Butler Parker 104 – Kriminalroman. Günter Dönges
bin Sekretärin und keine Tänzerin.“
„Aber Sie haben das gewisse Etwas, Kleines“, redete Hodner gelassen weiter in einem Ton, der bei aller Höflichkeit keinen Widerspruch duldete. „Ich hab’ gesehen, mit welchem Schwung Sie aus der Hüfte heraus gehen. Was Sie nicht können, werden wir Ihnen schon beibringen. So, hier ist meine Karte. Rufen Sie mich noch heute an! Wir machen dann einen Vertrag.“
Er erhob sich leicht, um anzudeuten, daß das Gespräch beendet sei. Kathy Porter reagierte verwirrt, stand hastig auf und ging. Draußen vor der Bar kam sie an den beiden Männern vorbei.
Genau in diesem Moment fiel in der Bar ein Schuß, der normalerweise gar nicht zu hören war. Er war nämlich schallgedämpft abgefeuert werden, alarmierte aber Kathys Ohren, die sich in solchen Dingen nur zu gut auskannte.
Die beiden jungen Männer waren bereits in der Hotelbar verschwunden.
*
„Herr im Himmel, wie sehen Sie denn aus?“
Agatha Simpson, walkürenhaft gebaut, um die sechzig Jahre alt, vollschlank und auf großem Fuß lebend, sah ihren Butler überrascht an. Ihre Stimme hatte den Unterton eines relativ friedlichen Feldwebels der Armee Ihrer Majestät. Sie war eine äußerst stattliche Dame, die man nicht übersehen konnte. Ihre Manieren hatten eine erstaunliche Bandbreite. Sie konnte sich geben und dabei fluchen wie ein ordinäres Marktweib, sie konnte sich aber auch in eine Herzogin verwandeln, für die kein Parkett zu glatt ist.
Mylady war eine ungewöhnliche Frau, die sich dank ihres Vermögens Extravaganzen leisten konnte. Sie war mit dem Hoch- und Finanzadel der Insel verschwägert.
Lady Agatha lebte ein freies Leben und ritt ein ungewöhnliches Steckenpferd. Sie beschäftigte sich als Amateurdetektivin und hatte in ihrem Butler einen Partner gefunden, wie sie ihn nur in ihren kühnsten Träumen erwarten konnte.
Lady Agatha befand sich in ihrem Hotelzimmer und musterte ihren Butler. Sie hatte auf den ersten Blick bemerkt, daß sich interessante Dinge ereignet haben mußten. Ihre dunklen, schnellen Augen nahmen einen erfreuten Glanz an.
„Mylady mögen das Aussehen meiner Wenigkeit entschuldigen“, ließ Josuah Parker sich vernehmen. „Nach Lage der Dinge scheint man mich mit meinem Kollegen, dem ich einen Besuch abstattete, verwechselt zu haben.“
„Wie schön“, freute sich Lady Agatha ohne jedes Mitgefühl. „Ein neuer Fall für uns?“
„Keineswegs, Mylady, selbst bei weitester Auslegung. Es handelte sich nur um einige Rowdys, die ihr Temperament abreagieren wollten.“
„Weiter, lassen Sie sich nicht jedes Wort aus dem Mund ziehen, Parker!“
„Die jungen Herren ergriffen die Flucht, als ich ein wenig nachdrücklich wurde.“
„Eine Bande, die man auffliegen lassen könnte?“ Lady Agatha gab ihre Hoffnung auf einen neuen Fall nicht so schnell auf.
„Sicher nicht, Mylady.“
„Sehr schade“, grollte Parkers Herrin enttäuscht, „aber vergessen Sie nicht, Parker, daß wir da einen Fall hatten, der ebenfalls mit Rowdys begann und sich dann recht erfreulich entwickelte.“
„Gewiß, Mylady.“
„Man hat Sie verwechselt, Mister Parker. Mit Ihrem Kollegen, wie Sie gerade sagten. Wollen Sie diesen Kollegen schutzlos lassen? Und warum sollte er von diesen Schlägern überfallen werden? Das sind doch Fragen, die geklärt werden müssen.“
„Mein Kollege, Mylady, wird um diese Zeit bereits den Campingplatz verlassen haben.“
„Sie enttäuschen mich sehr, Mister Parker.“ Lady Simpson hatte eingesehen, daß wirklich nichts zu machen war.
