Butler Parker 104 – Kriminalroman. Günter Dönges
fragte Parker vorsichtig.
„Spüren Sie diesen Ray und diese Helen auf“, ordnete Agatha Simpson an, „besonders schwer kann das doch wohl nicht sein. Ich möchte wetten, daß die fünf jungen Lümmel auf dem Campingplatz beheimatet sind.“
„Ich werde mich umgehend darum kümmern, Mylady.“
„Wir werden uns darum kümmern“, entschied die Dame mit der detektivischen Ader. „Glauben Sie wirklich, ich bliebe hier im Hotel? Ich würde mich ja zu Tode langweilen.“
Parker hatte keine Gelegenheit mehr, mit Lady Simpson über diesen Punkt zu diskutieren, denn der Empfang des Hotels rief an und meldete die Anwesenheit eines gewissen Inspektor Griffins.
„Was will denn dieser Schafskopf von uns?“ Agatha Simpson konnte sich mitunter sehr deutlich ausdrücken. Es war Parker klar, daß sie den Inspektor nicht mochte. Sie hielt ihn für einen Schematiker, doch Parker sah die Sache erheblich anders. Seiner Ansicht nach war Griffins ein qualifizierter Praktiker.
Die Begrüßung durch Inspektor Griffins fiel erstaunlich respektvoll aus. Warum, sollte sich bald zeigen. Er war von London aus informiert worden, mit welch einem Trio er es zu tun hatte, mit einem Trio, dessen Dienste schon häufig höchste Regierungsstellen gerne in Anspruch nahmen.
„Ich bin vom Yard angerufen worden“, berichtete Griffins. „Ich glaube, Sie brauchen eine Auskunft über einen gewissen Dan Hodner, nicht wahr?“
„Warum fragen Sie, wenn Sie’s bereits wissen?“ knurrte Lady Simpson den Inspektor an.
„Nun, im Yard weiß man so gut wie nichts.“ Inspektor Griffins ließ sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. „Hodner ist in jungen Jahren in zwei Fällen wegen leichten Diebstahls vorbestraft worden. Jugendsünden, unerhebliche Fälle.“
„Das kann ich einfach nicht glauben. Mehr weiß man im Yard nicht?“ Agatha Simpson ärgerte sich deutlich. Sie hatte mehr erwartet.
„Ich könnte Ihnen mit mehr dienen.“ Griffins schmunzelte und nahm Platz, ohne dazu aufgefordert worden zu sein.
„Muß ich jetzt einen Kniefall vor Ihnen tun?“ fauchte Mylady den amtlichen Besucher an.
„Geschenkt, Mylady!“ Griffins schmunzelte behäbig. „Ich möchte eine ältere Dame nicht unnötig strapazieren.“
Lady Agatha stutzte, musterte den Inspektor mit scharfem Blick und lachte plötzlich schallend.
„Gewonnen“, sagte sie dann. „Sie haben den Biß, den ich schätze.“
„Dagegen weiß ich nicht, wie Sie an Hodner geraten sind.“
„Ist das hier an der Küste ein bekannter oder berüchtigter Name?“ Lady Simpson wollte nicht mit der Sprache heraus.
„Sie haben ihn hier in Lytham St. Annes kennengelernt?“ Griffins ließ sich nicht ablenken.
„Miß Porter, meine Sekretärin, kann sich jederzeit von ihm anstellen lassen. Er bietet ihr einen Vertrag als Tänzerin.“
„Dann können Sie Karriere machen“, antwortete der Inspektor. „Verbindungen und Möglichkeiten dazu besitzt Hodner.“
„Er sprach mich am Strand an“, präzisierte Kathy und nahm den warnenden Blick Parkers wahr. Sie wußte, was sie nicht erzählen sollte. „Ich bin natürlich nicht darauf eingegangen.“
„Aber Sie sind zusammen mit ihm in eine Hotelbar gegangen, nicht wahr?“ Griffins wußte erstaunlich viel.
„Er lud mich ein.“
„Von dem Schuß auf Hodner haben Sie nichts mitbekommen, wie?“
„Schuß?“ Kathy tat ahnungslos.
„Auf Hodner ist geschossen worden?“ Mylady wunderte sich ungemein.
