Gesammelte Werke. Джек Лондон
»Und jetzt macht, dass ihr aus dem Ring kommt, Jungens, oder ich schmeiß euch hinaus.«
Der aufgeregte Unternehmer wurde, soviel er sich auch wehrte, beim Kragen gepackt und über die Seile gehoben. Er war ein großer, schwerer Mann, aber Glendon hatte es so leicht getan, dass das Publikum vor Entzücken tobte.
Glendon trat wieder in die Mitte des Ringes zurück und hob beide Hände.
»Wollt ihr, dass ich rede?« rief er mit donnernder Stimme.
Hunderte, die um den Ring saßen, hörten ihn und riefen:
»Ja!«
»Dann soll jeder, der hören will, den Lärmmacher, der ihm am nächsten sitzt, zum Schweigen bringen!«
Sein Rat wurde befolgt, und als er ihn wiederholte, drang seine Stimme schon mehr durch. Immer wieder rief er es, und allmählich verbreitete sich die Stille vom Ring aus Kreis für Kreis, nur anfangs noch begleitet von einem dumpfen Geräusch von Schlägen und Raufereien: die Lärmmacher wurden von den Umsitzenden zur Ruhe gebracht.
Der Lärm hatte sich fast ganz gelegt, als wieder eine Sitzreihe zusammenbrach – diesmal dicht am Ring. Das Ereignis wurde abermals mit einem brüllenden Lachen begrüßt, und als das Lachen sich legte, konnte man deutlich eine Stimme ganz hinten im Saal hören, die quäkte: »Los, Glendon! Wir halten mit dir!«
Glendon wusste, dass er diese Versammlung, die noch vor fünf Minuten ein wüster Pöbelhaufen gewesen war, jetzt in seiner Hand hatte, und um die Wirkung seiner Worte noch zu erhöhen, machte er eine Pause. Aber diese Pause war gerade lang genug und nicht eine Sekunde zu lang. Dreißig Sekunden lang war die Stille gekommen, und die Menge verharrte in fast ehrfurchtsvollem Schweigen. Dann begann er zu sprechen.
»Wenn ich fertig bin«, sagte er, »werde ich kämpfen. Ich verspreche euch, dass es ein ehrlicher Kampf werden soll, einer von den wenigen ehrlichen Kämpfen, die ihr je gesehen habt. Ich will meinen Gegner besiegen, so schnell ich es kann. Billy Morgan wird euch als Ansager verkünden, dass es ein Kampf auf fünfundvierzig Runden ist. Ich sage euch, dass es eher ein Kampf auf fünfundvierzig Sekunden sein wird.
Als ich unterbrochen wurde, wollte ich euch gerade erzählen, dass im Ring nur mit Schiebung gearbeitet wird.
Ihr seid ahnungslose Säuglinge, ihr alle, die ihr nicht daran verdient. Warum, glaubt ihr, brechen die Sitze heut zusammen? Schwindel. Geschäftsprinzipien – wie beim Boxen selbst.«
Jetzt hatte er das Publikum noch mehr als zuvor in der Hand, und das wusste er.
»Es sind drei Personen auf zwei Sitze gesetzt. Das sehe ich überall. Wie nennt ihr das? Schwindel! Die Platzanweiser kriegen nämlich keinen Lohn. Sie sind auf Schwindel angewiesen. Und ihr bezahlt. Natürlich bezahlt ihr.
Und lasst mich euch sagen, dass die Boxer nicht schuld daran sind. Sie sind es nicht, die das Spiel leiten. Das sind die Unternehmer und die Manager, die sind es, die das Geschäft betreiben. Die Boxer, sind nur Boxer. Sie fangen ganz ehrlich an, aber die Manager und Unternehmer zwingen sie mitzumachen oder jagen sie weg.
›Der beste Mann möge gewinnen!‹ Wie oft habt ihr Billy Morgan das sagen hören! Ich will euch sagen, dass der beste Mann nicht so oft gewinnt, und wenn er es doch tut, ist es meistens doch im voraus abgemacht.
