Das Amulett Staffel 1 – Liebesroman. Patricia Vandenberg
Blick glitt über die Wände, die Möbel, die seltenen Kunstgegenstände. Alles hier war schön, von einer geheimnisvollen, exotischen Schönheit. Er fragte sich, ob Brigitte überhaupt erfassen konnte, welche Werte, von dem anderen Vermögen ganz abgesehen, ihrer harrten.
Er blickte auf den Opal, den sie auf ihrem schlichten blauen Kleid trug.
»Mamia hat ihn mir gegeben«, erklärte sie leise. »Ich sollte sie so nennen. Sie hörte es so gern.«
Sie zeigte ihm die goldene Rückseite des Amuletts. »Können Sie, kannst du es lesen?«
Er konnte die Inschrift entziffern. »Dem Bösen wird die Macht genommen«, übersetzte er langsam.
Sie sah ihn staunend an.
»Es ist lateinisch«, erläuterte er. »Glück dem, der auserwählt ist«, fuhr er fort. »Du bist auserwählt, Brigitte. Sie wollte, daß du glücklich wirst, und ich, ich will es auch.«
Behutsam küßte er ihre bebenden Lippen. »Du wirst nie mehr allein sein.«
»Dann hat dieses Amulett doch Zauberkräfte«, flüsterte sie.
Er wagte ihr nicht zu widersprechen, sondern dachte an die letzte Unterredung mit der Gräfin Celia. Er hörte ihre Stimme, wie sie sagte: »Er hat in ihren Händen das gleiche Feuer wie in Brigittes.«
»Es wird noch einiges auf dich zukommen, Brigitte«, meinte er ausweichend. »Du mußt immer daran denken, daß die Gräfin Vincenti dein Bestes wollte und daß sie dich mir anvertraute.«
Als er in die Kanzlei zurückkehrte, wurde er von Vera Bredow erwartet. Er hatte eine Abneigung gegen seine Schwägerin, doch bisher hatte er sich immer zu beherrschen vermocht. Heute stand jedoch unverhohlener Widerwillen und Zorn in seinen Augen, als er sie kühl begrüßte.
»Was führt dich hierher?« fragte er kühl.
»Ich muß mit dir sprechen.« Sie setzte sich auf die Ecke des Schreibtischs und schlug ihre schlanken, wohlgeformten Beine herausfordernd übereinander.
»Die Spatzen werden bald von den Dächern pfeifen, daß dein lieber Bruder ein Gauner ist«, sagte sie kalt.
Er trat ein paar Schritte zum Fenster zurück. Sie glitt vom Schreibtisch und kam langsam auf ihn zu.
»Es wird sich nicht aufhalten lassen, daß es bekannt wird, und dann wird man kein Vertrauen mehr in den Namen Bredow haben, mein Lieber. Es sei denn, du bist bereit, deinem Bruder zu helfen.«
»Wieviel braucht er?« fragte er tonlos und wunderte sich, weshalb er nicht noch mehr erschrocken war.
»Ich schätze mindestens fünfzigtausend«, erwiderte sie unbekümmert. »Das wäre nur ein Bruchteil des Vermögens der Gräfin Vincenti.«
Er erstarrte. Also darum ging es. Jetzt mußte er seinen kalten Verstand bewahren.
»Wenn du so gut informiert bist«, entgegnete er ruhig, »dann solltest du eigentlich auch
wissen, wem dieses Erbe zufällt.«
Sie lächelte. »Das ist ja der springende Punkt, lieber Fabian. Norbert weiß es, du weißt es und ich auch. Doch dieses Testament ist nicht gültig, wenn man es nicht ohnehin von vornherein unter den Tisch fallen lassen will. Es gibt nur zwei Zeugen, die bei der Abfassung zugegen waren, und die können erklären, daß die Gräfin da bereits geistig umnachtet war.«
»Sie war es nicht«, widersprach Fabian eisig. »Ich dachte nicht, daß Norbert so weit gehen würde, aber ich habe mich vorsichtshalber abgesichert. Das Testament ist in Ordnung. Hast du verstanden?«
»Du bist ja verrückt. Es würde doch völlig genügen, wenn diese Person ein paar tausend Mark bekommt, und selbst das wäre noch großzügig für die paar Tage, die sie bei der Gräfin verbrachte. Was hat sie denn schon groß getan?«
»Und was hat Norbert getan?« gab er gereizt zurück. »Wie lange trägt er sich schon mit dem Gedanken, die Gräfin zu betrügen. Und wie viele andere hat er schon vorher so betrogen? Aus deinen Andeutungen muß ich entnehmen, daß dies kein Einzelfall ist.«
»Was willst du überhaupt? Ihr seid Partner! Ihr müßt beide für Verluste geradestehen. Er hatte einfach Pech mit seinen Spekulationen.«
»Geh!« herrschte er sie an. »Geh, bevor ich mich vergesse.«
Im Gang traf sie mit ihrem Mann zusammen.
