Mami Bestseller Staffel 1 – Familienroman. Marianne Schwarz

Mami Bestseller Staffel 1 – Familienroman - Marianne Schwarz


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schließlich ein Mitspracherecht haben. Von vornherein wollten sie nur gemeinsam entscheiden. Dorothee hielt das für sehr wichtig. Gudrun sollte auf keinen Fall den Eindruck gewinnen müssen, in irgendeiner Form von ihr abhängig zu sein. Sie hatten ja gewissermaßen einen Pakt auf Gegenseitigkeit geschlossen.

      Als sie dann ein paar Tage später zum Haus im Weidengrund kamen, trugen sie beide weite, lose Kleider. Dorothee versteckte darunter ihre bereits deutlich sichtbare Schwangerschaft, während man unter dem lockeren Kleid der jüngeren Frau eine Schwangerschaft vermuten konnte. »Das wird unser letzter gemeinsamer Auftritt sein«, hatte Dorothee beschlossen, als sie sich für diese Art der Kleidung verabredeten, die sie wohl beide als ein wenig lächerlich empfanden, sie andererseits aber nach Lage der Dinge für nötig erachteten.

      Wie zu erwarten, war Gudrun begeistert von dem Haus. Und auch Herrn Nettelbeck fand sie äußerst sympathisch, was ganz auf Gegenseitigkeit beruhte.

      Nachdem der Hausbesitzer sie allein gelassen hatte, begannen die beiden Frauen sofort mit dem Planen. Ein wunderbarer großer, heller Wohnraum mit vorgebauter Terrasse zum Garten hin sollte ihnen beiden gehören. In zwei kleineren Zimmern zur Straße hin wollte Dorothee ihr Übersetzungsbüro einrichten. Dann war da noch ein geräumiges Eßzimmer mit Zugang zur Küche, von der beide Frauen gleich begeistert waren. Hier gab es Einbauschränke, alle erforderlichen Küchengeräte in durchaus gutem Zustand, vor allem aber auch viel Platz und eine Tür zum Garten hin.

      »Besser hätten wir es wirklich nicht planen können«, sagte Dorothee zufrieden.

      Im oberen Stockwerk waren für jede der Frauen ein großes Schlafzimmer, das man sich auch wohnlich einrichten konnte. Gudrun plante dort gleich ihre Studienecke. Zwei kleinere Räume lagen dazwischen, die man als Kinderzimmer einrichten wollte, und ein Gästezimmer gab es auch noch.

      »Das ist herrlich, ein richtiges Paradies«, freute Gudrun sich.

      »Ja, das denke ich auch.« Dorothee nahm einen Block aus ihrer Tasche. »Da wir aus den bekannten Gründen vor unserem Einzug nicht mehr allzu oft hier gemeinsam erscheinen können, sollten wir uns am besten jetzt gleich darüber klarwerden, wie wir das Haus einrichten wollen, wo und wie deine und meine Möbel untergebracht werden sollen, und was noch angeschafft werden muß. Einverstanden?«

      Gudrun war sehr einverstanden. Und voller Eifer machten die beiden Frauen sich an die Arbeit. Die Zeit verging dabei wie im Fluge, und zwischendurch mußte Gudrun noch ihren Babysitter anrufen, um ihm mitzuteilen, daß sie die vereinbarte Zeit nicht einhalten konnte und es später würde.

      »In Ordnung«, sagte sie nach dem Telefonat aufatmend. »Frau Berger hat zum Glück genug Zeit, und sie hat versprochen, Annika ins Bett zu bringen und bei ihr zu bleiben.«

      Es wurde dann wirklich Abend, bis die Skizzen von jedem Raum gemacht und vorhandene und noch zu beschaffende Möbel darin verteilt worden waren. Als sie dann schließlich das Haus im Weidengrund verließen, waren beide ziemlich erschöpft. Vor allem Dorothee. Aber sie waren auch hoch zufrieden.

      So lange es ihr Zustand noch zuließ, hielt Dorothee sich noch einige Male im Haus im Weidengrund auf. Sie beaufsichtigte die erforderlichen Handwerkerarbeiten und nahm auch die ersten Lieferungen in Empfang. Dann teilte sie Herrn Nettelbeck mit, sie müsse noch für einige Wochen zu ihrem Sohn nach Chile, denn da gäbe es familiäre Schwierigkeiten und man würde das Haus erst nach ihrer Rückkehr beziehen.

      Herr Nettelbeck versprach, ein wachsames Auge auf alles zu haben.

      Für die letzten Wochen ihrer Schwangerschaft zog Dorothee sich in ein Sanatorium in den Bergen zurück. Dort brachte sie ihr Kind zur Welt. Es war eine komplikationslose Geburt, und Dorothee war von ganzem Herzen glücklich mit ihrer kleinen Leila.

      Gudrun holte sie dann schließlich ab, und gemeinsam bezogen die Frauen dann mit den beiden Kindern das Haus im Weidengrund.

