Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark
fast faltenloses Gesicht war flammendrot geworden. »Ich baue die Bahn, Sheriff. Ich baue sie für die Stadt.«
McCrea nickte. »Sicher. Es fragt sich nur, ob die Stadt dabei auch hinter ihnen stehen wird. Die Soldaten müssen bezahlt werden, wenn sie das Fort verlassen. Das wissen Sie so gut wie ich. Wollen Sie das auch noch übernehmen?«
»Wenn es sein muß, ja. Aber ich denke doch, daß der Mayor…« Er stockte.
Und Pat McCrea nickte. »Yeah, der Mayor wird… Was wird er denn? Er hat doch den Vertrag mit den Roten unterzeichnet!«
Da überzog urplötzlich eine fahle Blässe das Gesicht des Bankiers. »Was für einen Vertrag, Sheriff? Einen Irrsinnswisch hat er unterschrieben! Wer sagt Ihnen denn, daß so ein Schrieb noch Gültigkeit hat? Die Zeiten haben sich geändert. Die Indianer bedeuten keine echte Gefahr mehr für die Stadt. Und wenn sie ihre Reservate verlassen, dann müssen sie eben zurechtgestutzt werden. Wie, das ist völlig einerlei. Jedenfalls baue ich meine Bahn. Und daran wird mich niemand hindern. Der Mayor nicht – und Sie auch nicht!«
Der Sheriff legte den Kopf auf die Seite und sah ihn forschend an.
»Mr. Henderson, ich nehme an, daß die Erregung Ihnen diese Worte eingegeben hat. Sie wissen genau, daß ich nicht gegen Sie bin!«
Henderson war in hellen Zorn geraten. Seine dunklen Augen funkelten. »Alle sind gegen mich. Ich habe nicht einen einzigen Arbeiter in Santa Fé bekommen. Obgleich hier eine Menge Leute wohnen, die nichts zu tun haben und die gut und gern ein paar Dollars gebrauchen könnten. Niemand muß sich bei den Arbeiten schinden. Und je mehr Leute ich hätte, um so leichter wäre die Arbeit und um so schneller käme ich vorwärts. Aber es war nicht ein Mann in der ganzen Stadt, der auf die Zeitungsanzeige gekommen ist. Nicht einmal einer der Burschen unten in dem Hold-Camp, wo wirklich Menschen genug wohnen, die Geld brauchen…«
Weil der Sheriff schwieg, meinte Henderson: »Und Sie selbst wissen genau, weshalb es so gekommen ist, weshalb keiner eine Hand für mich rühren wollte – weil der Mayor in der Stadtversammlung schwieg, als ich mein Anliegen vortrug! Er schwieg, weil er gegen mich ist, weil er gegen jeden Fortschritt ist, weil er den verrückten Vertrag mit einem Wilden unterschrieben hat und weil er eben der alte selbstherrliche Owen Lloyd ist, der Mayor von Santa Fé, der größten Stadt des Westens.«
Der Sheriff nahm den Türgriff in die Hand. Nur halblaut sagte er: »Wir beide wissen, weshalb der Mayor schwieg, Mr. Henderson…«
Eine fahle Blässe überzog plötzlich das Gesicht Hendersons. »Was wollen Sie sagen?«
»Es gibt zwei Dinge, weshalb der Bürgermeister zu Ihrem Bahnbauprojekt geschwiegen hat. Von dem Indianervertrag, der verjährt sein mag, will ich nicht reden. Ich meine etwas anderes. Austin Portlands Overland befährt die Strecke – und jeder, der eine neue Transportlinie bauen wollte, ist gescheitert.«
»Sie glauben doch nicht im Ernst, daß das ein Punkt ist, einen Mann wie Lloyd zu bewegen, gegen den Bahnbau zu sein?«
»Weshalb nicht? Er ist ein vorsichtiger Mann. Vielleicht wünscht er Ihnen kein Unglück.«
»Aber auch kein Glück!« knurrte der Bankier.
»Das ist auch schwer zu erwarten.« Pat McCrea dachte an den zweiten Punkt, der den Mayor bewogen haben mochte, den Bahnbau-Plan Hendersons nicht zu stützen. Der Mayor hatte eine Tochter, die noch vor zwei Jahren das hübscheste Mädchen der Stadt war. Sie war mit dem Bankier verlobt gewesen. Eines Tages stürzte sie vom Pferd und fiel so unglücklich, daß sie nur noch humpelnd gehen konnte. Die Verlobung der beiden ging auseinander.
