Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman. Karin Bucha

Karin Bucha Paket 1 – Liebesroman - Karin Bucha


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Herrin. Mit Genugtuung bemerkt er ihre Verwirrung. Er macht eine kleine Handbewegung »Dort steht dein Gabentisch, Inka.«

      Zögernd geht sie hinüber. Alles, was einem jungen Mädchen Freude machen kann, hat er zusammengetragen. Selten schönes Parfüm im Kristallflakon, eine Buntfilmkamera, die sie sich sehnlichst gewünscht hat, mit allem Zubehör, ein Riesenkarton Konfekt, wie sie ihn noch nie gesehen hat, und dazwischen eine Krokodil-Handtasche, nicht zu aufdringlich, aber sehr geschmackvoll und kostbar.

      Aber das Schönste dünkt ihr das kleine lebhafte Bündel, das sie im Arm hält und innig an sich preßt. Damit hat er ihren geheimsten Wunsch erraten.

      Später – auch das Personal feiert in der Küche bei Punsch und Wein das Fest – sitzen Inka und Gert unter dem brennenden Baum und blicken in die flackernden Kerzen. Jeder hat das Körbchen mit seinem Hund neben sich. Die beiden haben sich schon begrüßt und Freundschaft miteinander geschlossen. Jetzt schlafen sie, zusammengeringelt, und geben kleine grunzende Laute von sich.

      Gert läßt Sekt kommen. Sie trinken sich zu, ihre Augen halten sich fest. Sie wissen um ihre Liebe zueinander, und nichts stört sie an diesem harmonischen Weihnachtsabend. Eine traumhaft unwahrscheinliche Stimmung hält sie umfangen. Als er ihr das Glas über den Tisch reicht und sich ihre Hände leicht berühren, geht es wie ein elektrischer Strom durch ihre Körper.

      Plötzlich steht er neben ihr, hält ihren Kopf umschlossen und küßt den Mund, der ihm sehnsüchtig entgegenblüht, lange und innig.

      »Inka!«

      Bestürzt über seine Kühnheit läßt er sie los. Sie preßt das Gesicht in die Hände und weint bitterlich. Er schwingt sich auf die Lehne ihres Sessels. »Inka, ich liebe dich, ich muß es dir sagen. Sei mir nicht böse, daß ich dich wie ein Strauchdieb überfallen habe…«

      »Mutti…«, schluchzt sie nur, und sie gestattet es, daß er ihren Kopf an sich preßt.

      »Sobald Leonore zurückkehrt, werde ich in aller Offenheit mit ihr sprechen. Es muß Klarheit herrschen zwischen uns. Ich halte diesen Zustand nicht mehr aus. Und du…«

      »Oh, Gert.« Beide Arme schlingt sie um seinen Hals und versinkt in ein Meer von Glückseligkeit.

      Zeit und Raum sind fort, nur ihre Liebe ist da, und sie lassen sich treiben.

      Einmal glücklich sein! Nur ein einziges Mal, denkt Inka, und überläßt sich Gerts Zärtlichkeiten, die immer leidenschaftlicher werden. Sie fühlt sich mit diesem Mann auf wunderbare Art verbunden, und wenn es tausendmal der Mann ihrer Mutter ist und sie großes Unrecht begeht – sie kann nicht anders. Das Gefühl ist stärker als alles andere in ihr – in ihnen beiden…

      Am zweiten Weihnachtstag gehen Gert und Inka am Strom spazieren. Inka trägt ihren neuen Pelzmantel mit Kapuze und sieht darin wie ein Wichtelmännchen aus. Gert hat seinen Arm unter ihren geschoben. So wandern sie Seite an Seite, voll heimlichen Glückes über den klirrenden Schnee. Es ist ein wunderbarer Wintertag, kalt, aber sonnig. Die Bäume haben bizarre Formen unter ihrer glitzernden Schneelast angenommen. An den Ufern türmen sich Schneewälle, und die Gärten sind tiefverschneit.

      Es ist ein wortloses und doch beseligendes Dahingehen mitten durch eine weiße Märchenwelt, und sie selbst kommen sich wie verzaubert vor. Sie sind sich ihrer Liebe nie stärker bewußt geworden als jetzt, da sie in inniger Zweisamkeit, eines die Nähe des anderen spürend, ziellos dahinwandern.

      Manchmal wirft Gert einen liebevollen Blick in das süße, von der Luft sanft gerötete Frauengesicht. Dann lächelt sie ihn an, wie sie es seit kurzem ungehemmt tun darf.

      Auf dem Rückweg packt Inka der Übermut, und sie liefern sich eine verbissene Schneeballschlacht. Wie Kinder tollen sie im Schnee herum, bis Inka sich lachend über Gert stürzt und ihm das Gesicht mit Schnee abreibt. Ehe er wieder auf die Beine kommen kann, ist sie ihm davongelaufen. Er rennt hinter ihr her, fängt sie und hält sie fest an sich gepreßt. Auf Mund und Augen treffen seine Küsse, soviel sie sich auch windet. Seine Arme umklammern sie fest.

