Butler Parker 153 – Kriminalroman. Günter Dönges
hochbeiniges Monstrum. Die drei Männer stiegen aus und nahmen die bewußte Stelle in Augenschein. Mulligan war beeindruckt. Solch eine Explosion hatte er sich nicht vorgestellt. Zu beiden Seiten der schmalen Straße war das Gesträuch förmlich weggefetzt worden. In der Straße war eine flache Mulde zu sehen.
»Sie können von Glück reden, daß Sie noch leben«, sagte der Sergeant, »wieso wurden Sie eigentlich mißtrauisch?«
»Fragen Sie Mr. Parker«, erwiderte der Anwalt, »ich hätte das wahrscheinlich für einen Scherz gehalten und wäre weitergefahren.«
»Sie taten es eben nicht, Mr. Parker.« Der Detective-Sergeant sah Parker prüfend-abwartend an.
»Meine bescheidene Wenigkeit handelte instinktiv«, erklärte Parker, »es sollte allerdings nicht verschwiegen werden, daß gewisse persönliche Erfahrungswerte ihren Niederschlag fanden, was meine Handlungsweise betrifft.«
»Sie sind nicht sicher, daß dieser Anschlag Ihnen gegolten hat, oder?«
»Eine Frage, Sir, die sich einer Beantwortung entzieht«, antwortete der Butler.
»Wer hat von Ihrer Fahrt nach Plain gewußt?« Der Detective-Sergeant ließ nicht locker.
»Lady Simpson und Miß Porter«, schaltete der Anwalt sich ein, »aber man sollte davon ausgehen, daß Mr. Parker und ich vielleicht beobachtet wurden, als wir über die Landstraße fuhren.«
»Die Zeit hätte nie gereicht, den Sprengstoff anzubringen«, meinte Sergeant Mulligan, »sind Sie vielleicht abgehört worden?«
»Solch eine Erklärung bietet sich förmlich an, Sir«, pflichtete Parker dem Sergeant bei, »nach der Rückkehr ins Schloß wird man sich nach etwa vorhandenen elektronischen Wanzen Umsehen.«
»Die dann sicher kein Druide angebracht haben kann«, meinte Mulligan ironisch.
»Was will dieser Druide mit seiner Sichel eigentlich?« fragte der Anwalt gezielt. »Aus Schabernack treibt er bestimmt nicht sein Unwesen.«
»Könnte man unter Umständen erfahren, Sir, in welcher Hinsicht dieser geheimnisvolle Druide bereits tätig wurde?« wollte Josuah Parker wissen.
»Er wirft in erster Linie diese verdammten Sicheln durch die Gegend«, antwortete Detective-Sergeant Mulligan, »er hat bereits einige Leute verletzt und auch Pferde getötet. Er erscheint in den Abend- und Nachtstunden und läßt Krähen flattern. Er pinselt geheimnisvolle Runen an Häuserwände und scheint es auf Autoreifen abgesehen zu haben. Die werden nämlich immer wieder durchschnitten, offensichtlich mit einer rasiermesserscharfen Sichel.«
»Gibt es einen bestimmten Personenkreis, der von den Aktivitäten dieses Druiden besonders betroffen wurde und wird?«
»Eine bestimmte Linie ist bisher nicht zu erkennen, Mr. Parker. Ich habe auch nicht die geringste Ahnung, wer hinter der verrückten Erscheinung stecken könnte.«
»Herrliche Aussichten«, meinte der Anwalt, »den Ausdruck Schabernack möchte ich übrigens zurücknehmen und streichen, Sergeant. Immerhin war hier quer über die Straße eine tödliche Sprengladung angebracht worden.«
»Sie sind nicht zufällig Gast auf Schloß Plain?« fragte der Sergeant gespielt beiläufig.
»Im Grund schon«, meinte Anwalt Mike Rander.
»Sir Robert hat Sie vielleicht eingeladen, ihm gegen den Druiden beizustehen?«
»Danach sollten Sie Lady Simpson fragen«, wich der Anwalt aus. »Ist Sir Robert denn schon von dem Druiden besucht oder belästigt worden?«
»Er hat Ihnen nicht davon erzählt?« wunderte sich der Sergeant.
»Andeutungsweise, aber mehr amüsiert«, lautete Randers Antwort.
»Sollte es bereits Anschläge des Druiden auf Schloß Plain gegeben haben?« schaltete der Butler sich ein.
