanze gedacht hatte.

      Der Anruf kann warten, überlegte er. Erst einmal heiß duschen, dann etwas von der Salbe auftragen und den Fuß hochlegen.

      Während das Wasser auf ihn herniederprasselte, summte er ein Lied unter der Dusche. Trotz des Mißgeschicks, das ihm widerfahren war, hatte er gute Laune, und das lag, wie er ganz genau wußte, an Eva Jansen. Sein Herz klopfte jetzt noch vor Aufregung, wenn er an sie dachte, und der Gedanke an Constanze verblaßte immer mehr.

      Allerdings war er sich auch bewußt, daß er um den Anruf nicht herumkommen würde. Die Tochter des Großbäckers Justus von Werenhofen konnte sehr ungehalten werden, wenn man ihre Wünsche nicht erfüllte.

      Ulli mußte sich eingestehen, daß er im Grunde recht froh war, daß es mit Constanzes Urlaubsplanung nicht geklappt hatte. Ursprünglich wollten sie gemeinsam in die Berge fahren. Doch die angehende Betriebswirtin, die eines Tages das Unternehmen vom Vater erben würde, stand vor wichtigen Prüfungen und hatte schweren Herzens verzichten müssen.

      Seufzend nahm der junge Bursche das Telefon und wählte ihre Nummer. Schon nach dem zweiten Klingeln nahm sie ab.

      »Hallo, Ulli, schön, daß du anrufst. Wie war dein Tag?«

      »Gut«, antwortete er. »Ich habe eine Bergwanderung gemacht.«

      »Ich weiß. Schade, daß ich nicht dabeisein konnte. Weißt du, ich vermisse dich sehr. Aber diese Prüfungen schaffen mich einfach. Ich weiß gar nicht, wie du das überstanden hast.«

      Im Gegensatz zu Constanze hatte Ulli seinen Abschluß als Betriebswirt schon gemacht.

      »Ach, das ist alles halb so wild«, versuchte er sie zu beruhigen.

      »Du, ich freue mich schon darauf, wenn du wieder da bist«, rief sie überschwenglich. »Unsere Eltern wollen es dann ganz offiziell bekanntgeben.«

      Der junge Bursche seufzte innerlich.

      Mußte sie ihn ausgerechnet jetzt daran erinnern?

      »Ja, aber ich denke, daß wir doch noch einiges zu besprechen haben«, wandte er ein.

      Dabei konnte er sich beinahe bildlich vorstellen, wie Constanze von Werenhofen die Stirn runzelte.

      »Was gibt’s denn da noch zu besprechen?« wollte sie wissen. »Zwischen uns ist doch alles klar. Oder etwa nicht?«

      »Du, ich bin müde«, wich er aus. »Es war ein anstrengender Tag. Ich melde mich in den nächsten Tagen wieder.«

      »Gut, Liebster. Dann geh’ früh schlafen. Ich freue mich auf deinen Anruf.«

      Ulli legte den Hörer auf die Gabel und schaute nachdenklich zur Zimmerdecke hinauf.

      Eine Woche also noch. Nicht gerade eine lange Galgenfrist!

      Er drehte sich auf den Bauch und stützte den Kopf in die Hände. Sein innerer Widerstand gegen diese Verbindung wurde immer stärker, und das hatte absolut nichts mit dem hübschen Madl zu tun, dem er heute begegnet war. Aber auf der anderen Seite wurde er sich auch seiner Verantwortung bewußt. Gegenüber seinen Eltern und ganz besonders der Firma, die er einmal übernehmen sollte.

      Leider stand sie nicht mehr auf ganz so festen Beinen wie damals, als sein Großvater stark und sein Vater Chef der ›Vogler Lebkuchen- und Printenbäckerei‹ wurde. Das Geschäft stagnierte seit Jahren. Auch wenn immer Lebkuchen gegessen wurden, so war es doch ein reiner Saisonartikel, der nur in der Vorweihnachtszeit boomte. Um die Maschinen auszulasten, wurden zwar auch Kuchen und Herzen für die Schausteller der Jahrmärkte hergestellt, doch damit war nicht das große Geld zu verdienen. Zumal Hans Vogler, der derzeitige Seniorchef des Unternehmens, nichts davon hielt, mit billigen Backmischungen weitere Artikel in das Sortiment aufzunehmen, die das ganze Jahr über gefragt waren. Hinzu kam, daß Großbäckereien in den Markt drängten. Mit den Konditionen, die die den großen Lebensmittelketten machten, konnten Hans und Ulrich Vogler nicht mithalten.

      Die Folge war, daß die Firma in eine riskante Krise geschlittert war und kurz vor dem Konkurs stand.


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