Mami Bestseller Staffel 1 – Familienroman. Marianne Schwarz

Mami Bestseller Staffel 1 – Familienroman - Marianne Schwarz


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nicht. Sie machte augenblicklich eine Kehrtwendung, lief zu Dorothee hin und kletterte ohne viel Federlesens auf ihren Schoß, was ihr allerdings einige Mühe bereitete, denn der Hase mußte ja mit. Sie hatte ihn jetzt wieder an beide Ohren gepackt. Doch Annika ließ es sich nicht verdrießen, und als sie es geschafft hatte, schmiegte sie sich an Dorothee und drückte ihr einen recht feuchten Schmatzer auf die Wange.

      »Du bist lieb, Dote«, sagte sie ernsthaft.

      Dorothee waren unwillkürlich die Augen feucht geworden. Sie drückte das Kind liebevoll an sich. »Und du bist auch ein lieber Schatz, Annika.«

      Sie blickte zu Gudrun, die die Szene mit glücklichem Lächeln verfolgt hatte. »Die Kleine ist ja ganz bezaubernd, Schwester Gudrun.«

      Gudrun nickte. »Ja, das ist wahr. Ich bin auch von Herzen froh, daß ich sie habe. Aber nennen Sie mich doch bitte nicht mehr Schwester Gudrun. Das ist vorbei. Ich habe meinen Job ja inzwischen aufgegeben, wie Sie wohl wissen. Einfach nur Gudrun. Darf ich Ihnen etwas anbieten, Frau Werth? Kaffee vielleicht? Ich habe auch noch selbstgebackenen Kuchen.«

      »Ja, gern, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Störe ich auch nicht? Ich hätte mich ja vielleicht doch besser vorher anmelden sollen.«

      »Nein, nein, Sie stören überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich freue mich sehr über Ihren Besuch.«

      Später saßen die beiden Frauen dann am nett gedeckten Kaffeetisch. Der frisch aufgebrühte Kaffee duftete, und der Kuchen war köstlich. Annika saß auf dem Boden und spielte selbstvergessen mit ihrem Hasen.

      »Was ist passiert, Gudrun?« fragte Dorothee. »Warum haben Sie so plötzlich gekündigt? Ich will nicht neugierig sein, und Sie müssen es mir auch nicht sagen, wenn Sie nicht möchten, verstehen Sie, aber…«

      »Mein Stiefvater hatte einen Herzinfarkt. Er ist noch im Krankenhaus, er hat überlebt, aber… Ich kann Annika nun nicht mehr bei meiner Mutter lassen. Das ist völlig unmöglich. Sie muß jetzt ganz für ihren Mann da sein.«

      »Und wie soll es dann jetzt bei Ihnen weitergehen?«

      Gudrun zuckte die Achseln. »Es ist das eingetreten, wovor ich mich gefürchtet habe. Ich kann nicht mehr arbeiten, ich muß für mein Kind sorgen. Da helfen keine Klagen und auch kein falscher Stolz, ich muß die Realität akzeptieren. Verstehen Sie mich nicht falsch, Frau Werth, ich bin eine glückliche Mutter und für nichts in der Welt würde ich mein Kind wieder hergeben, aber schwer ist es trotzdem.«

      Dorothee nickte. »Ja, das glaube ich Ihnen gern, Gudrun. Ich glaube es Ihnen nicht nur, ich bin ja auch in einer ähnlichen Lage, darum kann ich es Ihnen gut nachfühlen.«

      »In einer ähnlichen Lage? Sie?«

      »Ja«, bestätigte Dorothee. »Ich… ich habe bisher in der Praxis noch nicht darüber gesprochen. Ich habe mich nämlich bereits vor einiger Zeit von meinem Mann getrennt, bin aus Südamerika, wo wir lebten, nach Deutschland zurückgekommen, habe mich hier auf das, was man wohl eine Affäre nennt, eingelassen… Nun ja, und die Schwangerschaft war natürlich nicht geplant. So stehe ich jetzt also vor einer Situation, die ich auch noch nicht so richtig zu meistern weiß. Zurück zu meinem Mann nach Santiago will ich auf keinen Fall, das Kind will ich natürlich, und ich will es auch behalten, wenn es geboren ist, und außerdem habe ich auch noch ein zusätzliches Problem, das ich zwar selbst reichlich albern finde, das ich trotzdem aber nicht leugnen kann und wobei ich noch nicht weiß, wie ich damit klarkommen soll.«

      »Wollen Sie darüber reden, Frau Werth?«

      Dorothee setzte ein schiefes Lächeln auf. »Ich bin ja wohl schon dabei. Es geht nämlich darum… also, es ist mir peinlich, in meinem Alter als alleinerziehende Mutter aufzutreten, wo ich doch eher die Großmutter sein könnte. Sehen Sie, Gudrun, Probleme gibt es überall. Auch da, wo man sie vielleicht nicht vermuten würde.«

      Die junge Frau wirkte betroffen. »Ja, das hätte ich wirklich nicht vermutet, Frau Werth. Ich finde zwar, daß Sie Ihr Alter nicht zu wichtig nehmen sollten, aber andererseits weiß ich auch, daß man psychische Probleme durch Vernunft nicht einfach aus der Welt schaffen kann.«

      »Sie sind die erste, mit der ich darüber gesprochen habe, Gudrun.«

      »Danke für Ihr Vertrauen, Frau Werth. Reden und Aussprechen ist immer wichtig und hilft manchmal auch. Und wenn Sie es möchten, bin ich immer für Sie da. Ich kann zwar keine Probleme aus der Welt schaffen, aber zuhören kann ich immer.«

      »Lieb von Ihnen«, lächelte Dorothee.

