Sämtliche Werke von William Shakespeare. Уильям Шекспир

Sämtliche Werke von William Shakespeare - Уильям Шекспир


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Hör auf mir zuzureden, lieber Proteus:

       Bleibst du daheim, so bleibt dein Witz geheim.

       Wenn Neigung deine jungen Tage nicht

       An der Geliebten süße Blicke bände,

       Bät ich vielmehr, du möchtest mich begleiten,

       Mit mir der Ferne Wunder zu beschauen,

       Anstatt in dumpfer Unentschloßenheit

       Die Jugend mit formlosem Nichts zu füllen.

       Doch da du liebst, so lieb und wachse drin,

       Und lieb Ich einst, sei das auch Mein Gewinn.

      Proteus.

       So gehst du? Lieber Valentin, leb wohl!

       Denk deines Proteus, wenn du Seltnes siehst

       Und Merkenswerthes auf der Reise; wünsche,

       Dein Glück mit dir zu theilen, mich zu dir,

       Wenn es dir wohl ergeht; und in Gefahr

       (Wenn jemals dich Gefahr umgiebt) empfiehl

       Den Ausgang meinem heiligen Gebet:

       Denn für dich beten will ich, Valentin.

      Valentin.

       Du betst für mich aus einem Liebesbuch?

      Proteus.

       Ganz recht, aus einem Buche, das ich liebe.

      Valentin.

       Der seichten Mär vielleicht von tiefer Liebe,

       Wie durch den Hellespont Leander schwamm.

      Proteus.

       Ein tiefes Märchen ists von tiefrer Liebe.

       Ueber die Schuhe stak er ja in Liebe.

      Valentin.

       Ueber die Stiefel aber steckst du drin Und bist doch nie den Hellespont durchschwommen.

      Proteus.

       Mit spanschen Stiefeln, Freund, verschone mich.

      Valentin.

       So kommst du doch auf keinen Strumpf.

      Proteus.

       Wie so nicht?

      Valentin.

       Verliebtheit, wo man Hohn für Kummer kauft,

       Für Herzweh kühlen Blick, flüchtige Lust

       Für zwanzig wache, müde, lange Nächte,

       Wo der Gewinn vielleicht nur ein Verlust,

       Und der Verlust Gewinn ist saurer Müh,

       Nur eine Thorheit ists, mit Witz errungen,

       Wenn nicht die Thorheit gar den Witz bewältigt.

      Proteus.

       Der Schluß ist deines Lieds: ich bin nicht klug.

      Valentin.

       Der Schluß des deinen zeigt es klar genug.

      Proteus.

       Die Liebe schmähst du: ich bin nicht die Liebe.

      Valentin.

       Lieb ist dein Meister, sie bemeistert dich,

       Und wer ins Joch sich einer Thörin schmiegt,

       Den kann man nicht ins Buch der Weisen schreiben.

      Proteus.

       Doch sagen Dichter, wie in zarter Knospe

       Die Raupe nagend wohnt, so wohne nagend

       Die Liebe in dem edelsten Gemüth.

      Valentin.

       Und Dichter sagen, wie die zarte Knospe

       Vom Wurm zernagt wird, eh sie sich erschließt,

       So wird der junge zarte Sinn in Thorheit

       Verkehrt durch Liebe: innerlich zerfreßen

       Verliert er schon im Lenz sein frisches Grün

       Und alle schönen Früchte künftger Hoffnung.

       Doch was vergeud ich Zeit, um dir zu rathen,

       Dem Priester schwärmerischen Liebeswahns?

       Lebwohl noch einmal: Auf der Rhede wartet

       Mein Vater schon, mich eingeschifft zu sehn.

      Proteus.

       Ich will dich hinbegleiten, Valentin.

      Valentin.

       Nein, lieber Proteus, laß uns Abschied nehmen.

       Zu Mailand laß in Briefen mich erfahren

       Von deiner Liebe Glück und was sonst Neues

       Sich hier begab, derweil dein Freund entfernt war;

       So such ich auch dich wohl mit Briefen heim.

      Proteus.

       Mög alles Glück in Mailand dir begegnen:

      Valentin.

       Nicht minder dir daheim: und so leb wohl.

      (Valentin ab.)

      Proteus.

       Er jagt der Ehre nach und ich der Liebe.

       Er läßt die Freunde, ihrer werth zu werden; Mich laß ich, Freund, und Alles für die Liebe. Du süße Julie, hast mich so verwandelt. Daß ich nun Zeit und Wißenschaft versäume, Die Welt nichts achte, guten Rath verschmähe, Bis liebesiech hinschmachtend ich vergehe.

      (Sput tritt auf.)

      Sput.

       Gruß euch, Herr Proteus; saht ihr meinen Herrn?

      Proteus.

       So eben schifft' er sich nach Mailand ein.

      Sput.

       Nein, zwanzig gegen eins, er ist geschifft

       Und ich ein Schaf, das seinen Herrn verlor.

      Proteus.

       Ja, bald hat sich ein armes Schaf verirrt,

       Wenn seine Heerd im Stiche ließ der Hirt.

      Sput.

       Ihr schließt, mein Herr sei ein Schäfer und ich ein Schaf?

      Proteus.

       Freilich.

      Sput.

       So gehören ihm meine Hörner im Wachen wie im Schlaf.

      Proteus.

       Eine einfältige Antwort wie sie ziemt für ein Schaf.

      Sput.

       Das Alles macht mich zum Schaf.

      Proteus.

       Ja, und deinen Herrn zum Schäfer.

      Sput.

       Nein, ich kanns durch eine Schlußfolgerung widerlegen.

      Proteus.

       Das wird schwer halten; aber ich wills durch eine andere darthun.

      Sput.

       Der Schäfer sucht das Schaf und nicht das Schaf den Schäfer; ich aber suche meinen Herrn, nicht mein Herr mich: folglich bin ich kein Schaf.

      Proteus.

       Das Schaf folgt des Futters wegen dem Schäfer; der Schäfer nicht der Speise wegen dem Schaf, Du folgst des Lohnes wegen deinem Herrn, nicht dein Herr des Lohnes wegen dir. folglich bist du ein Schaf.

      Sput.

       Noch eine zweite Schlußfolgerung wie diese, so schrei ich bäh.

      Proteus.

       Aber höre: gabst du Julien


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