„Für die Zukunft, Mylady, werde ich mir erlauben, mich mehr zu bemühen“, versprach Parker, der innerlich erleichtert war, daß Mylady sich zufriedengab. Er kannte ihre Hartnäckigkeit, mußte allerdings auch eingestehen, daß sie sich oft gelohnt hatte. Lady Simpson witterte gerade dort Zusammenhänge, wo Fachleute weit und breit keine sahen. Sie besaß einen siebten Sinn für das Verbrechen.
Als das Telefon läutete, ging Parker an den Apparat und meldete sich als Butler Lady Simpsons. Er antwortete nur mit Ja und Nein und sagte dann abschließend, er würde sich sofort hinausbemühen.
„Was ist denn?“ fragte Agatha Simpson, die das steinerne Gesicht ihres Butlers sah.
„Die Polizei“, antwortete Parker. „Mein Kollege Angels ist erschossen in seinem Wohnwagen aufgefunden worden. In seiner Tasche fand man meine Visitenkarte und möchte mir nun einige Fragen stellen.“
„Ich werde selbstverständlich mitkommen“, entschied Lady Simpson, wobei ihr Gesicht einen grimmigen Ausdruck annahm. „Und ich sage Ihnen schon jetzt, daß wir den oder die Mörder finden werden.“
„Wie Mylady befehlen“, gab Parker zurück und schloß für einen Moment ergeben die Augen. Er ahnte, was ab sofort auf ihn zukam.
*
Inspektor Griffins war ein gemütlich wirkender Mann von etwa fünfundfünfzig Jahren, mittelgroß und leicht korpulent. Er hatte den erschossenen Angels von Parker identifizieren lassen und erkundigte sich, wie die neu und unversehrt aussehende Visitenkarte im Rock des Toten landete.
Parker konnte das schnell erklären.
„Hat Mister Angels Ihnen gegenüber irgendwelche Andeutungen gemacht?“ erkundigte sich Griffins. „Hatte er Angst?“
„Auf keinen Fall“, erwiderte Parker, der zusammen mit Griffins vor dem Wohnwagen stand. „Mister Angels bat mich, ihm bei der Stellungssuche behilflich zu sein. Das war vor einigen Tagen. Er rief mich in London bei meiner Herrschaft an. Erfreulicherweise konnte ich dem Kollegen Angels helfen und besuchte ihn hier, als Lady Simpson geschäftlich in der Nähe zu tun hatte.“
„Er hat über ein Jahr lang nicht mehr als Butler gearbeitet?“
„Mister Angels wollte hier an der Küste ein Leiden auskurieren. Er sprach von einer Beinthrombose.“
„Damit läßt sich herzlich wenig anfangen“, stellte Griffins mißmutig fest und duckte sich unwillkürlich ein wenig ab, als Agatha Simpson sich in sein Blickfeld schob. Sie hatte sehr genau mitbekommen, daß ihr Butler, ob nun absichtlich oder nicht, eine Kleinigkeit unterschlagen hatte.
„Lady Agatha Simpson“, erläuterte Parker, nachdem Griffins respektvoll seinen Namen genannt hatte.
„Sprach Angels nicht von zwei Toten innerhalb der vergangenen vierzehn Tage?“ erinnerte sie den Butler.
„In der Tat, Mylady“, räumte Parker ein.
„Um welchen Toten handelte es sich?“ Agatha Simpsons Stimme hatte es in sich und duldete kein Ausweichen.
„Zwei Tote schon, aber keine Mordfälle“, stellte Griffins richtig. „In einem Fall wurde ein Camper hier vom Platz überfahren, im zweiten Fall ertrank ein Schwimmer draußen im Meer.“
„Nur so?“ Agatha Simpsons Augen funkelten animiert.
„Er wurde von einem Motorboot überfahren“, präzisierte der Inspektor.
„Und in beiden Fällen wurde doch hoffentlich Fahrerflucht begangen, nicht wahr?“ Lady Agatha fühlte sich in ihrem Element.
„Das stimmt wirklich“, erwiderte Griffins.
„Ich werde Ihnen kaum ins Handwerk pfuschen“, redete die streitbare Dame weiter, „aber ich möchte wetten, daß die beiden Toten mit Mister Angels bekannt waren.“
„Das müßte ich erst nachprüfen lassen“, sagte der Inspektor verblüfft.
„Sie werden sehen, daß das stimmt.“ Lady Agatha nickte nachdrücklich, als unterstreiche sie bereits eine Tatsache.
„Ich muß noch mal auf die Rowdys zurückkommen“,