      Dorothee hatte ihre Meinung noch nicht geändert. Alles blieb so, wie sie es geplant hatten. Gudrun galt bei den Nachbarn als ihre Nichte und die Mutter der beiden Mädchen, während sie, die Tante, sich um die Kinder kümmerte. Die junge Mutter sollte ihr Studium beenden können.

      Alles war absolut glaubwürdig und wurde akzeptiert.

      *

      Hanno Werth war ein sehr gut aussehender Mann von fünfundzwanzig Jahren. Er war ziemlich groß, man sah ihm den durchtrainierten Sportler an, er hatte dickes braunes Haar und braune Augen, ein sympathisches Gesicht mit einer lebhaften Mimik, die viel über die jeweiligen Empfindungen des jungen Mannes verriet.

      So war jetzt in dem sonnengebräunten Gesicht nicht nur deutliche Überraschung zu erkennen, als Gudrun Noack ihm die Tür im Haus am Weidengrund öffnete, sondern gleichzeitig auch, daß ihm diese unbekannte blonde junge Frau sofort sehr gut gefiel. Aber die Verwunderung war zunächst noch größer.

      »Ich möchte zu Frau Werth«, sagte er. »Habe ich mich vielleicht in der Hausnummer geirrt?«

      »Nein, nein, da sind Sie schon richtig«, antwortete Gudrun freundlich. »Frau Werth wohnt hier und hat hier auch ihr Büro. Kommen Sie als Kunde? Dann darf ich Sie vielleicht gleich ins Büro führen. Ich gebe meiner Tante Bescheid, sie wird dann sofort zu Ihnen kommen.«

      »Kunde? Wieso Kunde?« fragte der Besucher konsterniert. »Mein Name ist Hanno Werth.«

      »Ach, dann sind Sie…«

      »Ja, ich bin der Sohn.«

      »Wie schön!« Gudruns hübsches Gesicht strahlte förmlich. »Da wird Dorothee sich aber freuen. Kommen Sie herein, Herr Werth. Nein, natürlich nicht ins Büro. Hierhin, ins Wohnzimmer.«

      »Darf ich fragen, mit wem ich das Vergnügen habe?« fragte Hanno Werth ein wenig steif, denn er überblickte die Situation überhaupt nicht.

      »Ich bin die Nichte von Frau Werth«, antwortete Gudrun gewohnheitsgemäß, denn diese Erklärung hatte sie in letzter Zeit so oft abgegeben, daß sie ihr völlig geläufig war. Erst das verblüffte Gesicht des Besuchers erinnerte sie daran, daß dies hier ja eine etwas andere Situation war. Doch zum Glück erschien jetzt Dorothee auf der Treppe. Sie war oben bei den Kindern gewesen.

      »Hanno!« rief sie verblüfft und erfreut. »Das ist aber wirklich eine Überraschung, daß du zu mir kommst. Aber ich freue mich, mein Junge. Ich freue mich wirklich. Das ist mein Sohn, Gudrun. Das ist Hanno.«

      »Ja, ich weiß«, nickte Gudrun. Man spürte eine leichte Unsicherheit bei ihr. »Wir haben uns bereits bekannt gemacht. Ich lasse euch jetzt allein, ich muß ja ohnehin gleich fort. Wenn du mich aber brauchst…«

      »Nein, nein, Gudrun. Ich hätte dich zwar gern hier, aber du hast deine Pflichten. Nun komm doch erst einmal herein, Hanno. Also, ich freue mich riesig, dich zu sehen. Jetzt erst merke ich, wie sehr ich dich vermißt habe.«

      »Nun, davon hast du uns aber nichts spüren lassen, Mutter. Mich nicht und Vater auch nicht.«

      »Ach ja, Hanno, du hast ja recht. Ich habe mich euch gegenüber nicht gut benommen. Aber ich konnte einfach nicht anders. Vielleicht bist du noch zu jung, um das zu begreifen. Allerdings, wenn ich dich so ansehe… du siehst richtig erwachsen aus. Gar nicht mehr mein kleiner Junge.«

      »Der bin ich schon lange nicht mehr, Mutter. Das solltest du eigentlich gemerkt haben.« Er blickte sich in dem großen hellen Raum um. »Ganz nett«, sagte er. »Völlig anders als bei uns zu Hause in Santiago. Übrigens, wer ist die junge Frau, die mir die Tür geöffnet hat? Sie sprach von ihrer Tante. Dann müßte sie ja meine Cousine sein. Und da sollte ich doch eigentlich etwas von ihrer Existenz wissen, oder?«

      Eine solche Komplikation hatte Dorothee bisher noch nicht bedacht. Doch sie erfand rasch eine neue Geschichte. »Gudrun ist die Tochter einer Freundin von mir«, sagte sie. »Und es hat sich so ergeben, daß wir einen gemeinsamen Haushalt führen. Das ist für uns beide von Vorteil. Aber nun sage du mir doch, womit dein überraschender Besuch zu erklären ist. Ich freue mich natürlich, das weißt du, aber ich glaube nicht, daß du nur gekommen bist, um mich zu sehen. Oder hat dein Vater dich etwa geschickt? Aber das kann ich eigentlich auch nicht


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