      Aber dann wurde ihre ganze Aufmerksamkeit von Annika beansprucht. Die Kleine fand wohl, sie hätte lange genug mit ihrem Karinchen gespielt und kletterte nun entschlossen und zielstrebig wieder auf Dorothees Schoß. »Du sollst hierbleiben, Dote«, sagte sie bestimmt. »Ich mag dich. Und Karinchen mag dich auch. Du kannst auf mich aufpassen, wenn die Mami fort ist.«

      »Ja, Schätzchen, das ist eine gute Idee«, nickte Dorothee ernsthaft. »Hierbleiben kann ich zwar nicht, aber hin und wieder herkommen und auf dich aufpassen, das kann ich schon. Das würde mir sogar Freude machen.«

      Sie schaute zu Annikas Mutter hinüber. »Das meine ich ernst, Gudrun. Ich würde Sie wirklich gern entlasten, wenn Sie mich brauchen können.«

      »Danke, Frau Werth, das ist gut gemeint. Aber haben Sie denn nicht genug eigene Probleme? Ihre Schwangerschaft macht Fortschritte, später müssen Sie sich dann um Ihr eigenes Kind kümmern. Und haben Sie nicht auch gesagt, daß Sie berufstätig sind?«

      »Ja«, nickte Dorothee versonnen, denn ihr war da gerade eine Idee gekommen. Eine verrückte Idee, wie sie selbst fand, aber diese Idee schien sich in ihrem Kopf festsetzen zu wollen. »Ja«, fuhr sie wie geistesabwesend fort, »ich mache Übersetzungen, freiberuflich, und ich denke daran, diese Arbeit auszuweiten, die Chancen sind gut.«

      Dann sprach sie nicht weiter, spielte selbstvergessen mit dem weißen Hasen, den Annika auf ihrem Schoß zurückgelassen hatte, während sie selbst jetzt eifrig in ihrer großen Spielzeugkiste in der Ecke des Zimmers kramte.

      »Mir ist da gerade ein Gedanke gekommen, Gudrun«, sagte Dorothee zögernd. »Ein vielleicht dummer Gedanke auf den ersten Blick, das gebe ich zu, aber trotzdem…« Sie sah die junge Frau offen an. »Sie sind mir sehr sympathisch, Gudrun. Sie waren es sofort, als ich in die Praxis kam. Das hat man wohl manchmal. Man spürt es, wenn man einen Menschen mag, auch wenn man ihn vielleicht noch nicht richtig kennt. Bei Ihnen ist es mir so ergangen. Und die kleine Annika – na, ihr fliegen bestimmt sofort alle Herzen zu. Aber wie ist es bei Ihnen, Gudrun? Mögen Sie mich leiden?«

      »Welche Frage, Frau Werth.« Die junge Frau schien leicht verwirrt. Aber sie fuhr fort: »Das müssen Sie doch auch gespürt haben, daß Sie mir sympathisch sind. Und wie sehr ich mich jetzt über Ihren überraschenden und unerwarteten Besuch gefreut habe.«

      »Ja, diesen Eindruck hatte ich tatsächlich«, nickte Dorothee. »Und dieser Eindruck hat wohl auch dazu beigetragen, daß eine solche Idee bei mir überhaupt auftauchen konnte.«

      »Was ist das für eine Idee, Frau Werth? Sie machen mich neugierig. Hat das etwas mit mir und Annika zu tun? Wollen Sie darüber reden?«

      »Ich denke schon. Sie ist noch völlig unausgegoren, diese Idee. Es wird daran herumgefeilt werden müssen, es wird auch das eine oder andere Problem auftauchen, aber ich denke… ja, wirklich, ich beginne mir vorzustellen, daß es eine gute Idee sein könnte. Vorausgesetzt, Sie erklären mich nicht von vornherein für mehr oder weniger verrückt.«

      »Das würde ich doch nie tun, Frau Werth.«

      »Na, warten wir es ab.« Dorothee atmete tief durch. »Und hören Sie zu. Sie haben ein Töchterchen. Ich werde auch bald eine kleine Tochter haben. Ja, der Doktor hat es mir verraten, es ist ein Mädchen. Wir sind zwei uneheliche Mütter, wobei Sie ja eigentlich auch meine Tochter sein könnten. Wir müssen beide für unser Kind sorgen. Finanzielle Probleme habe ich im Augenblick nicht, aber ich denke doch daran, mir eine eigene Existenz aufzubauen. Ein Übersetzungsbüro in größerem Stil schwebt mir da vor. Die sprachlichen Voraussetzungen dafür sind bei mir gegeben. Aber mein Kind will


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