Der Schwindel ist zu mächtig. Wenn eine Handvoll Männer nach drei Kämpfen dreiviertel Millionen Dollar unter sich teilen können, dann –«
Ein Ausbruch wilder Raserei zwang ihn zu schweigen. In dem Geschrei, das von allen Seiten ertönte, konnte er die Rufe unterscheiden: »Was für Millionen?« »Welche drei Kämpfe?« »Erzählen!« »Los!«
»Wollt ihr es hören?« rief Glendon. »Dann sorgt für Ruhe!« Und wieder erzwang er minutenlanges Schweigen.
»Was hat Jim Hanford im Sinn? Welches Programm haben seine Leute mit meinen zusammen aufgestellt? Sie wissen, dass ich ihn besiegen werde; und er selbst weiß es auch. Ich kann ihn in einem einzigen Kampf abtun. Aber er ist Weltmeister. Wenn ich nicht auf das Programm eingehe, geben sie mir nie Gelegenheit, mit ihm zu kämpfen.
Das Programm sieht drei Kämpfe vor. Den ersten soll ich gewinnen. Er findet in Nevada statt, falls San Franzisko ihn nicht zulässt. Wir werden einen schönen Kampf vorführen. Damit es gut aussieht, wird jeder von uns zwanzigtausend gegen den anderen setzen. Das ist ein anständiges Geld, aber die Wette ist nicht anständig. Jeder bekommt seinen eigenen Einsatz wieder. Und mit der Börse wird es ebenso gemacht. Wir kriegen jeder die Hälfte, aber das Publikum glaubt, dass sie fünfunddreißig zu fünfundsechzig geteilt wird.
Die Börse, die Tantieme von den Filmen, die Reklame und alle anderen Einnahmen werden nicht einen Cent weniger als zweihundertfünfzigtausend ausmachen. Die teilen wir, und dann kommt der Revanchekampf, den Hanford gewinnen wird, und dann teilen wir wieder.
Dann kommt der dritte Kampf. Den gewinne ich, was mein gutes Recht ist, und damit ziehen wir dem Publikum dreiviertel Millionen aus der Tasche.
Das ist das Programm, aber das Geld stinkt. Und das ist der Grund, weshalb ich heute Schluss mache –« In diesem Augenblick puffte Jim Hanford eine Gruppe Polizisten zwischen die Sitzreihen, hob seinen riesigen Körper zwischen die Seile und brüllte:
»Das ist Lüge!«
Wie ein wütender Stier stürzte er sich auf Glendon, der zurücksprang und auswich, statt dem Angriff zu begegnen. Außerstande, sich zurückzuhalten, prallte der große Mann gegen die Seile, die ihn federnd zurückschleuderten.
Wieder ging er auf Glendon los, der ihm aber diesmal entgegentrat. Kaltblütig und mit sicherer Berechnung schoss seine Faust vor und traf mit einem Schlage, in den er zum ersten Mal in seiner Boxerlaufbahn seine volle Kraft legte, das Kinn Hanfords. Alle Kraft, über die er verfügte, lag in dieser zerschmetternden Muskelexplosion.
Hanford war schon in der Luft tot, wenn man Bewusstlosigkeit Tod nennen will. In dem Augenblick, als die Faust Glendons ihn berührte, hörte das Leben für ihn auf. Seine Füße hoben sich vom Boden, und er schwebte frei in der Luft, bis er auf das oberste Seil fiel. Einen Augenblick hing er da, dann gab das Seil nach, und er stürzte den Pressevertretern auf die Köpfe.
Das Publikum tobte. Es hatte jetzt schon mehr gesehen, als es für sein Geld verlangen konnte, denn der große Jim Hanford, der Weltmeister, war besiegt worden.
Allerdings war es inoffiziell, aber es war durch einen einzigen Schlag geschehen.
Noch nie in der Geschichte des Boxsports hatte man so etwas erlebt.
Glendon betrachtete bedauernd