Butler Parker Jubiläumsbox 5 – Kriminalroman. Günter Dönges
ist meine Absicht, Sir.«
»Parker, Sie werden es mit sehr hartgesottenen Burschen zu tun haben.«
»Gewiß, Sir, doch diese Personen sind recht uninteressant. Mich interessiert der Personenkreis, der die Bilder stehlen läßt. Ich möchte herausfinden, wohin sie wandern und wer horrende Summen zahlt, um die gestohlenen Bilder zu kaufen.«
»Parker, ich weiß, Sie besitzen recht viel Phantasie.« Mike Rander lächelte. »Hier werden Sie sich aber die Zähne ausbeißen, verlassen Sie sich darauf. Sie werden nichts als Hohn und Spott ernten. Ich gehe mit Ihnen jede Wette ein, daß nicht ein einziges Bild gestohlen wird.«
»Sir, ich würde die Wette halten, doch möchte ich Sie nicht unfair verlieren lassen.«
»Sie glauben also an den Erfolg Ihrer Tricks?«
»Gewiß, Sir, schließlich handelt es sich ja um moderne Gemälde. Die Serie meiner Cavella-Gemälde wird die Gangster magnetisch anziehen.«
Josuah Parker drehte sich zu seinen Bildern um und griff nach kurzem Nachdenken nach dem Luftdruckgewehr.
»Was haben Sie vor?« fragte der junge Anwalt.
»Nur noch eine kleine Farbkorrektur, Sir.« Parker lud die Waffe diesmal mit drei Gelatinekapseln. »Die Komposition bedarf noch einer Ladung Kobaltblau!«
Mike Rander ging schleunigst in Deckung. Er zwinkerte mit den Augen, als die drei Gelatinekapseln auf der riesigen Leinwand zerplatzten und ihre Farbe verspritzten.
»Ausgezeichnet«, meinte er dann. »Aber vielleicht sollte ich noch einen Hauch Orange beimischen, Parker.«
Er griff nach einer Pergament-Bombe, in der Farbe gluckerte. Mit voller Wucht warf er sie gegen die Staffelei. Das Pergament zerriß und gab die Farbe frei, die sich hemmungslos ausbreitete.
»Ausgezeichnet, Sir«, stellte Josuah Parker fest. »Ein erstaunlicher Effekt.«
Mike Rander trat aus der Deckung hervor und blieb hingerissen vor den Seriengemälden stehen.
»Donnerwetter«, meinte er schließlich und lächelte ironisch. »Ich denke, Parker, wir werden umsatteln. In Zukunft produzieren wir nur noch moderne, surrealistische Bilder. Mit diesem Fließbandverfahren werden wir uns bestimmt eine goldene Nase verdienen.«
*
Der schwarze Cadillac hielt genau vor dem weiß-roten Baldachin, der die Straße mit dem eleganten Apartmenthaus verband. Der Fahrer stieg aus, lief eilfertig um den Wagen herum und öffnete die hintere Wagentür.
»Danke, James«, sagte der seriös aussehende Herr, der etwa 40 Jahre alt sein mochte. Er trug einen dunklen Anzug und einen schwarzen Homburger. Er ließ sich einen Strauß wunderschöner Rosen herausreichen und nahm sie in die Hand. Der Fahrer griff nach einer gewichtig aussehenden Ledertasche und schloß sich seinem Herrn an.
Der Portier in der Halle riß die beiden Glastüren weit auf und verbeugte sich. Mit einem einzigen, schnellen Blick, schätzte er den Besucher ein. Er kam zu dem Schluß, es mit einem sehr einflußreichen, daher auch geldschweren Besucher zu tun zu haben.
»Zu Mr. Horace T. Trumble«, sagte der Besucher mit befehlsgewohnter Stimme.
»Wen darf ich melden, Sir?«
Der dunkel gekleidete Besucher schien nichts gehört zu haben. Ohne sich weiter um den Hauswart zu kümmern, schritt er tiefer in die angenehm kühle Halle und blieb dann vor dem kleinen Pult mit dem Haustelefon stehen.
»Ich überhörte Ihren Namen, Sir«, brachte der Portier sich diskret in Erinnerung.
Der seriöse Besucher lächelte und roch an den Rosen. Er schien eine romantisch-poetische Natur zu besitzen. Sein Chauffeur blieb neben ihm stehen und sah ihn erwartungsvoll an.
»Mr. Trumble zu Hause?« erkundigte sich der Besucher.