      Ganz still wird sie bei dieser Umarmung. Mit glänzenden Augen sieht sie ihn an. »Ob du mich immer wirst so halten können?«

      »Ich wünsche es mir von ganzem Herzen«, erwidert er, von ihrem Ernst angesteckt. »Vertraust du mir?«

      »Ja, Gert… über alles.«

      »Dann ist es gut, Inka. Wir werden die Konsequenzen zu tragen wissen. Ich fühle mich stark genug dazu.«

      Inka lehnt den Kopf gegen seine Schulter.

      »Ob Doris etwas gemerkt hat?«

      »Warum fragst du?«

      »Sie sieht mich so merkwürdig an«, flüstert sie erschauernd. »So, als ob sie um das Geheimnis unserer Liebe wüßte.«

      »Möglich, Inka«, gibt er nach kurzer Überlegung zu. »Das soll uns nicht abhalten, ihnen allen eine Komödie vorzuspielen. Nun komm, Kleines.« Behutsam zieht er die Kapuze, die während des Kampfes im Schnee von ihrem Kopf geglitten ist, über das dunkle wirre Haar. Dann küßt er sie noch einmal lang und innig, und Arm in Arm kehren sie zurück.

      In fröhlicher Stimmung betreten sie die Halle und bleiben wie angewurzelt stehen. Leonore ist da! denken sie beide und betrachten betroffen die Koffer und das Handgepäck Leonores.

      »Hallo!«

      Unwillkürlich ist Inka einen Schritt weiter neben Gert getreten. Sie sehen zu der schlanken, langsam die Treppe herabschreitenden Frauengestalt empor.

      »Ist das eine Überraschung?« Leonore lacht über das ganze Gesicht. Ihre Blicke wandern von Gert zu Inka und wieder zurück. Keiner ahnt, was sie die nach außen hin zur Schau getragene Harmlosigkeit an Kraft kostet.

      »Mein Gott, Mutti«, stammelt Inka und geht auf Leonore zu. »Wie hast du dich verändert!«

      Leonore schließt das zitternde Mädchen in ihre Arme.

      »So?« macht sie gleichmütig. »Habe ich mich so verändert?« Über Inkas Schulter hinweg suchen ihre Augen den Gatten. Er steht noch wie angewurzelt.

      »Findest du es auch?« Sie lacht leise auf. »Nun, dann ist ja der Zweck meiner Reise erfüllt.« Sie löst sich von Inka und wartet, daß Gert sie in den Arm nehmen möge. Doch dieser starrt sie unverwandt an. Dann kommt es zögernd aus seinem Munde: »Allerdings, Leonore, du hast dich merkwürdig verändert.«

      Er faßt nach ihrer Hand und küßt sie. Um nichts in der Welt hätte er es jetzt vermocht, ihre Lippen zu küssen, da er noch den weichen Mund Inkas zu spüren vermeint.

      Leonore läßt die Hand sinken. Ihr ist, als habe ihr einer aufs Herz geschlagen. Wie eine Mauer steht es plötzlich zwischen ihnen. »Geistreich seht ihr nicht gerade aus. Und ich habe mich so gefreut auf meine Überraschung.« Das klingt unsagbar enttäuscht, so daß Gert nochmals ihre Hand aufnimmt und sie küßt.

      »Verzeih, Leonore, natürlich freuen wir uns, dich so blühend vor uns zu sehen. Aber…«, unterbricht er sich und betrachtet sie aufmerksam forschend, »irgend etwas ist anders an dir.«

      »Ich habe mich glänzend erholt, das ist alles«, sagt sie kurz und wendet sich ab von ihnen. »Es ist im Wintergarten gedeckt. Doris wird gleich das Essen servieren. Beeilt euch bitte mit dem Umkleiden.«

      Wortlos gehen Gert und Inka die Treppen hinan, und wortlos trennen sie sich auf dem Gang. Inka lehnt sich zitternd gegen die geschlossene Tür und atmet schwer. Diese strahlend schöne Frau soll Mutti sein? Und sie hat es gewagt, Gerts Liebe für sich in Anspruch zu nehmen?

      Sie reißt den Pelzmantel von den Schultern, geht in das Badezimmer und reißt sich dort die Kleider vom Leib. Unter der Dusche kommt sie etwas zur Besinnung, und dann hetzt sie in die Kleider.

      Als sie sich vor dem Spiegel das Haar bürstet, sieht sie hinter sich Gert auftauchen.

      Sie fliegt in seine Arme und beginnt zu schluchzen.

      »Ich fürchte mich, Gert, Mutti ist so anders, so fremd. Ich habe Angst,


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