OPERATION ISKARIOT (Die Ritter des Vatikan 3). Rick Jones

OPERATION ISKARIOT (Die Ritter des Vatikan 3) - Rick Jones


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und stattlich aus wie in den Jahren zuvor.

      Ihr Spitzname lautete »Gebrüder Grimm«. Einer von ihnen war ein Weltklasse-Scharfschütze, der andere ein Sprengstoffexperte mit überragenden Kenntnissen in weiteren Bereichen, etwa Kampfsportarten und Umgang mit zweischneidigen Waffen gewesen. Allerdings hatten die zwei auch zu Ungehorsam geneigt und sich den anderen Mitgliedern häufig widersetzt, weil sie der Ansicht gewesen waren, ihren eigenen Kopf auf Gedeih und Verderb durchsetzen zu müssen.

      Gegenwärtig verkauften die Brüder offenbar Artikel aus Überschussbeständen der Army und Navy in einem Laden in Baltimore, wobei sich eine lange Liste von Ordnungswidrigkeiten ergeben hatte, unter anderem im Zusammenhang mit Alkohol und der Behinderung eines öffentlichen Beamten.

      Hayden nickte. Manche Dinge ändern sich eben nie.

      Schließlich schloss er die Mappe wieder und rieb seine müden Augen mit Daumen und Zeigefinger. Er wollte sich gern vorab einen Plan zurechtlegen, doch wie sollte dies mit einem Obdachlosen, einem in die Jahre gekommenen Indianer und zwei außer Rand und Band geratenen Irren gelingen, die nie richtig erwachsen geworden waren?

      Und darüber hinaus: Wie fand man jemanden, der weder ein Gesicht noch einen Namen hatte?

       Das ist leicht: Man lässt sich von ihm finden!

      Letzten Endes atmete Kimball tief ein und ebenso langsam wieder aus, nahm die Fotos von McMullen erneut in die Hand und dachte: Wenn dich dieser Mörder suchen kommt, bin ich auch da!

      Die Maschine flog weiter westwärts.

      Kapitel 10

       Las Vegas, Nevada

      Die Welthauptstadt des Entertainment wurde ihrem Ruf seit jeher gerecht. Licht und Glitzerglanz, Hotels in Anklang an Bauten in Paris, Monte Carlo, Hollywood und Ägypten, Mandalay und New York City, die Greatest Show On Earth und die karnevalistische Einrichtung des Circus Circus.

      Es gab jedoch kein Licht ohne Schatten. Gleich außerhalb des Innenstadtbereichs reihten sich weniger als eine Meile von der Experience auf der Fremont Street entfernt, die Heime und Essensausgaben für Clochards.

      Auf den Bürgersteigen kam man kaum an Behelfsunterkünften vorbei, und nicht nur die Obdachlosen brauchten Psychopharmaka. Müll und Unrat verstopften die Regenrinnen, die Gebäude in der Umgebung waren alt und verlassen wie die Anwohner in dieser Gegend. Im Hintergrund erstreckte sich die Skyline der City von Las Vegas, zu der auch die Türme des Golden Nugget und Union Plaza zählten.

      Auf der Owens Street verließ ein Mann gerade eine Suppenküche, deren Fassade irgendwelche Banden mit Graffiti besprüht hatten, und ging dann nach Osten in Richtung Boulevard. Er trug einen mottenzerfressenen Mantel, und zwar so, als sei es sein teuerster Besitz, obwohl es momentan unerträglich heiß war. Außerdem hatte er Handschuhe ohne Finger und eine Hose voller Fettflecke an. Seine Haare waren lang, verfilzt und zottelig. Mit der Zeit hatte sein Gesicht aufgrund akuter Leberschäden einen gelblichen Teint angenommen und er hatte Falten bekommen, sodass es wie eine labbrige Gummimaske wirkte. Betrachtete man ihn jetzt, wäre man nicht darauf gekommen, dass er einst einer der gefährlichsten Kämpfer auf dem Planeten gewesen war.

      Stattdessen war Ian McMullen nun ein Stadtstreicher, der seinem Lebensabend entgegensah.

      Als er den Las Vegas Boulevard erreicht hatte, bog er in Richtung Stadtkern, um sich eine Stelle zu suchen, wo er genug Kleingeld erbetteln konnte, um sich eine Flasche billigen Wein kaufen zu können.

      Als er die Straßen Washington und Bonanza hinter sich gelassen hatte, geriet langsam das Zentrum in Sicht, und McMullen beschlich ein lange verborgenes Gefühl … er witterte Gefahr wie ein Tier.