»Da müssen Sie schon Sir Robert fragen«, wich Mulligan einer konkreten Antwort aus, »wenn Sie so freundlich wären, könnten Sie mich jetzt zurück in den Ort bringen. Ich habe noch vielen Menschen Fragen zu stellen und weiß schon jetzt, daß dabei nichts herauskommen wird. Man läßt mich förmlich ins Leere laufen.«
Er hatte seinen Satz noch nicht ganz beendet, als plötzlich eine Sichel heranschwirrte, die haarscharf über den Köpfen der drei Männer zu sehen war und dann im Gesträuch auf der anderen Straßenseite verschwand!
*
Detective-Sergeant Mulligan reagierte augenblicklich.
Er spurtete aus dem Stand und lief in die Richtung, aus der die Sichel gekommen war. Es zeigte sich, daß er erstaunlich schnell war. Mike Rander nickte anerkennend.
»Wir dürften uns ziemlich unbeliebt gemacht haben, Parker«, sagte er dann. »Hat der Druide hier etwa die ganze Zeit auf uns gewartet, Parker?«
»Man ist in der Tat versucht, Sir, dies zu unterstellen«, erwiderte Josuah Parker, der Mulligan beobachtete, wie er gerade im dichten Unterholz verschwand.
»Der Knabe hat viel Mut«, fand Rander, »er könnte doch glatt in die nächste Sichel laufen, oder?«
»Mit solch einem Zwischenfall ist durchaus zu rechnen, Sir«, gab der Butler zurück, ohne Anstalten zu treffen, um seinerseits nach dem Sichelwerfer zu suchen.
»Glauben Sie, daß der Druide sich inzwischen auf ein Pferd geschwungen hat?« Rander lehnte sich gegen den Wagen.
»Er könnte durchaus solch ein Fortbewegungsmittel gewählt haben, Sir. Ihr Einverständnis voraussetzend, Sir, sollte man vielleicht ein Stück des weiteren Weges hinter sich bringen. Hinter dem Wald dürfte der Blick auf die parkähnlichen Wiesen eindrucksvoll und zugleich auch erhellend sein.«
»Dann wollen wir uns aber beeilen, Parker.« Mike Rander stieg in den Fond des Wagens, während Parker am Steuer Platz nahm. Wenig später rollte das hochbeinige Monstrum davon. Parker verzichtete diesmal auf ein gemessenes Tempo, gab Gas und ließ seinen Privatwagen förmlich nach vorn fliegen. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis das Waldstück mit dem dichten Unterholz hinter ihnen lag.
»Nichts«, meinte der Anwalt nach schnellem Rundblick, »weit und breit nichts zu sehen, Parker.«
»Wenn Sie erlauben Sir, könnte man nach Hufspuren Ausschau halten«, schlug Josuah Parker vor. »Auch Spuren anderer Fortbewegungsmittel könnten natürlich von Interesse sein.«
»Ich bin gespannt, ob wir fündig werden, Parker.« Mike Rander stieg aus und machte sich daran, wie der Butler nach Spuren zu suchen. Die Sichel des Druiden mußte ja schließlich von einem Wesen aus Fleisch und Blut geworfen worden sein.
*
»Sie haben natürlich nichts gefunden, Mr. Parker«, stellte Lady Agatha anderthalb Stunden später fest. Mike Rander und der Butler waren nach Schloß Plain zurückgekehrt und hatten von den Zwischenfällen berichtet.
»Spuren eines Fahrrads haben wir entdeckt«, sagte der Anwalt, »aber diesen Radfahrer hätten wir nach dem Sichelanschlag eigentlich noch sehen müssen.«
»Und was war mit dem Detective-Sergeant?« forschte die ältere Dame weiter.
»Auch er konnte nichts finden«, bedauerte Mike Rander, »und ich denke, er hat jeden Zentimeter abgesucht.«
»Und den Druiden natürlich völlig übersehen«, faßte Lady Agatha zusammen, »er hat sich natürlich im Unterholz versteckt.«
»Dann muß es sich um ein in der Tat ausgezeichnetes Versteck gehandelt haben, Mylady«, schaltete Josuah Parker sich ein.
»Und solch ein Versteck hätte ich selbstverständlich gefunden«, behauptete die energische Dame mit letzter Sicherheit. »Wenn man nicht alles selbst macht...«
»Mr. Mulligan wird die Suche nach dem sogenannten Druiden erneut aufnehmen«, meinte Josuah Parker, »er hat einige Suchhunde angefordert.«
»Hat sich hier inzwischen einiges getan?« Rander