Butler Parker Staffel 4 – Kriminalroman. Günter Dönges
Mann, den Parker und er hinunter in das Boot geschafft hatten. Der Pier lag weit hinter ihnen. Das rotierende Rotlicht dort sagte eindeutig, daß die Polizei inzwischen eingetroffen war.
Parker dirigierte das Dingi in die Nähe eines Frachters, fuhr unter einem dicken Tau hindurch und machte das Dingi an der Bordwand eines Leichters fest. Er zog die Ruder ein und fragte höflich seinen jungen Herrn, ob er mit der derzeitigen Regelung einverstanden sei.
»Erinnern Sie mich bei Gelegenheit daran, daß ich Anwalt bin«, antwortete Mike Rander leise. »Ich vergesse sonst, daß ich eigentlich die Gesetze zu vertreten habe. Dazu gehört auch, die Arbeit der Polizei zu unterstützen.«
»Sie können sich fest auf mich verlassen, Sir.«
»Daß Sie sich bemühen werden, die Polizei zu ignorieren, Parker? Wem sagen Sie das?!«
»Wie geht es, wenn ich höflich fragen darf, dem jungen Mann, Sir?« Parker legte es darauf an, seinen jungen Herrn abzulenken.
»Schlecht, wie mir scheint. Er mußt sehr viel Blut verloren haben. Ich glaube, er ist von zwei Geschossen getroffen worden.«
Mike Rander beugte sich über den Gast an Bord des Dingis und – richtete sich dann überrascht auf.
»Er ist tot, Parker!«
»Das bedaure ich ungemein, Sir.«
»Die Polizei wird mich steinigen«, redete der Anwalt weiter. Seine Stimme klang bestürzt und bedrückt. »Wir kommen in des Teufels Küche.«
»Wir mußten diesen jungen Mann vor den Maschinenpistolen der Gangster in Sicherheit bringen«, erwiderte Parker. »Dazu bot sich dieses Dingi an, Sir. Vorwürfe sind Ihnen überhaupt nicht zu machen. Wir befanden uns schließlich schon auf dem Wasser, als die Polizei endlich erschien.«
»Die Ausrede klingt nicht schlecht.«
»Sir, ich habe die nackten Tatsachen wiedergegeben«, meinte der Butler würdevoll. »Es ist immer noch Zeit, sich mit der Polizei ins Benehmen zu setzen.
»Vielleicht könnte man vorher noch einen Blick in die Papiere des jungen Mannes werfen. Falls welche vorhanden sind.«
Bevor Mike Rander protestieren konnte, befaßte Parker sich bereits mit den Papieren des Toten. Er leuchtete sie mit der Miniatur-Taschenlampe an, die sich in seinem Kugelschreiber befand.
»Cliff Roberts ist der Name des jungen Mannes«, sagte er dann. »Ich habe hier einen Ausweis, aus dem hervorgeht, daß er als Elektromonteur für die Bell Company tätig gewesen ist. Er wohnte in der Fillmore Street, Sir.«
»Passable Gegend.«
»Nicht unbedingt«, gab Parker zur Antwort. Er hatte seinen jungen Herrn mißverstanden, zumal er weit hinten am Pier die Lichter eines Polizeibootes ausgemacht hatte. »Ich möchte Sie darauf hinweisen, Sir, daß ein Boot der Hafenpolizei eingesetzt worden ist.«
»Auch das noch!«
»Unter diesen Umständen, Sir, ist es dringend angeraten, an Land zu gehen.«
»Und dieser Cliff Roberts?«
»Könnte im Boot bleiben, Sir. Schneller könnten selbst Sie ihn nicht der Polizei Zuspielen.«
»Das schwöre ich Ihnen, Parker, das hier ist mein letzter Fall. In Zukunft werde ich mich nur noch als Anwalt betätigen.«
Parker überhörte diesen Schwur. Er wies auf den Leichter.
»Dort hinauf, wenn ich bitten darf, Sir. Sie sollten sich etwas beeilen, wenn mir dieser gut gemeinte Rat gestattet ist. Das Polizeiboot muß bald hier sein.«
Aufseufzend stieg Rander auf den Leichter über. Parker hatte ihn wieder einmal in eine Situation hineinbugsiert, aus der man einfach nicht mehr ausbrechen konnte und durfte …
*
Dave Landers rief von der Halle eines kleinen, billigen Hotels aus an. Es war hell geworden. Den Rest der Nacht hatte er bei der Polizei zugebracht und den verhörenden Beamten tolle Räubergeschichten erzählt.