»Gewiß, Sir, doch er möchte ohne Voranmeldung nicht gestört werden. Sie werden verstehen, daß ich keine Ausnahmen machen kann.«
»Du wirst eine Ausnahme machen, mein Junge.« Der Chauffeur grinste und hielt plötzlich einen kurzläufigen Colt in der Hand, der zur Straße hin von der Aktentasche verdeckt wurde. »Nur keine Aufregung, mein Junge, dann passiert dir auch nichts …!«
»Was ist das …?« stieß der Portier entsetzt hervor. Er stierte auf den Lauf der Waffe, die auf seinen Magen gerichtet war.
»Erkläre ich dir später …! Los, wir gehen jetzt rein in deine Bude, und werden uns unterhalten. Denk dran, daß die Kanone entsichert ist!«
Der Portier nickte willenlos und schritt auf weichen Beinen zur Tür, hinter der sich seine kleine Wohnung befand. Der Fahrer des Cadillac blieb ihm dicht auf den Fersen. Wenig später verschwanden sie hinter der Tür.
Der Mann aus dem Cadillac zündete sich mit eleganten und ruhigen Bewegungen eine Zigarette an und sah zur Straße hinaus. Dort blieb alles vollkommen ruhig. Das Apartmenthaus stand in einem vornehmen Viertel, hart am Michigan-See. Mit neugierigen Besuchern war hier nicht zu rechnen.
Mit einem schnellen Blick informierte sich der Besucher anhand des Telefonverzeichnisses wo Horace T. Trumble wohnte. Es war der 6. Stock im rechten Flügel des Hauses. Und bevor sich an der Spitze seiner Zigarette ein Aschekegel bilden konnte, tauchte der Fahrer wieder in der Halle auf.
»Alles in Ordnung«, meldete er knapp. »Der Mann wird für ein paar Stunden schlafen.«
»Dann wollen wir unseren Besuch zu Ende führen«, antwortete der korrekte Besucher und grinste seinen Fahrer beifällig an. Die strenge Fahreruniform konnte nicht verdecken, daß es ein abgetakelter Boxer war. Schon an der Art, wie er seine Füße über die Ballen abrollen ließ, war das deutlich zu erkennen. Eine eingedrückte Nase und ein eingerissenes, jetzt vernarbtes Ohr unterstrichen diesen Eindruck.
Der Selbstbedienungslift brachte sie hinauf in den 6. Stock. Der Besucher schritt über den mit Veloursteppichen ausgelegten Korridor und blieb vor der Tür zu Mr. Trumbles Apartment stehen. Nachdrücklich klingelte er und nahm seinen Rosenstrauß hoch.
»Die Sonnenbrille, Chef«, mahnte der Fahrer, doch es war bereits zu spät, sie aufzusetzen. Die Tür öffnete sich augenblicklich. Ein älteres Fräulein, das eine weiße Spitzenschürze trug, sah den Besucher fragend an.
»Mr. Trumble erwartet mich«, erklärte der seriös gekleidete Herr. Gleichzeitig ließ er den Blumenstrauß etwas sinken, damit die Hausdame auf keinen Fall den automatischen Revolver unter den Rosen übersehen konnte.
»Nicht schreien …!« knurrte der Chauffeur, als die Lippen der Frau sich öffneten. »Ich kann Frauen nicht schreien hören …!«
Die beiden Männer drängten in den Flur des Apartments und dirigierten die entsetzte Frau in eine Ecke hinein.
»Los, Puppe, wo ist die Küche …?« Der Fahrer fletschte die Zähne, worauf die Frau fast in Ohnmacht fiel. Mit letzter Kraft deutete sie auf eine Tür.
»Beeil dich«, rief der Besucher seinem Fahrer nach. Er sog an der Zigarette und schritt dann auf eine nur angelehnte Tür zu. Er blieb knapp vor ihr stehen und warf einen Blick in den großen Salon, an den sich ein Dachgarten anschloß. Vor der Brüstung dieses Dachgartens stand ein untersetzter, etwas dicklicher Herr, der knielange Bermuda-Shorts und ein ärmelloses Hemd trug. Die Sonne spiegelte sich fast auf seiner Glatze.
Erst als der Fahrer aus der Küche kam und wieder nickte, betrat der Mann mit den Rosen den Salon. Mit schnellen Blicken orientierte er sich. Neben dem Salon, getrennt durch eine Falttür, befand sich das Arbeitszimmer des Bankiers und Kunstmäzens Trumble. An den Wänden hingen Gemälde. In der entfallenden Sonne schienen die Farben zu glühen.
Ohne sich um Mr. Trumble zu kümmern, der von seinen Besuchern noch gar nichts wußte, betrat der Mann mit den Rosen das Arbeitszimmer, warf die Blumen achtlos zu Boden und holte ein Klappmesser aus der Tasche.
Fachmännisch nahm er die Bilder von der Wand und schnitt sie aus ihren Rahmen. Er rollte sie