BLUT, SCHWEISS UND TRÄNEN (The End 5). G. Michael Hopf
nur, weil er Bedenken hatte, sich möglicherweise selbst zu verletzten. Er öffnete und schloss seine Hand langsam mehrmals hintereinander. Aus diesem Grunde zog er jetzt wieder die Pistole, denn er war ohnehin noch nicht damit fertig, dem Mann die Gerechtigkeit, wie er sie verstand, zuteilwerden zu lassen. Deshalb hielt er die Waffe am Lauf fest und schlug weiter auf ihn ein, nun allerdings mit dem Griff der Waffe. Nach einem halben Dutzend Treffer hörte man Knochen knirschen. Gordon ließ erneut von Warren ab und schaute in sein bis zur Unkenntlichkeit zertrümmertes Gesicht. Er erkannte, dass der Mann tot war. Als er aufstehen wollte, spuckte er ihn zum Abschluss an. Nachdem er sich erhoben hatte, holte er tief Luft und sagte: »Erzählen Sie Conner, was hier passiert ist, und sollte er keinen Frieden wollen, kommen wir auch gerne nach Cheyenne, um es einzunehmen, genauso wie wir es mit Mountain Home getan haben.«
»Verstanden, Sir. Darf ich ihm sagen, wer Sie sind?«, fragte der junge Offizier.
»Jawohl! Sagen Sie ihm, Gordon Van Zandt hat Sie geschickt.« Damit wandte sich Gordon an einen seiner Soldaten und befahl ihm: »Geben Sie dem Mann ein Auto.«
»Was tun wir mit den Übrigen?«, fragte ein anderer Soldat.
»Alles der Reihe nach. Schafft zuerst die Leiche weg, zieht sie aus und stellte sie mit einem Schild um den Hals, auf dem Kindermörder steht, an der Einfahrt des Stützpunkts auf.«
»Sie Unmensch!«, schrie einer der Uniformierten.
Gordon zog ein Tuch aus seiner Tasche und fing an, das frische Blut von seinen schmerzenden Händen zu wischen. »Tötet sie, beseitigt sie alle.«
»Was? Nein, so sind wir doch nicht«, empörte sich Jones, als er diese Order hörte.
»Hast du etwa ein Problem damit, den Müll rauszutragen?«, fragte Gordon.
»Ich habe kein Problem mit dem Töten, aber das hier ist Mord. Sie haben bereits kapituliert. Es gibt Regeln.«
»Nicht mehr!«
»Gordon, ich weiß, du bist aufgebracht, weil sie deinen Bruder auf dem Gewissen haben. Aber das hier ist ungerecht und unmenschlich.«
Gordon verschmierte den Rest des Blutes von den Fingerknöcheln an seinem Shirt und schnaufte. Warren zu erschlagen hatte ihm den Atem geraubt. »Du hast recht, ich hasse sie dafür, dass sie meinen Bruder umgebracht haben. Was mit meiner Schwägerin passiert ist, weiß ich nicht, sie könnte ebenfalls bereits tot sein. Außerdem … was haben wir denn gerade hier gesehen? Dass sie kleine Kinder praktisch hingerichtet haben. Das hier sind Unmenschen, und du willst mir weismachen, dass ich sie nicht unschädlich machen darf, weil wir angeblich etwas Besseres sind? Was soll dieser bescheuerte Vergleich? Wir stellen uns bestimmt nicht auf eine Stufe mit denen, schließlich erschießen wir keine kleinen Kinder. Von uns wird niemand grundlos hingerichtet.«
»Das stimmt nicht, denn du bist gerade drauf und dran, sie genauso grundlos zu töten wie Major Schmidt deinen Bruder«, gab Jones zu bedenken.
Gordon entgegnete knurrend: »Wäre es dir vielleicht lieber, wenn wir sie vor ein Gericht stellen würden? Darf ich sie töten, wenn wir sie für schuldig befinden?«
Jones überlegte kurz und gelangte dann zu der Einsicht, dass dies wohl der beste Kompromiss wäre. »Ja, damit könnte ich leben.«
»Gut, wenn wir die Zeit und Mittel übrighaben, machen wir das beim nächsten Mal, aber nicht hier, mit diesen Kerlen. Sie haben schließlich zugelassen, dass die Menschen in den Camps dort drüben unter solchen Verbrechern gelitten haben, und haben nichts unternommen, als ihr Anführer ihnen befohlen hat, Kleinkinder niederzuschießen. Deshalb sind sie genauso schuldig, als wenn sie es selbst getan hätten. Sie haben weggeschaut, obwohl sie gewusst haben, was geschehen würde, und haben gemeint, nichts tun zu müssen und keinen einzigen Finger zu rühren. Es soll mir niemand mit der Leier kommen, dass sie ja nur Anweisungen befolgt hätten. Jones ich sage dir hiermit rundheraus, dass das Schwachsinn ist; einfach nur eine faule Ausrede.«
»Bitte lass sie leben«, flehte Jones. »Es muss doch eine bessere Lösung geben.«
Als sich Gordon umdrehte, bemerkte er, dass alle die Diskussion mitverfolgten.
