Butler Parker 152 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 152 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Butler Parker – 152 –

      »Sehr albern«, mokierte sich Agatha Simpson. Sie saß am Steuer ihres reichlich ramponierten Land-Rover und beobachtete ihn in einer Mischung aus Abwehr und Faszination die Szene vor dem Bankgebäude. Die schmale Straße in der City von London war abgesperrt worden, damit das Team ungestört arbeiten konnte.

      »Modefotos, Mylady«, sagte Kathy Porter, die Sekretärin und Gesellschafterin der Lady, »eine ungewöhnliche Kombination.«

      »Sollen das etwa japanische Ritter sein?« fragte Lady Agatha und deutete auf einige untersetzte, drohend aussehende Männer, die Samurai-Schwerter in Händen hielten. Die Gesichter dieser Männer wurden verdeckt von dämonisch aussehenden Masken, die Rüstungen bestanden aus Lederplatten bis zu den Oberschenkeln.

      In reizvollem Kontrast dazu standen die Mannequins in ihren gewagt aussehenden Kreationen. Die Damen zeigten eine Mode, die altjapanisch inspiriert war. Solche Schöpfungen der Modeindustrie basierten auf Kimonos, die in diesem Fall allerdings reichlich geschlitzt waren. Sie zeigten viel von den schlanken Linien ihrer Trägerinnen.

      Der Chef-Fotograf arbeitete ohne Aufwand. Er verzichtete auf Scheinwerfer und Lichtblenden, hielt einen großen Fotoapparat in Händen und verschoß eine Aufnahme nach der anderen. Sein Assistent gruppierte die japanischen Ritter und die Modelle immer wieder neu, sorgte für Bewegung und scheuchte die furchterregend aussehenden Ritter schließlich in den Kastenaufbau eines kleinen Lieferwagens. Die Mannequins verschwanden in der Vorhalle der Bank. Die neugierigen Zuschauer zerstreuten sich bereits, die beiden Polizeibeamten, die den Verkehr aufgehalten hatten, gaben die schmale Fahrbahn wieder frei.

      »Endlich«, sagte Agatha Simpson, »eigentlich eine Frechheit, eine Lady Simpson warten zu lassen.«

      Die passionierte Detektivin ließ ihren Land-Rover vorspringen, rammte um ein Haar das Heck eines vorausfahrenden Wagens und wurde dann ein wenig abgelenkt.

      Im Eingang des Bankgebäudes erschienen drei weitere Japan-Ritter, die es eilig hatten, den Kastenlieferwagen zu erreichen. Einer dieser Ritter übersah dabei fast den geländegängigen Wagen der älteren Dame, die mit einer Vollbremsung reagierte. Der Ritter warf sich im letzten Moment noch zurück und drohte, rannte dann aber weiter.

      »Haben Sie das gerade mitbekommen, Kindchen?« Lady Agatha war empört.

      »Eine automatische Geste, Mylady«, besänftigte Kathy Porter.

      »Papperlapapp, eine Lady Simpson läßt sich so etwas nicht bieten.«

      Sie reagierte auf ihre Weise, gab Gas und nahm die Verfolgung des Frechlings auf. Dabei lädierte die Forsche zwar den Kotflügel des vor ihr fahrenden Wagens, doch das focht sie nicht weiter an. In solchen Dingen war Agatha Simpson stets großzügig. Sie ließ den Land-Rover über die Bordsteinkante steigen und gab Gas.

      Der japanische Ritter nahm den Kopf herum und sah knapp hinter sich den eckigen Kühler des Rover, worauf er sein Tempo beschleunigte und zu dem Kastenlieferwagen hastete, dessen hintere Wagentür noch weit geöffnet war. Der Wagen hatte sich jedoch schon in Bewegung gesetzt.

      Die beiden anderen japanischen Ritter stiegen gerade ungelenk und mühsam in den Kastenaufbau. Die schweren Rüstungen erwiesen sich als ausgesprochen hinderlich, doch sie schafften es mit Mühe und Not. Der dritte Ritter hingegen stolperte, und Lady Simpson bremste, um diesen Mann nicht zu rammen.

      Der Ritter raffte sich auf, beging einen Fehler. Er hielt plötzlich eine Schußwaffe in Händen und genierte sich nicht, auf die Windschutzscheibe des Land-Rover zu schießen. Die Scheibe wurde voll getroffen und zeigte plötzlich viele kleine Risse, die die Sicht erschwerten.

      Lady Agatha war eine Frau, für die der Begriff Angst nicht existierte. Bevor Kathy Porter etwas unternehmen konnte, stieg die ältere Dame bereits aus und konzentrierte sich auf den Samurai, der inzwischen hinter dem davonfahrenden Kastenwagen herrannte. Und er hätte es geschafft, wenn Lady Agatha nicht ihren Pompadour eingesetzt hätte.