Henderson ging jetzt auf den Sheriff zu und nahm seine Hand. »Mr. McCrea, Sie können mich vielleicht nicht verstehen, weil auch Sie noch zu sehr am alten hängen. Ich will eine Bahn bauen, der Stadt etwas Großes geben…«
Pat McCrea nickte. »Doch, Mr. Henderson, das begreife ich schon.«
»Die Rothäute haben einen meiner Arbeiter getötet.«
»Der Mann hatte zuerst die Flinte in der Hand. Jedenfalls berichtet es Boswell so.«
»Einerlei, die Roten haben ihn ermordet.«
»Ob es ein Mord war, Mr. Henderson, werde ich morgen feststellen. Ich reite morgen früh mit Fuller hinaus.«
»Und ich komme mit!« erklärte Henderson entschieden.
*
Die Stimmung der Bahnarbeiter war denkbar schlecht. Sie alle hatten den Ritt des Ingenieurs und des Vorarbeiters beobachten können. Sie hatten gesehen, daß Gennan das Gewehr auf die Indianer gerichtet hatte, sie hatten ferner gesehen, daß der Boß es ihm aus der Hand gerissen hatte.Sie hatten beobachtet, wie Boswell den anderen aus dem Sattel geworfen hatte – und dann war der Schuß gefallen.
Ratlos standen sie um Henderson, den Sheriff und den Ingenieur herum, nachdem sie ihren Kameraden beerdigt hatten.
»Die Sache ist also ganz eindeutig«, meinte Henderson. »Die Roten haben den Mann ermordet. Ich werde einen Boten nach Fort Dawson schicken, damit die Indianer von den Blaujacken bestraft werden.«
Boswell schüttelte den Kopf. »Davon würde ich Ihnen abraten, Mr. Henderson.«
Der Bankier blickte den Ingenieur unwillig an. »Was wollen Sie? Soll ich etwa abwarten, bis mir diese Halunken den ganzen Trupp hier aufgerieben haben?«
Boswell suchte dem Bankier klarzumachen, daß es vielleicht besser wäre, ein vernünftiges Wort mit den Indianern zu sprechen. Der tiefe Eindruck, den die Comanchen auf ihn gemacht hatten, war trotz Jim Gennans Tod in ihm haften geblieben.
»Ich glaube, Sie sind auch ein Indianerfreund, Boswell?« fragte der Bankier spöttisch.
Nein, er war kein Indianerfreund, der Ingenieur, aber er hatte eine unbestimmbare Angst in sich. Eine Angst vor der Rache der Comanchen.
Henderson und der Sheriff verließen das Lager wieder. Morgen schon würden die Soldaten losreiten, um die Indianer für den Tod des weißen Bahnbauarbeiters Gennan zu bestrafen.
Mitten in der Nacht schreckte der Ingenieur hoch. Eine harte schwielige Hand preßte sich um seinen Mund. Dann hörte er dich an seinem Ohr eine rauhe kehlige Stimme, die ihm zuzischte: »Keinen Laut und keine Bewegung, sonst fährt dir mein Messer in die Brust. Ich bin gekommen, um dir zu sagen, daß ich den Vertrag, den der alte weiße Mann mit mir gemacht hat, als gebrochen betrachte…«
Boswell riß sich los und warf sich herum.
Der Indianer schnellte hoch. Der Stahl funkelte in seiner Hand.
Drohend starrten die beiden Männer einander an.
Da flüsterte der Indianer: »Ich schleudere dir das Messer noch über fünfzehn Yards in die Brust, wenn du die anderen weckst!«
Boswell preßte die Lippen aufeinander. Er sah, wie der Indianer sich langsam zurückzog.
Dann warf der Ingenieur sich plötzlich auf den Boden und brüllte: »Gibbons, Vaugham, Baxter… los, aufstehen! Indianer sind hier!«
Die Arbeiter, die sich wegen der Nachtkühle in dicke Decken gewickelt hatten, sprangen auf, zogen ihre Colts, und dann krachten auch schon die Schüsse.
Aber nicht die Arbeiter gaben sie ab, sie kamen hinter einem Felsvorsprung hervor.
Und in wenigen Minuten lagen sieben Bahnarbeiter verwundet an der Erde.
Boswell lag mit zusammengekrampften Händen neben einem Planwagen, seine Lippen waren voller Steinsand. Eine Kugel hatte seinen rechten Oberschenkel getroffen und ihn an die Erde gerissen.
Der lange Gibbons, Fuller, der vierschrötige Baker und Jesse Milton lagen unter einem Planwagen hinter Kisten und feuerten immer noch.
»Wo ist der Boß?« rief Baker.
Gibbons warf den Kopf herum. »Den hat’s auch erwischt. Ich sah, wie er drüben neben dem Gerätewagen zusammenbrach!«
Da hörten sie Boswells