Wyatt Earp Staffel 3 – Western. William Mark D.
seinen wahren Namen genannt.
Der Sheriff, mit dessen Eintreffen er natürlich gerechnet hatte, war zu schnell gekommen.
Ceveller hatte gehofft, schon auf dem Pferd zu sein, wenn Forrestier auf der Straße erschien, und den Mann mit einem Schuß in die Flucht jagen zu können.
Nicht, daß er vor dem Töten scheute. Ganz sicher nicht. Idaho Kid war ein Killer von der härtesten und schwärzesten Sorte. Es war in Silverlake nur so, daß die Zahl der Toten mit der wachsenden Angst der Bevölkerung auch das Mißtrauen mehrte. Schließlich mußte er anschließend ja persönlich in der Stadt auftreten.
Und nun war der zweite Tote da.
Aber Jeff Calliger hätte so und so verschwinden müssen. Er war einer der ganz wenigen Männer, die den Mut hatten, sich der Bande in den Weg zu stellen.
So stand es am Mittwochabend.
In der Morgenfrühe des Donnerstags gedachte Ceveller den Mayor aufzusuchen, um wegen Kellys Land zu verhandeln, und dann den Ritt zu der niedergebrannten Ranch Cramers anzutreten.
Vielleicht wäre alles nach dem Wunsch des Tramps gegangen, wenn nicht Linda gewesen wäre.
Sie war sehr jung, sehr hübsch, hatte indianisches Blut in den Adern und arbeitete beim Bäcker am westlichen Ende der Mainstreet.
Eigentlich war sie in der Stadt nur geduldet. Ihre Mutter war eine Weiße gewesen, die aus Gram über die Verachtung der Menschen in Salina gestorben war. Der Vater, ein Sioux-Indianer, der in der alten Sägemühle von Hatach gearbeitet hatte, war vor einigen Jahren mit dem Kind nach Silverlake gekommen. Er hatte in Millers Sägewerk gearbeitet. Dann war der alte Miller gestorben, und niemand wollte der Rothaut Arbeit geben.
In einem Streit wurde der Indianer vor Kellys Saloon niedergeschossen.
Linda kam in das Haus des Bäckers. Mark Barrwyn und seine Frau hatten das Mädchen gern und liebten es bald so, als wäre es ihre eigene Tochter.
An jenem Mittwochabend fiel das Auge des olivgesichtigen Banditen auf das Indianermädchen Linda.
Tucker stellte ihr sofort nach.
Er erreichte das flüchtende Mädchen in einer Nebengasse.
Da schrie Linda gellend nach Hilfe.
Zwei Burschen, die aus den Höfen kamen, sahen in der einbrechenden Dämmerung den riesigen Railroader, der den Cramer-Vormann erschossen hatte.
Auch andere Leute kamen aus ihren Häusern.
Aber es gab niemanden, der gewagt hätte, eine Hand für das schwarzhaarige Halbblut zu rühren.
In der Gasse standen fast ein Dutzend Menschen.
Tucker sah sich mit glimmenden Augen um. Das Mädchen ließ er nicht los. Als er sah, daß sich die Leute schon abwandten, packte er Linda brutal am Arm und wollte sie fortzerren.
Da bellte von der Mainstreet her ein Schuß durch die Gasse.
Tuckers Körper bekam einen regelrechten Schlag und sank dann langsam neben dem Mädchen in den Staub der Straße.
Linda starrte entsetzt auf den niedergeschossenen Hünen, der sie so brutal und gierig angesehen hatte.
Oben in der Gassenmündung stand Idaho Kid.
Die Leute sahen ihn alle.
Mit rauher Stimme rief er: »Er ist einer meiner eigenen Leute. Well – aber er hat sich gegen das Gesetz vergangen. Das kann ich nicht dulden!« Dann wandte er sich ab.
Mit dieser Tat hatte Kid Ceveller erreicht, was er erreichen wollte: die Leute mußten ihn jetzt für einen gerechten, wenn auch harten Mann halten. Er hatte einen seiner eigenen Leute niedergeschossen, weil er ein Mädchen auf offener Straße angefallen hatte. Was nach dem Gesetz mit dem Tode bestraft werden mußte.
Ceveller hatte mehr, weit mehr als er ahnte, damit angerichtet. – Wie hätten die Menschen in Idaho aber auch auf den Gedanken kommen können, daß er den dunkeläugigen Kumpanen aus purer Berechnung getötet hatte? Daß er seit langem einen widerspenstigen Kumpanen, ja, einen Rivalen in ihm sah. Das Ziel war ja so gut wie erreicht; er brauchte den einstigen Revolverschwinger Jonny S. Tucker aus Quincy ja nicht mehr.
