Butler Parker 121 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker 121 – Kriminalroman - Günter Dönges


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Papier aus der unteren Kapselhälfte, rollte es auseinander und reichte es Lady Simpson.

      »Tatsächlich«, sagte die Amateurdetektivin enttäuscht. »Der Name lautet James Findlay. Er ist identisch mit dem, den McWarden uns genannt hat. Das ist aber eine herbe Enttäuschung, Kindchen.«

      »Sie hatten Mikrofilme erwartet, Mylady?« Kathy lächelte.

      »Natürlich«, räumte Lady Simpson ehrlich ein, was an sich schon überraschend genug war. »Warum hat dieser Findlay mir sonst diese Kapsel aufgedrängt? Sein Rhesusfaktor interessiert mich doch überhaupt nicht.«

      »Vielleicht birgt die Kapsel irgendein Geheimnis, Mylady?« Kathy wußte sehr genau, wie man Lady Simpson geschickt ablenken konnte. Sie hatte da so ihre Erfahrungen.

      »Manchmal haben Sie sogar akzeptable Ideen, Kindchen«, gab Lady Simpson zurück und nickte beifällig. »Worauf warten Sie eigentlich noch? Wir wollen uns diese Kapsel zu Hause mal in aller Ruhe ansehen.«

      Kathy wollte anfahren, doch in diesem Augenblick tat sich etwas, womit sie nicht gerechnet hatte. Die Fahrertür wurde aufgerissen, und sie sah Bruchteile von Sekunden später in den Lauf einer Pistole, die mit einem Schalldämpfer modernster Bauart ausgerüstet war.

      *

      »Ganz ruhig, die Damen«, sagte der junge Mann, der die Pistole hielt. Er mochte vielleicht fünfunddreißig Jahre alt sein, schlank und mittelgroß. Er hatte ein glattes Gesicht und trug trotz der Dunkelheit eine Sonnenbrille.

      »Was soll das?« grollte Lady Simpson gereizt. »Wenn Sie mit Bargeld rechnen, so haben Sie sich gründlich in den Finger geschnitten. Ich zahle nur per Scheck.«

      »Wie wär’s denn mit der Kapsel?« fragte der junge Mann und lächelte dünn. Kathy Porter überdachte blitzschnell ihre Chancen, dem Mann die Waffe aus der Hand zu schlagen, doch sie kam zu dem Schluß, daß sie es mit einem Profi zu tun hatte, den man so leicht nicht hereinlegen konnte.

      »Meinen Sie etwa diese Kapsel?« fragte die energische Lady, die die Waffe gar nicht zu sehen schien. Sie hielt sie hoch, als hätte sie möglicherweise noch gar nicht mitbekommen, in welcher Gefahr sie schwebte.

      »Sie sind ’ne Schnelldenkerin«, lobte der junge Mann Lady Simpson. »Reichen Sie mir das Ding rüber, und schon sind Sie aus dem Schneider. Aber ein bißchen plötzlich, wenn’s nicht peinlich werden soll.«

      Nun hatte die ältere Dame endlich begriffen.

      Sie stieß eigenartige Töne aus, rang sichtlich nach Luft und schien einem Herzanfall nahe zu sein. Sie beugte sich vor, griff nach ihrem Herzen und fiel dann gegen die Wagentür, deren Scheibe heruntergedreht war.

      Dabei passierte ihr jedoch ein Mißgeschick. Ihre Hand, die die Kapsel hielt, rutschte nach draußen. Und Bruchteile von Sekunden später war ein Klicken draußen neben dem Wagen zu hören.

      »Die Kapsel!« stieß Kathy Porter hervor und sah den jungen Mann verängstigt an.

      Dieser Ansicht war auch der Mann.

      Er stieß einen recht häßlichen Fluch aus und wußte im ersten Moment nicht, wie er sich jetzt verhalten sollte. Dann aber drückte er sich fluchend zurück und sah Kathy wütend an.

      »Hauen Sie ab«, sagte er. »Los, machen Sie schon.«

      »Aber die Kapsel«, warf Kathy ein, während die Lady weiterhin nach Luft schnappte und gar nicht mitbekam, was sich tat.

      »Die liegt unter dem Schlitten. Los, fahren Sie endlich!«

      Kathy wartete eine weitere Einladung nicht ab, sondern marschierte mit ihrem Mini-Cooper sofort los. Sie fuhr derart scharf an, daß Lady Simpson tief in die Polster gedrückt wurde. Im Rückspiegel beobachtete Kathy den jungen Mann. Er besichtigte die Gosse und die Fahrbahn. Auf die Kapsel schien er ganz versessen zu sein.

      »Dieser Anfänger«, ließ Lady Agatha sich in diesem Moment abfällig vernehmen.

