Leni Behrendt Staffel 4 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 4 – Liebesroman - Leni Behrendt


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deine finstere Miene weg, boy – deiner Sehnsucht Traum sitzt ja neben dir. Die Chefs werden ihrer armen Angestellten einen Sonderurlaub bis zum Ende des Jahres bewilligen, das ja nur noch vier Tage währt. Nicht wahr, ihr Gestrengen?«

      »Nein…«, entgegnete Eike gelassen. »Wenigstens ich nicht, da Fräulein Berledes zur Zeit als Nachfolgerin von meiner Sekretärin eingearbeitet wird, die mit dem letzten Tag des Jahres aus dem Betrieb ausscheidet, weil sie heiraten will.«

      »Na, das wollen wir doch mal sehen!« brauste Bob auf. »Ich gedenke nämlich auch zu heiraten, und zwar Silje…«

      Weiter kam er nicht unter den ironischen Blicken Eikes, der mit einer Ruhe, die andere manchmal rasend machen konnte, meinte: »Das ändert allerdings die Sache. Da kann Fräulein Berledes selbstverständlich zu jeder Zeit aus ihrem Dienst ausscheiden.«

      »Aber das will ich ja gar nicht!« schaltete sich jetzt Silje ärgerlich ein. »Wie kommen Sie denn überhaupt dazu, so ohne weiteres über mich zu verfügen Herr Brown?«

      »Aber Silje – du hast doch gesagt – du wolltest doch…«, stotterte er unter ihrem zürnenden Blick.

      »Nichts habe ich, und nichts wollte ich, verstanden? Was fällt Ihnen ein, mich mir nichts, dir nichts zu duzen? Soviel ich weiß, habe ich Ihnen die Erlaubnis dazu nicht erteilt.«

      »Aber du tust es jetzt, nicht wahr?« schmeichelte Bob, seinen Kopf dem ihren ganz nahe bringend. Sein Arm hob sich, um die Zurückweichende, in deren Augen es gefährlich aufblitzte, zu umfassen – und da hob die Hausherrin geistesgegenwärtig die Tafel auf.

      Ehe man so recht zur Besinnung kommen konnte, hatte Silje das Zimmer verlassen.

      »Na, das sein ja ein ganz ungeratener Mädchen!« sprach Frau Mabel dann in die beklemmende Stille hinein. »Du haben es übel gezogen, deine Mündel, Phil. Bei uns wir kennen solches nicht.«

      »Dann seid froh!« lachte der Hausherr über das ganze Gesicht. Am liebsten hätte er einen Jauchzer ausgestoßen, so froh war ihm zumute.

      Ottilie und Philchen strahlten – und Eike hatte ein ganz eigenes Leuchten in den Augen.

      Und das sollte Frau Mabel nun verstehen, die sich zutiefst gekränkt fühlte! Nein, die Verwandten des Gatten gefielen ihr plötzlich gar nicht mehr.

      Und dieses Mädchen – anstatt himmelhoch dankbar zu sein, daß »so ein reiches Mann« wie Bob es überhaupt heiraten wollte, spielte es sich wie eine Erbtochter auf, hinter der Milliarden standen!

      »Kommt, wir gehen raus aus dieser Haus, wo man lacht über Weinen!« erklärte sie energisch. »Anstatt ungezogener Mädchen blasen den Marsch, lassen man es frech gehen. Packen wir Sachen und sagen bye-bye!«

      Leider verfehlte diese zornerfüllte Rede, welche die Hadebrechts samt und sonders in Grund und Boden schmettern sollte, ihre Wirkung, weil sie gar zu drollig klang. Selbst auf dem Gesicht des Gemahls der resoluten Dame zeigte sich ein Schmunzeln. Denn er nahm diese Angelegenheit durchaus nicht tragisch.

      Du lieber Himmel, sein Junge war bestimmt nicht auf dieses süße kleine Mädchen angewiesen – der bekam Frauen noch und noch! War’s nicht diese, war’s eben eine andere.

      Aber er mußte dennoch so tun als ob, um die Gattin nicht noch mehr zu erzürnen. Wenn Mamchen befahl, hatten Papa und Sohnemann zu gehorchen – das war nun mal erstes Gesetz im Hause Brown.

      Und so kam es denn, daß die Gäste ebenso plötzlich verschwanden, wie sie vor einer Woche aufgetaucht waren. –

      Silje, die wie gewöhnlich pünktlich zum Dienst gegangen war, erfuhr diese Neuigkeit erst nach ihrer Rückkehr. Und zwar von Philchen, die sie auf ihrem Zimmer bereits ungeduldig erwartete.

      »So bin ich es – wirklich ich…, welche die Veranlassung zu der überstürzten Abreise gab?« fragte sie erschrocken. »Das habe ich bei Gott nicht gewollt! Ist man mir hier im Hause bitter gram, daß ich die Gäste vertrieben habe?«

      »Aber gar nicht!« beruhigte Philchen äußerst scheinheilig. »Da brauchst du gar nicht so ängstliche Augen zu machen. Oder tut es dir leid, daß du deinen Freier los bist?« setzte sie hinzu.

