Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman. Sissi Merz

Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman - Sissi Merz


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sehr eindringlich gesprochen, seine Worte schienen endlich zu Christian Farber vorzudringen.

      »Was wissen Sie schon? Ich hab’ alles falsch gemacht, kann nimmer zurück.«

      »Das stimmt nicht. Ihr Chef gibt Ihnen noch eine Chance. Aber nur, wenn Sie dem hier ein Ende machen und vernünftig werden.«

      »Wieso sollte ich Ihnen trauen? Sie wollen ja nur, daß ich aufgebe und ins Gefängnis komme.«

      »Warum haben Sie das Geld genommen? Wofür haben Sie es denn bloß gebraucht?«

      Der junge Mann atmete schwer. Kraftlos ließ er sich auf einen Stuhl fallen, stellte den Stutzen neben sich an die Wand. Mit einer müden Geste fuhr er sich durchs Haar. »Ich war im Kasino«, murmelte er dann bekümmert. »Obwohl ich es net wollte. Die alte Sucht hat mich wieder gepackt. Es war eher ein Zufall, mit ein paar Kollegen haben wir einen Geburtstag gefeiert, im letzten Jahr. Ich wollte mich erst ausschließen, aber dann hab ich wieder am Tisch gesessen. Ich wußte kaum, wie mir geschah, es hat mich angefallen wie ein Fieber. Danach war ich noch ein paarmal dort, hab immer verloren. Jedesmal wollte ich das Geld wieder reinholen. Aber ich hab nur mehr verspielt. Und dann wußte ich nimmer weiter.« Er schüttelte den Kopf. »So ein Wahnsinn. Ich dachte, es merkt keiner, wenn ich die Manipulationen nur gut genug verstecke. Und jetzt ist alles aus. Die Moni wird mich nimmer wollen, ohne Arbeit und Geld. Und vielleicht komme ich sogar ins Gefängnis...«

      »Sie schätzen Ihre Frau falsch ein«, war Max überzeugt. »Es kommt ihr net aufs Geld an. Hätten Sie ihr die Wahrheit gesagt, wären Sie immer ehrlich gewesen, dann hätte sie gewiß zu Ihnen gehalten. Aber Sie haben den falschen Weg gewählt.«

      »Ja, ich weiß, ich weiß...«

      »Christian, hören Sie mir zu: Sie haben einiges falsch gemacht in Ihrem Leben. Noch ist es nicht zu spät, dies zu ändern. Wir gehen jetzt zusammen nach draußen. Ihre Frau muß ins Spital und...« Max verstummte, als der junge Mann eine heftige Bewegung machte. Er wollte nach dem Stutzen greifen, aber der Landarzt war schneller. Er bekam das Gewehr zu fassen, mahnte: »Seien Sie vernünftig! Es ist vorbei.«

      »Gib mir den Stutzen, du Hund! Ich hab doch gewußt, daß du mich betrügen willst, ihr seid alle gegen mich, alle!«

      Max nahm den kleinen Paul auf den Arm und griff nach Birgits Hand. Das Mädchen folgte ihm wie im Tran, während der Junge zu weinen anfing. Christian Farber war wieder auf seinen Stuhl gesunken, hatte das Gesicht in den Händen vergraben und schluchzte verzweifelt. Der Landarzt schaltete in der Diele das Licht an, schloß die Haustür auf und verließ mit den Kindern das Haus. Auf dem Hof kamen ihm die Polizeibeamten entgegen, dahinter Benjamin Farber und Anna Stadler. Sie nahm Max den kleinen Paul ab. Nun näherten sich auch zwei Krankenwagen.

      »Frau Farber muß sofort ins Spital, Schockzustand«, sagte Max zum ersten Notarzt, der ihn erreichte. Benjamin Farber betrat mit den Ärzten das Haus, Anna fiel Max um den Hals und murmelte: »Gott sei Dank, ich hab so schreckliche Angst um dich gehabt!« Er drückte sie leicht und sagte dann: »Ist gut, es ist vorbei. Bringst mich heim, Anna? Ich möchte jetzt sonst keinen sehen.«

      Die hübsche Blondine schaute den hochgewachsenen Mediziner kurz fragend an, dann nickte sie. Ein wenig verschämt schob sie ihre Hand in seine, zusammen liefen sie zum Marktplatz von Wildenberg, wo das Doktorhaus stand. Überall begegneten ihnen Menschen, das ganze Dorf war auf den Beinen, denn ein solches Drama spielte sich schließlich nicht alle Tage ab.

      Josef Brinkmeier kam eilig auf Max zu, der sah, daß auch Lukas da war. Der alte Landarzt blickte seinem Sohn zutiefst besorgt entgegen.

      »Ist alles gutgegangen? Mei, Max, was für eine Geschichte!«

      Selbst Lukas hielt sich an diesem Abend mit seinen ironischen Kommentaren zurück, doch sein Bruder hatte nicht viel zu erzählen. Max Brinkmeier war stets zur Stelle, wenn es galt, Menschen in Not zu helfen. Aber er war keiner, der nachher mit seinen Taten prahlte. Das wäre ihm peinlich gewesen.