      »Mylady?« Kathy wandte sich überrascht an die ältere Dame, die völlig normal und gesund neben ihr saß. Mit dem Herzen schien sie nie etwas gehabt zu haben. Gesünder konnte kein Mensch aussehen.

      »Er sollte sein Lehrgeld zurückzahlen«, mokierte sich Lady Agatha und nickte grimmig. »Wie kann man denn nur auf solch einen alten Trick hereinfallen! Das ist einfach nicht zu glauben!«

      »Oh, Mylady, ich dachte wirklich ...«

      »Nun geben Sie schon Gas, Kindchen. Der Lümmel wird gleich sehr wütend sein.«

      »Sie haben die Kapsel noch, Mylady?« Kathy war ein Licht aufgegangen.

      »Aber natürlich.« Lady Simpson nickte triumphierend. »Ich werde meinen Fall doch nicht so leicht verspielen.«

      Sie präsentierte die Kapsel und lachte dröhnend. Ihre dunkle Stimme kam dabei voll zur Geltung,

      »Und was haben Sie auf die Straße geworfen, Mylady?« Kathy lachte nun ebenfalls.

      »Meinen Ring, Kindchen. Aber diesen Verlust wird dieser Strolch mir noch ersetzen, so wahr ich Lady Simpson heiße!«

      Kathy schaute wieder in den Rückspiegel und suchte nach dem Verfolger. Der hereingelegte junge Mann mußte ja inzwischen den Schwindel entdeckt haben. Er mußte doch jetzt racheschnaubend die Hetzjagd aufgenommen haben.

      »Er ist doch hoffentlich hinter uns her«, erkundigte sich Lady Simpson neugierig.

      »Ich kann nichts erkennen, Mylady, der Verkehr ist einfach zu dicht.«

      »Macht ja nichts«, sagte die resolute Dame zufrieden. »Er wird sich wieder melden, Kindchen. Und dann werde ich diesem Lümmel mal zeigen, wie man sich Damen gegenüber zu benehmen hat!«

      *

      »Eine Geschichte, Mylady, die ich mit Ihrer Erlaubnis als ausgesprochen mysteriös bezeichnen möchte«, sagte Butler Parker eine knappe halbe Stunde später.

      Er befand sich zusammen mit den beiden Damen im großen Kaminzimmer von Lady Simpsons Stadtwohnung in Shepherd’s Market, London. Er hatte der Lady gerade eine kleine Erfrischung serviert. Sie bestand, das nur am Rande, aus einem dreifachen Cognac, den Lady Simpson nach Kennermanier genüßlich zu sich nahm.

      Parker war der Prototyp eines englischen Butlers. Er schien einem Gesellschaftsfilm entstiegen zu sein. Korrekter hätte auch dort kein Butler aussehen und sich bewegen können.

      Parker war ein wenig über mittelgroß, fast schlank zu nennen, besaß ein ausdrucksstarkes Gesicht, das aber unbeweglich zu sein schien, und graugrüne Augen. Er trug einen schwarzen Zweireiher, einen weißen Eckkragen und eine schwarze Krawatte. Da er gerade die leichte Erfrischung serviert hatte, trug er weiße Handschuhe. Parker war ein Mann, der praktisch in jeder Lebenslage auf Formen hielt. Leichtfertige Nachlässigkeiten gestattete er sich nicht.

      »Sehen Sie sich endlich die Kapsel an«, sagte Lady Simpson. »Sie muß so etwas wie einen doppelten Boden haben.«

      »Wie Mylady befehlen.« Parker nahm die bewußte Kapsel entgegen und schraubte sie auf. Er legte den zusammengerollten Zettel zur Seite und ging zu einer der Wandlampen hinüber. Er sah das Innere der beiden Kapselhälften an und stocherte dann mit einem langen Kaminstreichholz im Inneren der beiden Hülsen herum.

      »Mikrofilm, nicht wahr?« Für Lady Simpson gab es überhaupt keine andere Möglichkeit. Sie wollte ihren Mikrofilm sehen, doch Josuah Parker mußte bedauern.

      »Die beiden Hälften scheinen keinen doppelten Boden zu besitzen, Mylady«, meldete er höflich. »Ich möchte sie allerdings noch einmal gründlich überprüfen.«

      »Was ich mir auch ausgebeten haben möchte«, erwiderte Lady Simpson grimmig. »Vergessen Sie nicht, daß sie mir aufgedrängt worden ist. Und zwar von einem Mann, den man umbringen wollte! Und vergessen Sie außerdem nicht, daß dieser Strolch mir die Kapsel wieder abjagen wollte.«

      »Was gewisse Rückschlüsse zuläßt, Mylady, falls mir diese Bemerkung erlaubt ist.«

      »So,


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