BLUT, SCHWEISS UND TRÄNEN (The End 5). G. Michael Hopf
ein. »Wir werden weder zurückstecken noch einen Waffenstillstand mit diesen Aufständischen aushandeln, der auch nur einen Quadratzoll US-Boden an sie abtritt.« Er machte nun eine kurze Pause, um tief durchzuatmen. »In anderen Teilen des Landes bestehen weiterhin Probleme, die wir aber beheben werden. Hier in Cheyenne und der Umgebung geht es relativ friedlich zu. Wir beugen jeder Unzufriedenheit vor Ort direkt vor und kümmern uns gleichzeitig um die Sezessionisten. All das braucht natürlich Zeit, doch am Ende werden wir uns durchsetzen.«
»Sir, als mein Team die Gesundheitsuntersuchungen in den Lagern durchgeführt hat, hat es uns von der großen Enttäuschung und der Wut erzählt, die sich größtenteils gegen uns richtet«, sagte Wilbur.
»Ich weiß, dass die Menschen frustriert und ungeduldig sind, aber wir müssen sichergehen, dass das Ganze funktioniert. Aufzugeben steht außer Frage. Es ist gerade eine schwierige Zeit, aber wir können es schaffen, das weiß ich genau.« Conner versuchte mit allen Mitteln, seinen Stab anzuspornen. Als er sich umschaute, stellte er fest, dass es nicht funktionierte. Während der langen Monate, in denen die Wiederherstellung an auch nur annähernd frühere Zustände lediglich träge vorangegangen war, hatten sie ihre positive Einstellung nach und nach verloren. Sogar der Präsident selbst tat sich schwer damit, seine eigenen Versprechen noch zu glauben. »Also gut, ich möchte, dass Sie jetzt dort hinausgehen und einen Anfang machen. Wenden Sie sich an Ihre Leute und versichern Sie ihnen, dass wir es schaffen werden und dass wir durchhalten.«
Schmidt erwiderte: »Sir, ich habe eine Idee.«
»Und die lautet?«, erkundigte sich Conner.
»Meines Erachtens nach sollten Sie eine Rede vor der Stadtbevölkerung halten und ihr so zeigen, dass Sie sich Gedanken machen. Kündigen Sie ihnen an, dass Demonstrationen fortan erlaubt sind, dass das Kriegsrecht nicht mehr gilt und …«
Wilbur fiel ihm ins Wort: »… und erklären Sie sich dazu bereit, das Projekt Kongress wieder aufzugreifen.«
Baxter riss die Augen auf, als sie dieses abgebrochene und umstrittene Unterfangen abermals erwähnte.
Der Major schaute sie ebenfalls verärgert an, weil sie ihn abgewürgt hatte.
Conner kratzte sich am Kinn und überlegte. Dann ging er zu einem Beistelltisch, auf dem eine Karte der Vereinigten Staaten lag. Die roten und grünen Linien, die er bei einem Meeting Monate zuvor eingezeichnet hatten, brachten das, was sie alle gerade beschäftigte, genau auf den Punkt. Er hob das Papier an und betrachtete die Markierungen. Gerade als er es wieder hinlegen wollte, fiel ihm ein Stapel Blätter auf einem Klemmbrett ins Auge. Es hatte ursprünglich einmal Dylan gehört. Er hatte gar nicht gewusst, dass es während all der Monate dort unter der Karte verborgen gewesen war. Dies verdeutlichte ihm noch einmal, wie lange er solchen Dingen schon keine Beachtung mehr geschenkt hatte. Plötzlich wurde ihm etwas bewusst: Er führte nicht nur Krieg gegen zahlreiche Splittergruppen, sondern rang auch mit denjenigen, die den Vereinigten Staaten gegenüber noch Loyalität bewiesen. Auch ihnen musste er klarmachen, dass er nicht das Monster war, als das ihn Typen wie Pat gerne hinstellten, sondern dass er ein gutmütiger Regent war, der sich um sein Volk sorgte und den Willen besaß, auch schwierige Entscheidungen zu fällen, um ihre Sicherheit gewährleisten zu können. Er drehte sich schwungvoll um und sagte: »Sie haben beide recht. Ich muss tatsächlich eine nachdrückliche Rede halten. Dabei werde ich das Ende des Ausnahmezustands verkünden, und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, wird das Projekt Kongress fortgesetzt. Außerdem werde ich sechs Monate nach der Rede eine Wahl anberaumen. Daraus werden die Menschen Hoffnung schöpfen können und etwas haben, worauf sie sich konzentrieren können.«
Die Staatssekretärin und der Major nickten.
Der General war hörbar erleichtert darüber, dass Conner auf Wilburs Bitte nicht überreagiert hatte.
»Wann wollen Sie sich denn damit ans Volk wenden?«, fragte sie nun.