      »Der Christian Farber ist fertig, ich glaube, da kommt einiges zusammen. Sein Bruder hat mir erzählt, daß er schon als Bub Probleme gehabt hat. Ihm ist wohl nie richtig geholfen worden, und irgendwann ist die Zeitbombe hochgegangen«, meinte er nachdenklich. »Es ist schlimm, wenn ein Mensch so verzweifelt ist, daß er nimmer ein noch aus weiß.«

      »Du hast die Zeitbombe entschärft«, merkte Anna bewundernd an. »Die Monika und ihre Kinder verdanken dir dein Leben. Wer weiß, was passiert wäre, wenn die Polizei das Haus gestürmt hätte.«

      »Gewiß nix Gescheites. Trotzdem tut der Mann mir leid, ebenso wie seine Familie. Da ist jetzt alles offen. Aber ob es für ihn noch ein Zurück geben kann, wage ich zu bezweifeln.«

      Afra, die alte Hauserin, kochte Kaffee und richtete noch eine Brotzeit, obwohl es bereits auf Mitternacht zuging. Doch in dieser Nacht, da wollte keiner schlafen gehen. Die dramatischen Ereignisse im Farberhaus hatten alle zu sehr mitgenommen. Anna Stadler und Lukas saßen noch mit Max und Josef zusammen, als Benjamin Farber vorbeischaute.

      »Entschuldigt die späte Störung, ich wollte nur Bescheid sagen, wie es der Moni und den Kindern geht. Bis eben bin ich im Spital bei ihnen gewesen.«

      »Haben die Kollegen sie stabilisieren können?« wollte Max sofort wissen. »Ihr Zustand war ernst.«

      »Ja, und es hat recht lange gedauert, bis es ihr bessergegangen ist. Der Doktor im Spital sagt, sie braucht mindestens eine Woche Ruhe, um wieder auf die Beine zu kommen. Die Birgit und der Paul sind eigentlich mit dem Schrecken davongekommen, abgesehen von ein paar kleineren Blessuren. Sie müssen nur über Nacht im Spital bleiben, zur Beobachtung.«

      Der junge Landarzt wurde ernst. »Und dein Bruder, Ben? Was ist mit ihm? Hat die Polizei ihn verhaftet?«

      Der Bauer senkte den Blick und berichtete mit belegter Stimme: »Der Christian hat durchgedreht, als sie ihn abführen wollten. Er ist zur Untersuchung in die Psychiatrie eingewiesen worden. Was Näheres hab ich net erfahren können. Aber wie es aussieht, werden sie ihn nicht so bald wieder aussi lassen.«

      Alle Anwesenden schwiegen betreten, Benjamin murmelte: »Dann will ich mich mal auf den Heimweg machen. Ich wollte dir noch mal danken, Max. Du hast die Moni und die Kinder gerettet. Das werden wir dir nie vergessen.« Er drückte dem Landarzt fest die Hand und schaute ihm dabei ernst in die Augen. Nachdem Benjamin sich verabschiedet hatte, ging auch Lukas heim.

      Anna Stadler sagte nicht nein, als Max sie noch heimbringen wollte. Der Weg bis zur Rosenapotheke war nicht weit, schweigend liefen sie nebeneinander her, beide in ihre eigenen Gedanken verstrickt. Bevor sie sich trennten, drückte Max Anna aber noch ein Busserl auf die Schläfe.

      Sie schaute verwundert zu ihm auf, da lächelte er ein wenig und bekannte: »Ich hab mich sehr darüber gefreut, daß du dich so um mich gesorgt hast. Schlaf gut, Anna. Auf morgen.«

      »Füat di, Max.« Sie blickte ihm noch einen Moment lang hinterher, dann mußte sie lächeln, obwohl sie hundemüde war und sich total zerschlagen fühlte. Aber ihr Herz, das machte einen sehr munteren und fröhlichen Hupfer....

      *

      Bereits am nächsten Tag besuchte Benjamin Monika wieder im Spital in Berchtesgaden. Es ging ihr schon ein wenig besser, obwohl sie sich noch sehr schwach fühlte. Aber die Anwesenheit des jungen Mannes tat ihr gut, und als er ihre Hand in seine nahm, fragte sie ihn leise: »Sag, Ben, wie soll es denn nun weitergehen? Wird der Christian wieder gesund? Er hat von Unterschlagungen geredet, und daß er gekündigt worden ist...«

      »Du solltest dir jetzt net so viele Gedanken machen, mußt erst wieder auf die Beine kommen. Hernach reden wir über alles.«

      »Aber ich muß es wissen, sonst hab ich keine ruhige Minute mehr. Bitte, Ben, sei ehrlich zu mir, das bist immer gewesen.«

      »Also schön. Ich will dir alles erzählen, was ich weiß. Aber es ist net schön. Dein Mann ist heimlich ins Kasino gegangen und hat hohe Summen verspielt. Das Geld hat er in der Bank unterschlagen. Als es rausgekommen ist, wurde er gefeuert und angezeigt. So ganz Unrecht hatte er nicht, als er gesagt hat, es wäre alles aus. Für ihn hat es wohl so ausgeschaut.


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