»Nun?« fragte er erregt.
»Er scheint sich an das Mädchen herangemacht zu haben«, erklärte sie wütend. »Ich muß schon sagen, dein Bruder fängt es schlauer an als du. Sieh zu, wie du mit ihm zurechtkommst. Ich werde erst einmal ein paar Tage verreisen.«
»Die Ratten verlassen das
sinkende Schiff«, sagte er leise vor sich hin. Furcht saß ihm
im Nacken. Er hatte alle Hoffnungen auf dieses Vermögen gesetzt, und jetzt sah er sich verloren.
»Ablösung vor«, meinte Fabian sarkastisch, als er das Büro betrat. »Ich spiele dieses Spiel allerdings nicht mit.«
»Du hast deine Chancen offenbar schon zu nutzen verstanden«, fuhr ihn Norbert Bredow an. »Ein törichtes kleines Mädchen läßt sich mit schönen Worten sehnell einfangen.«
»Ich verbitte mir jede derartige Bemerkung über Fräulein Dahl«, fiel ihm Fabian warnend ins Wort.
»So dumm wird sie doch nicht sein, in dir nicht einen Mitgiftjäger zu sehen«, antwortete Norbert voller Hohn. »Es liegt schließlich auf der Hand.«
Unbehagen erfaßte Fabian. Wenn Brigitte nun tatsächlich zu solchen Erwägungen kam? Es war ein übles Gefühl.
»Ich will nur, daß sie zu ihrem Recht kommt«, erklärte er ruhig. »Vor allem will ich verhindern, daß du dich an ihr bereicherst. Wenn ich persönlich dir aus einer Klemme helfen kann, werde ich es tun, wenngleich es meinen Ehrbegriffen widerspricht.«
»Deine Ehrbegriffe«, höhnte Norbert erneut. »Womit willst du mir denn helfen? Ich kenne doch deine Finanzlage.«
»Wahrscheinlich doch nicht so gut, wie du meinst. Auf krumme Geschäfte lasse ich mich nicht ein. Wenn ich etwas für dich tue, dann auch nur, um unseren Namen nicht ins Gerede zu bringen und nur ein einziges Mal, das laß dir gesagt sein. Wenn du aber
Brigitte Dahl betrügen willst, kannst du auf mich nicht zählen. Ich habe im übrigen ein Dokument, das ein solches Vorhaben von vornherein durchkreuzt.«
Norbert Bredow wurde fahl. »Wie soll ich das verstehen?« fragte er erschrocken.
»Bitte, lies selbst«, entgegnete Fabian. »Ich habe mir erlaubt, noch einmal bei der Gräfin Vincenti vorzusprechen und mir diese Erklärung unterzeichnen zu lassen.«
Er reichte ihm eine Abschrift, und Norberts Gesicht verfinsterte sich noch mehr.
»Du glaubst also, mich in der Hand zu haben.«
»Ich habe vorsichtshalber das Erbe sichern wollen«, erwiderte Fabian ruhig. »Hast du eigentlich gar kein Gewissen?«
Als keine Antwort kam, fuhr er sachlich fort: »Können wir uns jetzt über deine Schwierigkeiten unterhalten?«
»Wenn du einen Ausweg weißt? Mir bleibt sonst wohl nur noch eine Kugel. «
Fabian lachte bitter. »Ein schlechter und billiger Ausweg!«
»Vera hat mich soweit gebracht«, verteidigte sich der ältere. »Ihre Ansprüche übersteigen meine Möglichkeiten.«
»Du warst doch sonst kein Schwächling. Wie kann man sich von einer Frau zugrunderichten lassen?«
»Nun predige mir um Himmels willen nicht Moral. Das ist mehr, als ich ertragen kann.«
»Immerhin brachte dir die Vermögensverwaltung der Gräfin doch eine hübsche Summe ein. Oder hast du dich etwa auch schon an ihrem Geld vergriffen?« fragte er entsetzt.
»Das