Gesammelte Werke. Джек Лондон

Gesammelte Werke - Джек Лондон


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sind nur zehn Mi­nu­ten zu Fuß bis zur End­sta­ti­on der elek­tri­schen Stra­ßen­bahn – und ich kauf­te es. Ich be­zahl­te Zwei­tau­send in bar und nahm eine Hy­po­thek von Zwei­tau­send auf. Der Bo­den kos­te­te näm­lich zwei­hun­dert Dol­lar den Mor­gen.«

      »Zwan­zig Mor­gen also!« rief Sa­xon.

      »War das nicht et­was we­nig?« mein­te Bil­ly vor­sich­tig.

      »Es war zu viel – viel zu viel. Des­halb ver­pach­te­te ich denn auch gleich zehn da­von, und die sind im­mer noch ver­pach­tet. Selbst die zehn, die ich be­hielt, er­wie­sen sich lan­ge als zu viel. Erst jetzt wird der Platz ein klein we­nig zu eng.«

      »Und mit zehn Mor­gen kön­nen Sie sich und zwei Ar­bei­ter er­näh­ren?« frag­te Bil­ly er­staunt.

      Frau Mor­ti­mer schlug ver­gnügt die Hän­de zu­sam­men. »Hö­ren Sie! Ich bin Biblio­the­ka­rin ge­we­sen, und ich wuss­te, wie viel man aus Bü­chern ler­nen kann. Zu­erst las ich al­les, was über die Fra­ge ge­schrie­ben steht, und abon­nier­te auf ei­ni­ge der bes­ten land­wirt­schaft­li­chen Zeit­schrif­ten. Und Sie fra­gen mich, ob mei­ne zehn Mor­gen ge­nügt hät­ten, um mich und zwei Ar­bei­ter zu er­näh­ren! Ich will Ih­nen et­was er­zäh­len. Ich be­schäf­ti­ge vier Ar­bei­ter. Die zehn Mor­gen müs­sen sie er­näh­ren, und au­ßer­dem noch Han­na, die Wit­we ei­nes Schwe­den, die das Haus ver­sorgt, und sie ist ein wah­rer Ty­rann, so­lan­ge die Ein­mach­zeit dau­ert; und dazu Han­nas Toch­ter, die zur Schu­le geht und hin und wie­der mit zu­packt, und end­lich mei­nen Nef­fen, den ich zu mir ge­nom­men habe und er­zie­he. Ja, und es fehlt nicht viel, dass die zehn Mor­gen den Ver­dienst für alle zwan­zig brin­gen und für das Haus hier und alle Ne­ben­ge­bäu­de und den gan­zen Vieh­be­stand.«

      Sa­xon muss­te dar­an den­ken, was der jun­ge Te­le­fon­ar­bei­ter von den Por­tu­gie­sen ge­sagt hat­te.

      »Aber die zehn Mor­gen ga­ben nicht den Aus­schlag«, rief sie. »Den gab Ihr ei­ge­ner Ver­stand, und das wis­sen Sie auch gut.«

      »Ja, das ist es eben, mein Kind! Das zeigt, dass alle, die vom rich­ti­gen Schla­ge sind, sich auf dem Lan­de durch­schla­gen kön­nen. Ver­ges­sen Sie nicht, dass der Bo­den frei­ge­big ist. Aber man muss auch selbst frei­ge­big zu ihm sein, und das ist et­was, das der Ame­ri­ka­ner von der al­ten Schu­le nicht in den Kopf krie­gen kann. Und des­halb ist es auch der Kopf, der zählt. Selbst wenn sei­ne aus­ge­hun­ger­ten Äcker ihn end­lich über­zeugt ha­ben, dass sie Dung brau­chen, so sieht er nicht ein, dass bil­li­ger Dung und gu­ter Dung zwei­er­lei ist.«

      »Dar­über möch­te ich auch gern et­was wis­sen«, rief Sa­xon.

      »Ja, ich will Ih­nen auch al­les er­zäh­len, was ich weiß, aber Sie müs­sen sehr müde sein. Ich be­merk­te, dass Sie hin­k­ten. Kom­men Sie mit hin­ein – küm­mern Sie sich nicht um Ihre Bün­del, die kann Chang ho­len.«

      Für Sa­xon, die eine an­ge­bo­re­ne Lie­be für Schön­heit und Ele­ganz in al­lem, was das rein Per­sön­li­che be­traf, be­saß, war das In­ne­re der Vil­la die rei­ne Of­fen­ba­rung. Sie war noch nie in ei­nem Bür­ger­heim ge­we­sen, und was sie sah, über­traf nicht al­lein ihre kühns­ten Er­war­tun­gen, son­dern war auch ganz an­ders, als sie sich vor­ge­stellt hat­te. Frau Mor­ti­mer be­merk­te, wie ihre Au­gen, die of­fen­bar al­les sa­hen, bei dem An­blick strahl­ten, und sie mach­te sich die Mühe, ih­nen das Haus zu zei­gen, tat es je­doch in ei­ner Form, als sei sie stolz und froh, dass sie ih­nen ihre Ar­beit zei­gen konn­te, er­zähl­te, was das Ma­te­ri­al für die ein­zel­nen Ge­gen­stän­de ge­kos­tet hat­te, er­klär­te, wie sie ein ganz Teil da­von mit ei­ge­nen Hän­den ver­fer­tigt, die Fuß­bö­den la­ckiert, die Bü­cher­schrän­ke ge­beizt und den großen Lehn­stuhl zu­sam­men­ge­setzt hat­te. Bil­ly ging vor­sich­tig hin­ter ih­nen her, und wenn es ihm auch nicht ein­fiel, die fei­nen Leu­te, die er ge­se­hen hat­te, nach­ah­men zu wol­len, so glück­te es ihm doch zu ver­mei­den, dass er sich be­son­ders auf­fal­len­der Un­ge­schick­lich­kei­ten schul­dig mach­te, selbst bei Tisch, wo er und Sa­xon et­was so ein­zig Da­ste­hen­des er­leb­ten, dass ih­nen in ei­nem Pri­vat­hau­se von Die­ner­schaft auf­ge­war­tet wur­de.