      Er blieb stehen, drehte sich um … über die Jahre war er bucklig geworden, sein Rücken krumm wie ein Fragezeichen … und sah die nichtssagenden Gesichter von Touristen oder Ansässigen, wobei er schon auf geringfügigste Veränderungen in ihrem Mienenspiel achtete, die preisgeben könnten, dass sie ihn verfolgten.

      Obwohl er genau hinschaute und gezielt nach verräterischen Zuckungen suchte, konnte er nichts als lachende oder strahlende Menschen erkennen … einen zusammengewürfelten Haufen in der Stadt, wo die Sünde regierte und Moral auf dem Abstellgleis stand.

      McMullen schnaubte abfällig, weil er sich über sich selbst ärgerte. Er wurde nicht nur rasend schnell alt, sondern offenbar auch allmählich paranoid.

      Als die Sonne untergegangen war und Vegas so bezaubernd funkelte wie Paris an den Ufern der Seine, begann der Ire auf der Kreuzung der Fremont Street sein allabendliches Ritual, indem er flehend eine Hand ausstreckte und sagte: »Bitte, eine milde Gabe für einen Veteranen … Haben Sie nicht ein wenig Wechselgeld für einen alten Krieger? … Schon ein paar Cent helfen.« Dies wiederholte er unaufhörlich im gleichen Tonfall und Tempo.

      Ian McMullen wurde jedoch in der Regel nur äußerst selten wahrgenommen.

      »Bitte, eine milde Gabe für einen Veteranen … Haben Sie nicht ein wenig Wechselgeld für einen alten Krieger? … Schon ein paar Cent helfen.«

      Als er seine Zeit ungefähr halb abgesessen hatte, drückte ihm ein Mann plötzlich einen Geldschein in die behandschuhte Hand. »Dafür unterhältst du dich aber kurz mit mir«, meinte der Fremde, bevor er die Finger des Obdachlosen zudrückte, womit er den Schein und zugleich auch dessen Wert verbarg. »Alles, was ich verlange – und diesen Wunsch wirst du mir ja wohl nicht abschlagen – sind ein paar Minuten deiner Zeit.«

      McMullen zog daraufhin die Hand zurück und öffnete sie. Er hielt einen zerknitterten Fünfzig-Dollar-Schein darin.

      Schnell musterte er den Mann. Dieser machte einen schroffen Eindruck auf ihn, er war hager mit knochigen und steifen Zügen. Der Kragen seines Hemdes war ein blütenweißes Band wie bei einem Priester.

      »Und was kann ich für dich tun?« McMullen steckte das Geld in die Tasche seines Mantels.

      »Bitte«, erwiderte der Pfaffe. »Meine Kirche befindet sich in der Fourth Street. Können wir dort miteinander sprechen?«

      »Ich bin kein Stricher, Mann.«

      Der Fremde lächelte. »Das unterstelle ich dir auch nicht.«

      »Na, hoffentlich.«

      Er streckte einen Arm in die Richtung aus, die McMullen einschlagen sollte. »Nach dir.«

      Sie machten sich nun zu zweit auf den Weg.

      »Also, was findest du an mir so wichtig, Vater, dass es dir fünfzig Dollar deines sauer verdienten Geldes wert ist?«

      »Informationen«, antwortete der Priester daraufhin.

      »Informationen? Mehr nicht?«

      »Mehr nicht.«

      »Tja, Vater, heute ist dein Glückstag. Ich habe was im Angebot: Fünfzig Dollar für alle Informationen, die du willst.«

      Der Priester lächelte erneut. »Dann lass uns doch mit der Frage anfangen, warum du dich für diese Lebensweise entschieden hast.«

      Der Ire zögerte kurz, als ringe er um treffende Worte. »Das war weniger eine Entscheidung als Schicksal«, erwiderte er schließlich.

      »Du bist also Fatalist?«

      »Ich denke, das Schicksal eines Menschen ergibt sich daraus, was er in seinem Leben alles getan hat, und manche sind eben so tief gesunken, dass sie sich ums Verrecken nicht wieder hochziehen können.«

      »Ich verstehe. Du meinst also, du seist selbst so tief gesunken, dass du nicht hoffen darfst, je Seelenheil zu erfahren.«

      »Genau das meine ich.«

      Während sie nun langsam weiter auf die Fourth Street zugingen, schwiegen sie eine Zeit lang.

      Dann fragte der Pfaffe: »Würdest du mir denn erklären, warum du auf dein Recht verzichtet hast, nach Erlösung zu streben oder dich zu bessern?«

      McMullen


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