»Hier ist Landers«, meldete er sich, nachdem auf der Gegenseite abgehoben worden war.
»Endlich«, antwortete eine Männerstimme, die sehr undeutlich und verzerrt klang. »Wo haben Sie bisher gesteckt, Landers?«
»Ärger auf der ganzen Linie. Rander und dieser komische Butler sind uns entwischt.«
»Verdammt. Wie konnte das passieren?«
Dave Landers faßte sich kurz und schilderte in Stichworten, was sich auf dem Motorboot und danach abgespielt hatte. Als er vom Verhör durch die Polizei sprach, wurde er scharf unterbrochen.
»Sagten Sie Polizei, Landers?«
»War leider nicht zu vermeiden, Chef.« Landers’ Stimme klang nicht besonders glücklich. »Harris und ich waren in der Kajüte und kamen nicht raus. Die Polizei brauchte uns nur aufzupicken.«
»Und weiter?«
»Wir haben natürlich kein Wort gesagt. Das heißt, wir haben von einem Unfall geredet.«
»Weiß die Polizei, daß Rander und dieser Butler Parker beteiligt waren?«
»Die beiden Namen haben wir ausgespart, Chef. Falls denen etwas passiert, braucht die Polizei nicht zu wissen, wer das in die Wege geleitet hat.«
»Immerhin ein kleiner Lichtblick«, sagte der geheimnisvolle Gangsterchef am anderen Ende des Drahtes. »Von Rander und diesem Parker ist nicht anzunehmen, daß sie sich an die Polizei wenden. Die sind als Einzelgänger bekannt.«
»Wann sollen wir uns mit ihnen befassen, Chef?«
»Noch in dieser Nacht, Landers. Lassen Sie sich etwas einfallen. Pannen können wir uns nicht erlauben. Mike Rander und Butler Parker sind gefährlich.«
»Na, so schlimm sind sie nun auch wieder nicht«, widersprach Landers. »Zugegeben, sie hatten Glück, als sie uns reingelegten. Ein zweites Mal wird ihnen das nicht passieren.«
»Vertun Sie sich bloß nicht, Landers. Ich habe inzwischen Erkundigungen eingezogen. Rander und dieser Parker sind besondere Nummern. Wir können nicht vorsichtig genug sein.«
»In ein paar Stunden ist dieses Kapitel erledigt, Chef.«
»Was ist mit Roberts? Wird er den Kleinstsender montieren können?«
»Er weiß Bescheid, Chef. Keine Schwierigkeiten.«
»Und wie war das mit der Schießerei auf dem Pier?«
»Die Polizei hielt dicht, Chef. Larry und Haie erzählten mir, sie seien plötzlich angeschossen worden. Daraufhin haben sie ihre Spritzen in Tätigkeit gesetzt. Was genau vorgefallen ist, weiß ich nicht. Ziemlich rätselhafte Geschichte.«
»So lange sie uns nicht betrifft, soll uns das nicht stören, Landers. Denken Sie an den Kleinstsender. Das ist ungeheuer wichtig für unsere Arbeit.«
»Wann und wie erreiche ich Sie wieder, Chef?«
»Ich werde mich melden. Warten Sie’s ab, Landers. Und denken Sie an Rander und Parker. Sie müssen verschwinden! Sie könnten unseren ganzen Job auffliegen lassen.«
Landers legte auf. Er verließ die Telefonbox und danach die Hotelhalle. Draußen im parkenden Wagen wartete Stan Harris, der korpulente Gangster mit den harten Augen.
»Was liegt an?« fragte er.
»Was wohl?« Landers verzog sein Gesicht. »Rander und Parker stehen auf der Liste.«
»Musik für meine Ohren.« Stan Harris kicherte animiert. »Die sind schon tot, aber sie wissen es noch nicht!«
*
»Sieht aus wie die Fernbedienung eines TV-Geräts«, meinte Anwalt Mike Rander. Interessiert beugte er sich vor. Auf dem Silbertablett präsentierte Parker ihm ein rechteckiges Metallkästchen von der Größe einer Zigarettenpackung. »Wo haben Sie das her,