      »Wenn Sie doch nur nächs­tes Jahr ge­kom­men wä­ren«, klag­te Frau Mor­ti­mer, »dann hät­te ich das Frem­den­zim­mer ge­habt, an das ich schon so lan­ge den­ke.«

      »Ma­chen Sie sich nichts dar­aus!« er­griff Bil­ly das Wort. »Des­halb ist es doch nett von Ih­nen. Wir fah­ren mit der Stra­ßen­bahn nach San José und se­hen, dort ein Zim­mer zu be­kom­men.«

      Frau Mor­ti­mer tat es im­mer noch sehr leid, dass sie sie nicht über Nacht be­her­ber­gen konn­te, und Sa­xon brach­te das Ge­spräch auf ein neu­es Gleis, in­dem sie sie bat, ih­nen mehr zu er­zäh­len.

      »Sie er­in­nern sich, dass ich sag­te, ich hät­te nur Zwei­tau­send bar für den Hof ge­ge­ben«, fuhr Frau Mor­ti­mer fort. »Auf die­se Wei­se blie­ben noch Drei­tau­send zum Ex­pe­ri­men­tie­ren. Selbst­ver­ständ­lich pro­phe­zei­ten mir alle Freun­de und Ver­wand­ten, dass es schief ge­hen wür­de, und selbst­ver­ständ­lich mach­te ich Dumm­hei­ten, mas­sen­haft Dumm­hei­ten, aber mir wur­de noch mehr er­spart, weil ich die Fra­ge so gründ­lich stu­diert hat­te und es im­mer wei­ter tat.« Sie zeig­te auf die Bü­cher­re­ga­le an den Wän­den mit ih­rer land­wirt­schaft­li­chen Li­te­ra­tur und lan­gen Rei­hen von land­wirt­schaft­li­chen Zei­tun­gen. »Und ich stu­dier­te wei­ter. Ich war ent­schlos­sen, mit­zu­kom­men, und ich ließ mir alle Be­rich­te von der Ver­suchs­sta­ti­on kom­men. In fast al­len Punk­ten ging ich da­von aus, dass das, was die Bau­ern der al­ten Schu­le ge­tan hat­ten, falsch war, und wis­sen Sie – es war da­bei gar nicht so falsch! Es ist fast un­glaub­lich, wie dumm die Bau­ern von der al­ten Schu­le sind. – Oh, ich be­riet mich mit ih­nen, stritt mich über die ver­schie­dens­ten Fra­gen mit ih­nen, griff ihre ste­reo­ty­pen Metho­den an, ver­lang­te, dass sie die Rich­tig­keit ih­rer Be­haup­tun­gen und Vor­ur­tei­le be­wei­sen soll­ten, und er­reich­te schließ­lich, alle wie einen da­von zu über­zeu­gen, dass ich ein Dumm­kopf war, und dass es mir noch schlecht in der Welt ge­hen wür­de.«

      »Aber das tat es nicht. Das tat es nicht.«

      Frau Mor­ti­mer lä­chel­te, und es war ein dank­ba­res Lä­cheln.

      »Zu­wei­len bin ich frei­lich selbst er­staunt, dass es nicht schief ging. Aber ich stam­me von ei­nem Ge­schlecht mit ei­nem ganz Teil ge­sun­den Men­schen­ver­stand, und wir wa­ren so lan­ge vom Lan­de weg­ge­we­sen, dass wir uns neue und freie­re An­schau­un­gen über al­les an­ge­eig­net hat­ten. Wenn ich über­zeugt war, dass et­was ver­nünf­tig war, so tat ich es gleich und ganz, wenn es auch noch so ver­schwen­de­risch aus­sah. Zum Bei­spiel der alte Obst­gar­ten. Wert­los! Schlim­mer als wert­los! Der alte Cal­kins woll­te sich ein Herz­lei­den an­är­gern, als er sah, wie ich ihn ver­heer­te. Und seht, wie er jetzt aus­sieht! Wo das Haus jetzt liegt, stand eine elen­de ver­fal­le­ne Bude. Ich fand mich hin­ein, ließ aber gleich den Kuh­stall, den Schwei­ne­ko­ben, die Hüh­ner­häu­ser, die gan­ze Ge­schich­te ab­rei­ßen – rot­te­te al­les mit Stumpf und Stiel aus. Sie schüt­tel­ten den Kopf und jam­mer­ten, als sie eine so rück­sichts­lo­se Ver­schwen­dung bei ei­ner Wit­we sa­hen, die selbst fürs täg­li­che Brot ar­bei­ten muss­te. Aber es wur­de noch schlim­mer, und als ich er­zähl­te, was ich für drei fei­ne Che­s­ter-Fer­kel be­zahlt hat­te – ich hat­te sie für sech­zig Dol­lar ge­kauft, ob­wohl sie eben


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