      Es handelte sich dabei um einen perlenbestickten Handbeutel, in dem ein echtes Pferdehufeisen untergebracht war, Agatha Simpson schwang gekonnt diesen Pompadour und ließ dann die Trageschnüre los. Der Pompadour nahm sofort Fahrt auf, segelte durch die Luft und klatschte gegen den Hinterkopf des Ritters, der unmittelbar darauf eine etwas verunglückte Bauchlandung zelebrierte. Er schlitterte mit seiner Lederrüstung über den Gehweg und verlor einen Bambuskoffer.

      »Treffer«, sagte Lady Simpson und nickte zufrieden, »und jetzt wird dieser Flegel sich bei mir gefälligst entschuldigen.«

      Der Samurai war dazu vorerst nicht in der Lage. Er lag regungslos auf den Gehwegplatten und bekam nicht mit, daß Kathy Porter neben ihm erschien. Myladys Sekretärin hatte bereits den mittelgroßen Koffer aus Bambus an sich genommen und wollte ihn zurück zu dem Japan-Ritter tragen.

      Der Kastenwagen befand sich inzwischen auf der Rückfahrt. Der Fahrer hatte den Rückwärtsgang eingelegt und jagte in leichten Schlangenlinien auf den ruhenden Samurai zu, wobei die hintere Wagentür wieder aufgedrückt wurde.

      Zwei Ritter sprangen aus dem Kastenwagen und hielten ihre Schwerter schlagbereit in Händen. Ohne jede Vorwarnung drangen sie auf Kathy Porter ein, die gegen diese dämonisch aussehenden Männer keine Chance besaß. Sie schwangen ihre Schwerter und schienen fest entschlossen, Myladys Gesellschafterin zu vierteilen!

      *

      »Ich habe Sorgen«, sagte Chief-Superintendent McWarden und sah Anwalt Mike Rander und Butler Parker hilfesuchend an, »seit einigen Tagen tun sich Dinge hier in London, die auf mich wie ein Alptraum wirken.«

      McWarden, bullig und untersetzt, etwa fünfundfünfzig, sah stets wie eine gereizte Bulldogge aus. Er befand sich im Haus des Anwalts in der Curzon Street, in dem sich auch Mike Randers Kanzlei befand.

      »Schütten Sie Ihr Herz aus, McWarden«, schlug der Anwalt vor, der an einen James-Bond-Schauspieler erinnerte, »ich bin sicher, daß Parker Ihnen mal wieder helfen wird.«

      »Meine bescheidenen Fähigkeiten stehen zu Ihrer Verfügung, Sir«, ließ Josuah Parker sich vernehmen. Er war alterslos, etwas über mittelgroß und sah aus wie das Urbild eines hochherrschaftlichen englischen Butlers. Parker, in Diensten der Agatha Simpson stehend, versorgte nun auch Mike Rander, nachdem dieser aus den USA nach London zurückgekehrt war.

      »Es geht um Täter, wie sie mir noch nie geschildert wurden«, meinte McWarden und räusperte sich, »damit wir uns nicht mißverstehen, ich gebe jetzt nur das wider, was Augenzeugen und Tatbeteiligte zu Protokoll gegeben haben.«

      »Diese Einschränkung machen Sie nicht ohne Grund«, fand der etwa vierzigjährige Anwalt, »zieren Sie sich nicht... Wir werden bestimmt nicht lachen.«

      »Man sagte übereinstimmend aus, von Rittern überfallen worden zu sein«, erklärte der Chief-Superintendent, »von japanischen Rittern, um ganz genau zu sein.«

      »Bemerkenswert, Sir, wenn ich es so ausdrücken darf«, ließ Josuah Parker sich in seiner stets höflichen Art vernehmen, »um eine Art Massensuggestion dürfte es sich kaum handeln?«

      »Eben das weiß ich nicht.« McWarden hob hilflos die Schultern. »Sie wissen ja, daß erst vor wenigen Tagen eine Fernsehserie beendet wurde, in der japanische Samurai und Ritter eine wichtige Rolle gespielt haben.«

      »Richtig, ich habe ein paar Folgen davon gesehen«, erinnerte sich Mike Rander »sie waren spannend gemacht, McWarden.«

      »Darf man erfahren, Sir, mit welcher Beute diese japanischen Ritter abzogen?« fragte Butler Parker.

      »Es wurden Tageskassen von Supermärkten ausgeräumt, Bankfilialen ausgeraubt und einige Juweliergeschäfte dazu. Die bisherige Beute dürfte etwa hundertzwanzigtausend Pfund betragen.«

      »Hört sich nicht schlecht an«, erwiderte Mike Rander salopp, »damit kommt man schon ’ne Weile aus, McWarden.«

      »In allen Fällen waren die Täter gekleidet wie japanische Ritter«, wiederholte der Chief-Superintendent, »und sie bedrohten ihre Opfer mit Samurai-Schwertern. Sie können sich die Angst der Betroffenen vorstellen. Die Angst vor solch einem Schwert dürfte fast noch größer sein als die vor einem Revolver oder ähnlichem. Widerstand würde in keinem Fall geleistet.


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