Als Idaho Kid am nächsten Morgen das Haus des Mayors aufsuchte, erklärte ihm eine kleine hagere Frau mit wässrigen Augen und dünner Fistelstimme, daß ihr Mann in der City Hall sei. Noch gestern abend habe man beschlossen, heute früh den Bürgerrat einzuberufen.
Ceveller ging zur City Hall.
Die wild durcheinanderschwirrenden Rufe und Gespräche verstummten, als die Männer den »Railroader« erkannten.
»Ich muß den Mayor sprechen!« rief Ceveller rauh.
Ein hutzeliges altes Männchen kam auf ihn zu und reichte ihm die Hand.
Dann öffnete er seinen zahnlosen Mund und sagte einen Satz, den Ceveller wohl nicht erwartet hatte: »Seien Sie uns willkommen, Mister…«
»Billock«, erklärte Ceveller rasch.
»Seien Sie uns willkommen, Mr. Billock. Sie haben gestern abend in der Vincystreet bewiesen, daß Sie ein aufrechter und gerechter Mann sind. Wir haben uns hier zu einer Beratung getroffen, und ich möchte Ihnen sagen, worüber wir beraten haben: Mr. Forrestier liegt im Sterben. Er ist aus seiner Ohnmacht nicht mehr erwacht. Und die Stadt braucht dringend einen neuen Sheriff.«
Der Verbrecher spürte, wie es ihm heiß in die Kehle aufstieg. Das konnte doch nicht wahr sein; diese hirnlosen Burschen wollten ihn doch nicht allen Ernstes zum Sheriff nehmen?
Da sagte der Mayor deutlich und klar: »Wir haben gegen drei Stimmen die Mehrheit für Sie erreicht, Mr. Billock. Wenn Sie also Interesse haben, möchten wir Ihnen den Job als Sheriff von Silverlake anbieten.«
Ceveller schluckte. Sein Hals wurde trocken.
Hastig fügte der Mayor hinzu: »Wir wissen, daß Sie Railroader sind. Sicher werden Sie in dem Job, der Sie herführte, nicht schlecht bezahlt. Wir sind eine kleine Stadt und nicht eben reich. Dennoch haben die Stadtväter sich entschlossen, Ihnen im Hinblick auf die Ereignisse der letzten Tage einen Lohn von fünfundsiebzig Dollar auszusetzen. Sheriff Forrestier bekam nur fünfzig.«
Ceveller hob die Linke und wischte sich über den Mund.
Heavens, das waren ja tolle Aussichten. Natürlich dachte er nicht daran, ernsthaft den Job mit dem Stern anzunehmen. Ganz davon abgesehen, daß es mehr als gefährlich für ihn war, längere Zeit ausgerechnet auf einem solchen Platz zu verweilen. Jeder durchreitende Staaten-Marshal hätte in ihm den gesuchten Banditen Idaho Kid erkennen müssen.
Aber Ceveller dachte weiter. Er überlegte, daß er den Job ja nach Erledigung seiner »Arbeit« leicht wieder unter irgendeinem Vorwand aufgeben konnte. Jedenfalls aber bestand doch die Möglichkeit, daß er mit dem Stern an der Brust ein gewichtiges Wort im Stadtrat mitzureden hatte. Ja, daß er bei der Landkaufgeschichte das Gewicht seines Amtes in die Waagschale werfen konnte.
Sekunden verrannen.
»Well«, sagte er sanft und fast leise, »ich habe es mir überlegt. Der Job bei der Bahn ist eine verdammt unruhige Sache. Ich wollte schon immer mal irgendwo eine feste Stellung annehmen. Und ich glaube, zum Sheriff habe ich das Zeug.«
Die Männer beglückwünschten ihn und sich zu dieser Entscheidung.
Eine Entscheidung, die Silverlake bald bitter bereuen sollte.
*
Schon am Nachmittag hatte er eine Unterredung mit dem Mayor über Cevellers Land.
Es verlief alles so, wie Ceveller es sich vorgestellt hatte.
Das Land wurde zu einer Schandsumme »an die Eisenbahn«, verkauft.
Ceveller hatte den kleinen Joe Buntam als seinen Stellvertreter bestellt.
»Ich selbst habe ja nun nichts mehr mit der Sache zu tun«,