„Ein als Kellner verkleideter Mann stahl sich ins Hotel und schoß auf Hodner“, sagte Griffins. „Er traf nicht und konnte unerkannt entkommen.“
„Darf ich daran erinnern, Sir, daß Sie sich über die Person besagten Mister Hodners auslassen wollten?“ schaltete sich Parker ein. „Wie Sie andeuteten, ist er Ihnen nicht ganz unbekannt.“
„Dan Hodner ist eine undurchsichtige und schillernde Figur“, antwortete der Inspektor. „Er betreibt einige Music Halls und Diskotheken hier an der Küste und drüben auf der Isle of Man. Er verdient damit viel Geld und bezahlt pünktlich seine Steuern. Er ist an einigen Campingplätzen beteiligt, vermietet Wohnwagen und Trailer und betreibt einen gutgehenden Bootsverleih.“
„Sie mögen ihn nicht?“ Mylady hatte natürlich ebenfalls gehört, daß Griffins’ Tonfall nicht gerade begeistert klang.
„Ihn nicht und auch nicht seine beiden Leibwächter“, gab Griffins ehrlich zu.
„Was hat er zu befürchten, daß er sich zwei Leibgardisten hält?“ Lady Simpson war gespannte Erwartung.
„Er gibt an, es nicht zu wissen“, erwiderte Griffins, „aber es steht fest, daß in jüngster Vergangenheit einige Mordanschläge auf ihn verübt worden sind. Das ist aktenkundig und durch unbeteiligte Augenzeugen bewiesen.“
„Wo residiert denn dieser Hodner?“
„In einer großen Strandvilla, in der Nähe seines Bootsverleihs“, gab Griffins zurück. „Ist nicht zu verfehlen, Mylady.“
„Ich werde mich mit diesem Mann unterhalten“, ließ die Detektivin sich energisch vernehmen. „Ich werde ihm meinen Standpunkt klarmachen. Ich lasse mir meine Mitarbeiter nicht abwerben.“
„Viel Glück“, wünschte Griffins, bevor er ging.
*
Die Adresse auf der Visitenkarte, die Dan Hodner Kathy Porter in die Hand gedrückt hatte, stimmte.
Das große, dreistöckige Haus war tatsächlich eine Villa, erbaut wahrscheinlich zur Zeit der Jahrhundertwende. Sie zeichnete sich durch eine große Zahl von Erkern, Türmchen und Glasveranden aus. Das Gebäude lag hart am Ufer des Ribble und war umgeben von einer hohen Steinmauer. Selbst zur Wasserseite hin war es durch einen Maschendraht abgesichert.
Das Haus war schneeweiß und in bestem Zustand. Das Tor zur Auffahrt war selbstverständlich geschlossen und machte einen abweisenden Eindruck.
Parker saß am Steuer seines hochbeinigen Monstrums, eines ehemaligen Londoner Taxis, das nach seinen Plänen und Vorstellungen technisch umgestaltet worden war. Nur der eckige Aufbau war belassen worden und tarnte im Grund die vielen Überraschungen, die dieser Wagen enthielt.
Im Fond saßen Agatha Simpson und Kathy Porter.
Mylady hatte davon Abstand genommen, sich bei Dan Hodner zu beschweren. Kathy Porter wollte zum Schein auf das Angebot dieses Mannes eingehen und so in Erfahrung bringen, was er eigentlich wollte. Wogegen nicht nur Lady Simpson, sondern auch Butler Parker war. Die Sache konnte unter Umständen gefährlich werden. Hodner war sicher kein angenehmer Zeitgenosse.
Nicht weit von der Strandvilla Hodners entfernt befand sich der Bootsverleih, von dem Inspektor Griffins gesprochen hatte. Es zeigte sich, daß er dabei sehr untertrieben hatte.
Dieser Bootsverleih hatte sich auf seetüchtige Motor- und Segeljachten bis zu beachtlicher Größe spezialisiert. Ruder- oder Tretboote waren weit und breit nicht zu sehen. Wer hier mietete, mußte Geld mitbringen.
Daß dieser Verleih sich rentierte, war deutlich an den parkenden Wagen auf dem Vorplatz zu sehen: Luxuswagen aller Marken und Klassen gaben sich hier ein Stelldichein.
„Warten Sie einen Moment, Mister Parker“, bat Kathy, die vorn am Bootssteg einen Volvo entdeckt hatte. Sie beugte sich etwas vor, um das Kennzeichen besser zu erkennen. Die Nummer, die sie sich merkte, stimmte mit der in ihrem Gedächtnis überein. Und dann sah Kathy darüber hinaus auch noch den kleinen Mann mit der hohen Stirnglatze, der den Volvo gefahren hatte. Er trug ölverschmierte Jeans und darüber einen Pullover mit