      Silje winkte fast verächtlich ab.

      »Ach, woher denn! Froh bin ich, daß ich mich gegen den stürmischen jungen Mann nicht mehr zu wehren brauche. O Gott, hatte der ein Tempo! Verlobung, Hochzeit, Scheidung – das möglichst an einem Tag. Warum lachst du denn so vergnügt, Philchen?«

      »Über deine komische Entrüstung, Marjellchen. Aber du hast recht, ein solches Tempo sind wir hier nicht gewöhnt – Gott sei Dank! Doch nun komm, der Gong ruft zum Abendessen. Ich bin ordentlich froh, daß man es jetzt wieder ohne die quecksilbrige Gesellschaft einnehmen kann. Es sind zwar liebe, gute Menschen, die Browns, aber sie können einem mit ihrem schwindelerregenden Tempo auf die Nerven fallen.«

      »Philchen, ich habe Angst.«

      »Wovor denn?«

      »Daß man mir unten Vorwürfe machen könnte.«

      »Schaf…«, entgegnete Philchen, und es klang sehr, sehr zärtlich. »Hast du eine Ahnung! In Gold möchten sie dich am liebsten fassen.«

      Das verstand Silje zwar nicht, war jedoch froh, als man sie unten mit besonderer Herzlichkeit empfing. So gut Bob Brown ihr in seiner frischen Jungenhaftigkeit auch gefallen, so sehr hatte sie sich von seinen ehrlichen Heiratsabsichten bedrückt gefühlt, weil sie seine Frau nun einmal nicht werden konnte und auch nicht wollte. Denn ihr Herz lag tiefverankert im Hadebrecht-Haus. Es verlassen sollen, hieße für sie, ihr Leben aufgeben müssen – auch wenn ihres Herzens bangende Sehnsucht keine Erfüllung finden sollte. Ihr blieb dann immer noch ein liebes, trautes Zuhause.

      *

      Und wie traut dieses Zuhause war, kam dem Waisenkind Silje Berledes erst jetzt so recht zum Bewußtsein. Es umfing sie wie mit linden Armen, wenn sie vom Dienst kam, der ihr selbst schon so viel Schönes bot.

      Was tat’s, daß der Juniorchef sie stets korrekt als Sekretärin behandelte? Er war ihr nahe, sprach mit ihr. Hatte sogar ein Lächeln für sie – und wenn es gleich einem Lapsus galt, der sich manchmal noch in ihre Arbeiten stahl.

      Aber dieses Lächeln war so lieb und gut, daß die Sekretärin es am liebsten immer wieder heraufbeschworen hätte – wenn ihr Ehrgeiz nicht gewesen wäre.

      Also nahm sie sich zusammen. Sie wollte doch dem gestrengen Chef beweisen, daß er keinen Fehlgriff tat, als er gerade sie zur Nachfolgerin seiner tüchtigen Sekretärin erwählte. Nicht der Protektion wollte sie diesen bevorzugten Posten verdanken, sondern allein ihrem Können.

      So wurde im Dienst durchaus korrekt gearbeitet. Aber zu Hause, ja, da war es anders. Da war Eike Hadebrecht nicht mehr der Juniorchef und Silje Berledes nicht mehr die noch unsichere Sekretärin – da war man Mensch zu Mensch.

      Viel mehr noch. Silje war ein zärtlich geliebtes Haustöchterchen, das man um alles in der Welt nicht mehr missen wollte. Das war schon lange so gewesen, war aber Silie nie so bewußt geworden wie in den Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr, als die »Holterdiepolters«, wie Philipp seine amerikanischen Verwandten bezeichnete, hier herumspektakelten und Silje gar mit sich wirbeln wollten in ein ihr fremdes Land.

      Da packte Silje bebende Angst, die erst schwand, als die Gefahr vorüber war. Sie durfte sich jetzt wieder sicher fühlen unter den Menschen, die sie von ganzer Seele liebte und denen sie mit ganzem Herzen verfallen war.

      Und am Tage vor Silvester kam auch wieder die Geige zu Wort, die nach Ilonas Tod geschwiegen hatte. Man wollte sie endlich wieder einmal hören, und gern gab Silje dem Wunsch nach.

      Wie etwas Heiliges hielt sie die Geige des einst so strahlenden Künstlers Thomas Brecht im Arm, dessen Liebe zu seiner Stieftochter noch über das Grab hinaus wirkte. Denn hätte er diese kurz vor dem Tode seinem Vater nicht so warm ans Herz gelegt, dann wäre es Silje Berledes genauso ergangen wie anderen elternlosen, unbehüteten Jungmädchen.

      »Laß meine Silje, die mir genauso wert ist wie


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