»Ich möchte nicht zu lange warten, setzen Sie die Rede direkt für übermorgen an«, erwiderte der Präsident.
»Was ist mit Ihrem Vize, soll dieser auch teilnehmen?«, fuhr sie fort.
»Keine gute Idee, Sir«, warf Schmidt sofort ein.
»Stimmt«, pflichtete ihm Baxter bei. »Ist es wirklich nicht.«
»Einverstanden. Sehen Sie also zu, dass er in Cheyenne Mountain bleibt«, verlangte Conner. »Ihn dabeizuhaben ist wirklich nicht nötig.«
Ihr letztes Treffen lag nun schon mehrere Monate zurück. Mit dem Vorsatz, den Fortbestand der Regierung zu sichern, hielt Conner Cruz in dem weitläufigen Untergrundbunker fest, wo ihm nichts zustoßen konnte.
Nun schaute er zwischen seinen drei Topberatern hin und her, ob vielleicht noch jemand etwas hinzufügen wollte. Da dies aber anscheinend nicht der Fall war, ließ er die beiden Männer gehen, und nur Wilbur sollte bleiben. »Secretary, warten Sie bitte noch kurz.«
»In Ordnung, Sir«, sagte sie.
Als die Tür geschlossen war, schaute Conner Wilbur mit zusammengekniffenen Augen misstrauisch an und unterstellte ihr in einem strengen Tonfall: »Ich wusste von Anfang an, dass Sie eine Schwäche für die Sezessionisten haben. Bis zu einem gewissen Punkt kann ich Ihnen das auch nachsehen. Sie durften hier weiterarbeiten, weil Sie etwas von Ihrem Fach verstehen und es für einen Anführer immer wichtig ist, sich gegensätzliche oder widersprüchliche Meinungen anzuhören. Dennoch schlagen Sie mir nie wieder Aufgeben vor.«
»Sir, aber …«
Er hielt ihr einen Zeigefinger vor das Gesicht und brauste auf: »Niemals!«
»Jawohl, Sir«, antwortete sie mit auf den Boden gerichtetem Blick.
»Und jetzt gehen Sie mir schleunigst aus den Augen«, befahl ihr Conner.
Betreten verließ sie das Büro.
Der Präsident kehrte daraufhin an seinen Schreibtisch zurück und griff zum Telefonhörer. Sogleich meldete sich eine Frauenstimme: »Ja, Mr. President?«
»Schicken Sie bitte meinen Arzt unverzüglich zu Major Schmidts Quartier und sagen Sie ihm, er soll ihn gründlich für mich untersuchen.«
»Jawohl, Sir.«
»Und wenn er fertig ist, soll er sich bitte persönlich bei mir melden. Er hat meine Nummer und darf mich jederzeit anrufen.«
»Gut, Sir.«
Nachdem Conner aufgelegt hatte, ging er wieder zu dem Beistelltisch. Zuerst warf er noch einen Blick auf die Karte, warf sie dann aber beiseite. Stattdessen nahm er das Klemmbrett mit Dylans alten Papieren und Notizen zum Kongressprojekt zur Hand und begann, es durchzulesen. Seine finstere Miene entspannte sich langsam, als er die Kritzeleien und die Handschrift seines früheren Gehilfen sah. Er vermisste ihn und wünschte sich, es wäre alles anders ausgegangen. Es gab nichts Schwierigeres, als jemanden zu finden, dem er vorbehaltlos vertrauen konnte. Er nahm die Papiere mit zum Schreibtisch, wo er sich niederließ und eine Schublade öffnete. Er stöberte darin herum, bis er fand, was er gesucht hatte: ein Feuerzeug. Erst nach ein paar Versuchen gelang es ihm, eine Flamme zu erzeugen.
»Tut mir leid, alter Freund«, sagte er laut, während er das Feuerzeug unter den Blättern hin und her schwenkte. Sie entzündeten sich rasch. Er beobachtete, wie sich die Flamme über die erste Seite nach oben ausbreitete, und das Gekritzel, die Vermerke und einen detaillierten Plan zum Projekt Kongress zerstörte. Anschließend griff er zu seinem Mülleimer, kippte ihn aus und warf die Blätter hinein. Sein Grinsen wurde breiter, je mehr Seiten das Feuer verkohlte … und damit auch Dylans letzte Bemühungen vernichtete, das Land neu aufzubauen, das er verloren hatte.
Sandy, Utah
Als sie wieder in Sandy war, erfuhr Annaliese von einem Amateurfunker, dass zwischen den Vereinigten Staaten und einer Gruppe Abtrünniger in Idaho Krieg ausgebrochen war. Sie wusste genau, auf wen sich dies bezog. Die Kämpfe wurden bei vielen Essen zum Gesprächsthema Nummer eins, und Annaliese fragte sich immerzu, ob Sebastian in Sicherheit, vor allem aber am Leben war.
Entschlossen, ihn zu finden, bat sie