August Bebel - Die Frau und der Sozialismus. Bebel August

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hie zu der helgen see kumbt, der sol einen meyer (Gutsverwalter) laden und ouch sin frowen, da sol der meyer lien dem brütgam ein haffen, da er wol mag ein schaff in geseyden, ouch sol der meyer bringen ein fuder holtz an das hochtzit, ouch sol der meyer und sin frow bringen ein viertenteyl eines schwynsbachen, und so die hochtzit vergat, so sol der brütgam den meyer by sim wib lassen ligen die ersten nacht, oder er sol sy lösen mit 5 schilling 4 pfenning.«

      Es besteht also kein Zweifel, daß das Recht der ersten Nacht nicht nur während des Mittelalters, sondern noch bis in die Neuzeit bestand und eine Rolle im Kodex des Feudalrechts spielte. In Polen maßten sich die Edelleute das Recht an, jede Jungfrau zu schänden, die ihnen gefiel, und sie ließen hundert Stockstreiche dem geben, der sich beklagte. Daß die Opferung jungfräulicher Ehre auch noch heute dem Grundherrn oder seinen Beamten als etwas Selbstverständliches erscheint, das kommt nicht nur, weit häufiger als man glaubt, in Deutschland vor, sondern auch sehr häufig, wie Kenner von Land und Leuten behaupten, im ganzen Osten und Südosten Europas.

      In der Feudalzeit waren die Eheschließungen im Interesse des Grundherrn, denn die daraus erwachsenden Kinder traten zu ihm in dasselbe Untertänigkeitsverhältnis wie ihre Eltern; seine Arbeitskräfte wurden dadurch vermehrt und hoben sein Einkommen. Daher begünstigten geistliche und weltliche Grundherren die Eheschließungen ihrer Untertanen. Anders gestaltete sich das Verhältnis für die Kirche, wenn sie Aussicht hatte, infolge von Eheverhinderungen durch Vermächtnis Land in kirchlichen Besitz zu bringen. Das betraf aber in der Regel nur die niederen Freien, deren Lage durch Umstände, wie sie angedeutet wurden, immer unhaltbarer wurde, und die ihr Besitztum an die Kirche abtraten, um hinter den Klostermauern Schutz und Frieden zu suchen. Andere wieder begaben sich gegen Leistung von Abgaben und Diensten in den Schutz der Kirche. Häufig verfielen aber auf diesem Wege ihre Nachkommen dem Los, dem ihre Vorfahren entrinnen wollten, sie gelangten allmählich in die Hörigkeit der Kirche, oder man machte sie zu Novizen für die Klöster.

      3. Das Aufblühen der Städte. Klosterwesen und Prostitution

       Inhaltsverzeichnis

      Die seit dem elften Jahrhundert aufblühenden Städte hatten ein lebhaftes Interesse, den Bevölkerungszuwachs zu begünstigen, indem sie die Niederlassung und die Eheschließung möglichst erleichterten; sie wurden Asyle für die dem unerträglichen Drucke sich entziehenden Landbewohner, für flüchtige Leibeigene und Hörige. Aber später änderten sich wieder diese Verhältnisse. Sobald die Städte Macht erlangt hatten und ein sich behaglich fühlender Handwerkerstand vorhanden war, wuchs bei diesem die Feindseligkeit gegen Neuhinzuziehende, die sich als Handwerker niederlassen wollten, in denen man unbequeme Konkurrenten erblickte. Es wurden Schranken gezogen gegen die Neuanziehenden. Hohe Niederlassungsgebühren, kostspielige Meisterprüfungen, Beschränkung der Gewerbe auf eine gewisse Kopfzahl von Meistern und Gesellen zwangen Tausende zur Unselbständigkeit, zum außerehelichen Leben und zur Vagabondage. Als dann im Laufe des sechzehnten Jahrhunderts, aus später anzuführenden Ursachen, die Blütezeit der Städte vorüber war und ihr Verfall begann, lag es in den beschränkten Anschauungen der Zeit, daß die Hindernisse zur Niederlassung und Selbständigmachung sich noch vermehrten. Andere Ursachen wirkten ebenfalls mit.

      Die Tyrannei der Grundherren steigerte sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt so, daß viele ihrer Untertanen vorzogen, ihr Jammerleben mit dem Geschäft des Bettlers, des Landstreichers oder Räubers, das durch die großen Wälder und den schlechten Zustand der Verkehrswege begünstigt wurde, zu vertauschen. Oder sie wurden, bei den vielen kriegerischen Streitigkeiten jener Zeit, Landsknechte (Söldner), die sich dorthin verkauften, wo der Sold am größten war und die reichste Beute lachte. Es entstand ein zahlreiches männliches und weibliches Lumpenproletariat, das zur Landplage wurde. Die Kirche trug zur allgemeinen Verderbnis redlich bei. Lag schon in der zölibatärischen Stellung der Geistlichkeit eine Hauptursache zur Förderung geschlechtlicher Ausschweifungen, so wurden diese durch den unausgesetzten Verkehr mit Italien und Rom noch begünstigt.

      Rom war nicht bloß die Hauptstadt der Christenheit, weil Residenz des Papsttums, es war auch, getreu seiner Vergangenheit in der heidnischen Kaiserzeit, das neue Babel, die europäische Hochschule der Unsittlichkeit geworden und der päpstliche Hof ihr vornehmster Sitz. Das römische Reich hatte bei seinem Zerfall dem christlichen Europa alle seine Laster hinterlassen. Diese wurden in Italien gepflegt, und sie drangen von dort, begünstigt durch den Verkehr der Geistlichkeit mit Rom, nach Deutschland. Die ungemein zahlreiche Geistlichkeit, die zu einem großen Teil aus Männern bestand, deren geschlechtliche Bedürfnisse durch träges und üppiges Leben aufs äußerste gesteigert wurden und durch erzwungene Ehelosigkeit auf illegitim Befriedigung oder auf widernatürliche Wege gewiesen war, trug die Sittenlosigkeit in alle Kreise der Gesellschaft; sie wurde eine pestartige Gefahr für die Moral des weiblichen Geschlechtes in Städten und Dörfern. Mönchs- und Nonnenklöster, und ihre Zahl war Legion, unterschieden sich nicht selten von öffentlichen Häusern nur dadurch, daß darin das Leben noch zügelloser und ausschweifender war. Und zahlreiche Verbrechen, namentlich Kindesmorde, konnten dort um so leichter verborgen bleiben, weil in ihnen nur diejenigen die Gerichtsbarkeit ausüben durften, die oft mit an der Spitze dieser Verderbnis standen. Vielfach suchten Bauern ihre Frauen und Töchter vor geistlicher Verführung dadurch zu sichern, daß sie keinen als


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