Butler Parker 121 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 121 – Kriminalroman - Günter Dönges


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      »Ich bin Ihnen für jede Geschichte dankbar«, sagte er mit einer gewissen Bitterkeit. »Sie darf sogar wahr sein.«

      »Machen Sie sich nicht lächerlich, McWarden«, gab Lady Simpson grimmig zurück. »Als ob ich Sie schon jemals belogen hätte!«

      »Oh, Lady Simpson«, seufzte McWarden auf, »eines Tages werde ich mich in die Provinz versetzen lassen, weit weg von Ihnen.«

      »Wie wollen Sie dann noch Kriminalfälle lösen?« erkundigte sich die Lady ironisch. »Sie sollten dankbar sein, daß ich mich etwas um Sie kümmere.«

      »Um was ging’s denn diesmal?« fragte McWarden, ohne dieses Thema zu vertiefen.

      »Miß Porter wird Ihnen alles erzählen«, gab Lady Simpson zurück. »Und Sie werden nichts zu hören bekommen, als die Wahrheit, die reine Wahrheit.«

      »Ich weiß!« McWarden verdrehte die Augen und nickte Kathy Porter zu. Lady Simpsons Gesellschafterin berichtete knapp und präzise von dem, was sich in der Loge abgespielt hätte. Sie vergaß allerdings das Kettchen zu erwähnen, doch das konnte möglicherweise mit ihrer Aufregung Zusammenhängen.

      »Also reiner Zufall, daß Sie diesen versuchten Mord beobachteten?« McWarden drehte sich zu Lady Simpson um.

      »Sie scheinen gut zugehört zu haben. Reiner Zufall, Superintendent. Wollen Sie mir nicht endlich sagen, wen ich da vor dem Tod gerettet habe? Darauf habe ich doch wohl einen Anspruch, nicht wahr?«

      »Sie kennen den Mann wirklich nicht, Mylady?«

      »Sie werden albern, junger Mann«, raunzte die ältere Dame den Superintendent an. »Ich spiele nicht mit gezinkten Karten. Ich bin ahnungslos.«

      McWarden durchforschte bereits die Brieftasche des Opfers und fand eine Menge Hinweise auf dessen Identität. In der Brieftasche befanden sich Kreditkarten, ein internationaler Führerschein, Pfundnoten und dann auch ein Hotelausweis.

      »Nun zieren Sie sich nicht länger«, brummte Lady Simpson. »Wie heißt der Mann?«

      »James Findlay«, antwortete der Superintendent zögernd. »Er ist Amerikaner und scheint sich erst seit zwei Tagen hier in London aufzuhalten.«

      »In welchem Hotel ist er abgestiegen?«

      »Im ›Palace‹, Mylady, aber das darf ich Ihnen schon nicht mehr sagen.«

      »,Ich habe auch nichts gehört«, antwortete Lady Simpson.

      »Werden Sie sich mit dieser Sache befassen?« fragte McWarden vorsichtig an. Ihm war nur zu bekannt, welchem Hobby die resolute Dame hemmungslos frönte.

      »Der Fall soll doch aufgeklärt werden, oder?« Sie sah ihn grimmig an. »Natürlich werde ich ein wenig neugierig sein, McWarden. Vielleicht wartet hier ein Stoff auf mich, der mir einen Bestseller garantiert.«

      *

      »Wann werden Sie sich endlich einen größeren Wagen zulegen, Kindchen?« grollte Lady Simpson und deutete auf den Mini-Cooper. »Dieser Schuhkarton ist doch eine Zumutung.«

      »Man hat daher mit ihm keinerlei Parkprobleme, Mylady«, sagte Kathy Porter lächelnd. »Ich komme mit ihm praktisch überall hin.«

      Lady Simpson faltete sich zusammen und schob sich ächzend und stöhnend auf den Beifahrersitz. Kathy Porter wartete, bis die ältere Dame sich endlich zurechtgerückt hatte, dann ging sie um den Mini-Cooper herum und setzte sich vor das Steuer.

      »Fahren Sie los«, sagte Lady Simpson. »Ich wette, McWarden beobachtet uns. Er traut mir mal wieder nicht über den Weg.«

      »Gebranntes Kind scheut das Feuer, Mylady.« Kathy ließ den Motor an und fuhr langsam los. Als sie den Parkplatz verließ, tauchte der Superintendent auf, gestikulierte und schien den Mini-Cooper unbedingt anhalten zu wollen. Ja, er machte einen geradezu aufgeregten Eindruck.