»Gordon, tu's nicht, lass dir etwas Anderes einfallen, bitte. Ich war bei Colonel Barone, ich habe gesehen, was mit Männern geschieht, die sich anmaßen, Richter, Geschworene und Vollstrecker in Personalunion sein zu wollen.«
Barones Namen zu hören, zwang Gordon zur Einsicht. »Und was hältst du davon, was ich mit dem General gemacht habe?«
»Das kann ich verstehen, denn das war eine eindeutige Ansage. Es diente einem Zweck, doch die anderen zu exekutieren, würde keinen Sinn ergeben.«
Gordon beugte sich zu ihm und senkte seine Stimme: »Also, was tun wir dann mit ihnen?«
»Wir halten sie gefangen, vielleicht lassen sie sich später ja als Druckmittel gegen den Präsidenten einsetzen.«
»Hmm, interessant«, fand Gordon. Er verschränkte die Arme vor der Brust und dachte ein paar Sekunden lang nach. »Weißt du was, Jones? Ich behalte deinen Vorschlag im Hinterkopf.«
»Danke.«
»Währenddessen lasse ich diese Offiziere hier allerdings erschießen. Was ihre rangniederen Chargen angeht, so lasse ich mir etwas für sie einfallen.« Gordon wandte sich wieder seinen Soldaten zu, die starr dastanden und gespannt auf seine Anweisungen warteten. »Tötet sie jetzt!«
Jones schüttelte den Kopf und stieß seufzend Luft aus. Er wusste zwar, dass sie auf diese Weise eine klare Botschaft übermittelten, er fand allerdings, dass es die falsche war.
Alle Uniformierten begannen nun, zu betteln und zu jammern.
Gordons Männer traten zurück, legten an und feuerten dann alle gleichzeitig.
Die Offiziere fielen tot um, jeder mit einem Loch im Kopf.
Gordon ging zu den Schützen. »Gut gemacht«, lobte er sie.
Sie nickten einhellig.
»Überlegt doch mal, der ganze Laden hier war nichts weiter als ein verdammtes Drecksloch, genehmigt von der US-Regierung«, erklärte er und stutzte dann kurz. Denn als er auf seine Hand schaute, sah er, dass diese leicht anschwoll. »John komm mal her.«
Steele lief zu ihm und fragte: »Was ist los?«
»Wie viele Gefangene haben wir?«
»Äh, bis jetzt haben wir ungefähr sechzig eingesammelt.«
»Organisiert eine Verhandlung für sie, und lasst die Flüchtlinge teilnehmen, sie sollen bestimmen, wer am Leben bleiben soll und wer stirbt.« Mit diesen Worten wandte sich Gordon erneut Jones zu. »Wie findest du das?«
Sein Freund schüttelte abermals den Kopf, entgegnete aber nichts.
»Das fasse ich dann mal als ein Ja auf«, fuhr Gordon kurzerhand fort. »Sieh zu, dass es so geschieht.«
John ging fort.
Zufrieden mit dem Ergebnis wandte sich Gordon aufs Neue an seinen Gefährten. »Hast du sonst noch etwas an mir auszusetzen?«
Jones verneinte. Es ekelte ihn an. Als er die Toten am Boden betrachtete, wünschte er sich, es sei anders gelaufen. Feinde zu töten bereitete ihm zwar keinen Kummer, doch jemanden einfach so ohne gerechten Prozess zu exekutieren war falsch. Sein Telefon klingelte. Er zog es aus einer Beintasche seiner Hose und nahm den Anruf entgegen. »Ja, Jones hier.« Charles meldete sich erneut, dieses Mal in blanker Panik.
»Gordon, es ist wieder Chenoweth, er will unbedingt mit dir sprechen.«
»Ich habe zu viel zu tun, um ihn auf den neuesten Stand zu bringen, und will jetzt auch nicht über Grundsatzfragen debattieren. Wie gesagt, ich rufe ihn zurück.«
»Gordon, du musst mit ihm reden, es ist wirklich wichtig«, drängte ihn Jones.
»Was kann denn bloß so wichtig sein?«
Jones ließ nun die Katze aus dem Sack: »Olympia wird gerade angegriffen.«