      »Ich hoffe, Sie wollen nicht reagieren«, meinte Lady Agatha. »Ich sehe nichts. Haben Sie mich verstanden?«

      »Es scheint aber wichtig zu sein, Mylady.«

      »Wir sehen nichts. Biegen Sie nach rechts ab, Kindchen. McWarden geht mir auf die Nerven.«

      Kathy Porter hielt sich also an die strikte Anweisung der Lady Agatha, übersah den Superintendent und witschte mit ihrem Mini-Cooper in eine schmale Gasse, die von parkenden Wagen gebildet wurde. Wenig später waren sie auf der regulären Straße und fuhren in Richtung Hyde Park, in dessen Nähe sich das Palace-Hotel befand.

      »Sie scheinen wieder mal mit einer Schnecke konkurrieren zu wollen«, mokierte sich die energische Lady. »Geht’s nicht etwas schneller, Kindchen?«

      »Mylady, der Verkehr ist einfach zu dicht.«

      »Sie sind überfordert, Kathy«, stellte die Lady fest. »Ich denke, ich sollte das Steuer übernehmen.«

      Kathy Porter hätte am liebsten entsetzt aufgeschrien. Sie kannte den Fahrstil der resoluten Lady. Ein ehemaliger Kamikaze-Flieger wäre gegen Myladys Verwegenheit nur ein zaudernder Anfänger gewesen. Wenn Lady Agatha am Steuer eines Wagens saß, war das stets so etwas wie ein Happening. Sie hatte die Spielregeln des Verkehrs längst vergessen, zudem auch noch sämtliche Verkehrszeichen. Sie fuhr so, wie es ihr gerade in den Sinn kam.

      »Sollten Sie sich nicht das Kettchen ansehen, Mylady?« lenkte Kathy Porter schnell ab. Sie konnte nur hoffen, daß Lady Agatha auf diesen Trick hereinfiel.

      Sie tat es erfreulicherweise.

      »Richtig, das Kettchen!« erinnerte sich die Lady und suchte in ihrem mächtigen und fülligen Ausschnitt nach besagtem Gegenstand. Nach einiger Anstrengung hatte sie endlich den Gegenstand gefunden und sicher geborgen. Sie betrachtete ihn neugierig.

      Das Silberkettchen hatte einen Anhänger. Bei diesem Anhänger handelte es sich um eine längliche Kapsel, die aus zwei Hälften bestand. Sie war etwa vier bis fünf Zentimeter lang und hatte einen Durchmesser von ungefähr anderthalb Zentimeter. Die zwei Hälften waren genau in der Mitte gegeneinander geschraubt. Die obere Hälfte war mit eingelassenen roten Kreuzen versehen, mit denen Lady Simpson nichts anzufangen wußte.

      »Das sieht aber reichlich medizinisch aus«, fand sie und zeigte ihrer Begleiterin die Kapsel. Sie zeigte sie ihr derart nachdrücklich, daß Kathy die Sicht auf die Fahrbahn versperrt wurde. Doch das bekam Lady Simpson in ihrem Eifer nicht mit.

      Kathy mußte eine Notbremsung durchführen und entging nur mit knapper Not einem Auffahrunfall. Davon bekam Lady Agatha jedoch nichts mit.

      »Moment, Kindchen«, sagte sie ahnungslos. »Sie können wahrscheinlich nicht genug sehen.«

      Lady Simpson nahm die Kapsel noch höher und damit Kathy auch die letzte Sicht. Kathy Porter seufzte auf.

      »Was ist denn, Kathy?« wunderte sich die ältere Dame. »Warum blockieren Sie plötzlich den gesamten Verkehr? Wir sind doch nicht allein auf der Straße? Sie sollten mal wieder Fahrunterricht nehmen.«

      »Mylady, ich kann beim besten Willen nichts sehen«, gab Kathy ergeben zurück. Es hatte keinen Sinn, sich über die Lady zu wundern. Sie war ein Naturereignis, das man einfach hinnehmen mußte. Kathy steuerte den Wagen vorsichtig an den Straßenrand und hielt an.

      »Der Straßenverkehr hat Sie geschafft, Kindchen, nicht wahr?« Mitgefühl schwang in Myladys Stimme mit.

      »Darf ich die Kapsel sehen, Mylady?« fragte Kathy, ohne auf die Feststellung Lady Agathas einzugehen. Sie überhörte sie geflissentlich.

      »Ein sehr eigenartiger Talisman«, fand Lady Agatha, als sie ihrer Gesellschafterin die Kapsel reichte.

      »Das ist eine Rettungskapsel«, sagte Kathy nach einem kurzen und prüfenden Blick.

      »Eine was?« Lady Simpson schüttelte irritiert den Kopf.

      »Eine Rettungskapsel, Mylady«, wiederholte Kathy und schraubte die beiden Hälften auseinander. »Sie enthält Angaben zur Person des Besitzers. Blutgruppe, Rhesusfaktor, eine Liste der


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